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heute in hamburg„Keine Angst vorm Outen“

DISKRIMINIERUNG Tatjana Eggeling spricht über die Ursachen von Homophobie im Sport

Brigitte Dummer
Tatjana Eggeling

54, lebt in Berlin und forscht seit mehr als zehn Jahren zu den Themen Homosexualität und Homophobie im Sport.

taz: Frau Eggeling, warum tut sich der Profisport so schwer mit Homosexuellen?

Tatjana Eggeling: Das hat mit Männlichkeit zu tun. Sport ist eine Angelegenheit, die vorwiegend von Männlichkeitsvorstellungen und -werten geprägt ist. Das ist verknüpft mit Heterosexualität. Den SportlerInnen wird unterstellt, dass sie nicht die ausreichende Härte hätten, um im Sport zu bestehen.

Warum werden homosexuelle Sportler als schwächer angesehen?

In der Geschlechterhierarchie steht der heterosexuelle Mann ganz oben. Er gilt als leidensfähig, durchsetzungsfähig und leistungsstark. Darunter sortieren sich heterosexuelle Frauen und schwule Männer ein, ganz unten stehen lesbische Frauen. Diese Hierarchie basiert auf dem, was der gesellschaftlichen Norm unter den Bedingungen des Patriarchats entspricht.

Sind männlichen Sportler häufiger homophob als weibliche?

Das lässt sich schwer feststellen. Es kommt bei beiden Geschlechtern vor. Zum Teil ist das mit Anfeindungen und Herablassungen sehr stark spürbar. Das hörte ich von weiblichen wie männlichen HochleistungssportlerInnen.

Ist das Problem bei populären Sportarten größer?

Es hat mit der Popularität eines Sports nichts zu tun, sondern mit dem Wesen und den Vorstellungen der Sportwelt. Fußball wird immer als erstes genannt, aber ich kenne das auch aus anderen Sportarten, die nicht so stark in der Öffentlichkeit stehen: Fechten, Radfahren und Rudern zum Beispiel.

Was können Vereine tun?

Sie können ihre Trainer schulen und sie sensibilisieren, indem sie darauf achten, dass es weder verbale noch andere Übergriffe gibt. Es sollte klar gemacht werden, dass jemand der sich outen möchte, kein schlechter Teamkamerad ist. So wie andere Vielfaltsmerkmale Teil des Sports sind, gehört auch das Lesbisch- und Schwulsein dazu.

Wie weit sind die Vereine?

Leider noch nicht so weit. Das hat zum Teil damit zu tun, dass viel Arbeit in den Vereinen ehrenamtlich abläuft. Fortbildungen solcher Art stoßen häufig auf Widerstand. Die Trainer behaupten, sie könnten nicht die Probleme der Gesellschaft lösen. Aber auch sie sind in der Pflicht. Es gibt diesen blinden Fleck der Homophobie. Man muss ein Klima herstellen, in dem niemand Angst hat, sich zu outen.

InterviewPhilipp Steffens

Sport unterm Regenbogen – moderne Gleichstellungspolitik im Sport: 18 Uhr, Rathaus

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