: Mit der Bombe im Rucksack
Terror Sascha L. will zum IS. Damit der weiß, dass er es ernst meint, sollen erst einmal deutsche Polizisten sterben. Das glaubt die Staatsanwaltschaft und klagt ihn nun an
aus Göttingen Reimar Paul
Ein Sprengstoffanschlag auf Polizisten oder Bundeswehrsoldaten sollte seine Visitenkarte für den Einlass beim Islamischen Staat (IS) werden. Davon ist jedenfalls die Generalstaatsanwaltschaft Celle überzeugt. Sie hat den 26-jährigen Deutschen jetzt wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat und wegen unerlaubten Umgangs mit explosionsgefährlichen Stoffen angeklagt.
L. sei „hinreichend verdächtig“, sich spätestens seit Dezember 2016 alle notwendigen Materialien zur Herstellung eines fernzündbaren Sprengsatzes mit dem Sprengstoff Acetonperoxid verschafft zu haben, teilte die Strafverfolgungsbehörde mit. Er habe einen solchen Sprengsatz auch im niedersächsischen Northeim zweimal erfolgreich getestet.
Dort war L. Im Februar festgenommen worden. In seiner Wohnung fanden die Ermittler die benötigten Chemikalien sowie elektronische Bauteile zur Herstellung eines Fernzünders. Der Beschuldigte sitzt seither in Untersuchungshaft. Der Strafprozess soll vor der Staatsschutzkammer des Landgerichts Braunschweig stattfinden, ein Termin steht noch nicht fest. Nach verübtem Attentat wollte L. den Ermittlungen zufolge zwei Videos veröffentlichen, die ihn bei der Ableistung des Treueschwurs auf Abu Bakr al-Baghdadi, den IS-Anführer, zeigten. Sascha L.s „dschihadistische Überzeugung“ sei mit einem ausgeprägten Antisemitismus und massiven Vorbehalten gegen die „Demokratien westlicher Prägung“ verbunden, so die Ermittler.
Drei weitere Männer sind als Unterstützer angeklagt, sie sollen Beihilfe zu der geplanten Tat geleistet und L. unter anderem Geld geliehen haben. Zwei von ihnen, ein 27-jähriger Afghane und ein 28 Jahre alter Türke, hätten die islamistischen und antisemitischen Einstellungen des Hauptangeklagten geteilt, hieß es. „Sie betrachteten alle deutschen oder US-amerikanischen Soldaten und Polizisten als ‚Judendiener‘.“ Der Dritte, der 21-jährige Wladislav S., soll Sascha L. bei seinen Probesprengungen begleitet und diese gefilmt haben.
ERMITTLUNGSBEHÖRDE
Nach taz-Informationen ging das Bekenntnis von Sascha L. zu rechtsextremem Gedankengut noch weiter. Vor seiner Konvertierung zum Islam 2014 warnte er etwa vor dem „schleichenden Volkstod“ sowie vor Muslimen, die in Deutschland „die Scharia durchziehen“ wollten: „Selbst ein Hund weiß, wo er hingehört – und wohin gehörst du? Sei nicht dümmer als ein Hund und rette die deutsche Bevölkerung vor dem geplanten Aussterben!“, hieß es in einem von ihm ins Netz gestellten Videoclip.
In anderen Videos vermummte sich L. mit Schal, Sonnenbrille und öfter auch einer weißen Theatermaske. Solche Masken waren das Merkmal der rechtsextremen Gruppierung „Die Unsterblichen“, die sich so verkleidet ab 2012 vor allem in Brandenburg zu nächtlichen Fackelmärschen trafen. Sein Facebook-Profil schmückte zuletzt ein Vogel, darunter der Text: „Bitte nicht schubsen! Ich habe eine Bombe im Rucksack“.
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