piwik no script img

Scholz sagt Sorry und tritt nach

Gipfel-Nachbereitung

Die Nachbereitung des G20-Gipfel-Desasters ist in vollem Gange. Am Mittwoch entschuldigte sich ein sichtlich angefasster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) bei allen HamburgerInnen dafür, dass trotz des größten Polizeieinsatzes in der Hamburger Nachkriegsgeschichte die Sicherheit nicht „an jedem Ort und zu jeder Zeit“ gewährleistet werden konnte. Genau das hatte er vor dem Gipfel versprochen.

Konkrete Fehler jenseits seiner Fehleinschätzung räumte Scholz in seiner Regierungserklärung allerdings nicht ein. Das Ausmaß der Gewalt sei schlicht nicht vorhersehbar und letztendlich auch durch ein noch so großes Polizeiaufgebot nicht verhinderbar gewesen. Allerdings hatte die Polizei, aber auch die Polizeigewerkschaften und die CDU, Szenarien entworfen, die der Realität während des Gipfels sehr nahe kamen.

Scholz kritisierte in seiner 40-minütigen Rede vor allem die Linkspartei und die AktivistInnen der Roten Flora, die er als Demo-Anmelder und aufgrund ihrer fehlenden Distanz zum schwarzen Block für die Gewaltausbrüche mitverantwortlich machte. Über Übergriffe der Polizei, deren Einsatz Scholz als „heldenhaft“ bezeichnete, verlor der Bürgermeister kein Wort. Der Roten Flora drohte er „Konsequenzen“ an, ohne auch nur anzudeuten, wie diese aussehen könnten. Zudem kündigte Scholz an, die Opfer der Gewalt würden staatliche Entschädigungen bekommen. Hamburg und die Bundesregierung werden dafür einen Fonds auflegen.

Während der grüne Koalitionspartner sich fest an die Seite von Scholz stellte, forderte die Hamburger CDU den Rücktritt des Bürgermeisters und eine schnelle Räumung der Roten Flora. Gleichzeitig melden sich immer mehr Opfer von Polizeieinsätzen zu Wort. Ob die Gesamtereignisse vom Wochenende Gegenstand eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses werden, ist noch unklar: Die SPD zeigt an einem solchen Gremium wenig Interesse, die CDU befürchtet, eine solcher Ausschuss könnte die Polizei in ein schlechtes Licht rücken. Marco Carini

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen