Projekt übernimmt Verhütungskosten: Kein Geld? Pro Familia hilft
Viele arme Frauen können sich Verhütung nicht leisten. Ein neues Projekt von Pro Familia will nun ihre Kosten übernehmen.
Das betrifft vor allem Frauen, die Hartz IV beziehen. Kürzlich hat Pro Familia, der bundesweit größte Verband für Familienplanung und Sexualpädagogik, Biko ins Leben gerufen, ein Projekt, mit dem Betroffene kostenlose Verhütungsmittel bekommen können. Biko, das heißt: Beratung, Information, Kostenübernahme bei Verhütung. Damit will Pro Familia erreichen, dass Betroffene die Kosten für Verhütung grundsätzlich erstattet bekommen.
Frauen, die kein oder nicht genügend Geld für die Pille haben, unter um Umständen also auch Studierende, können in sieben Orten der Republik – unter anderem in Erfurt und Arten in Thüringen, Lübeck in Schleswig-Holstein, Saarbrücken im Saarland – das Angebot in Anspruch nehmen.
Und so geht es: Ein Arzt stellt das Rezept aus, anschließend geht die Patientin damit in eine Pro Familia-Beratungsstelle, die prüft, ob die Kosten übernommen werden können. Danach kann das Rezept in einer Apotheke kostenlos eingelöst werden, Vorkasse ist also nicht nötig. Bei einer Spirale benötigt Pro Familia einen Kostenvoranschlag von der Gynäkologin.
Bisher ist die Resonanz positiv
Voraussetzung: Die Frauen müssen in einem der sieben Orte wohnen, älter als 20 Jahre sein, ein geringes Einkommen oder Anspruch auf Sozialleistungen wie Hartz IV oder Bafög haben. Bei Frauen unter 20 Jahren ist die Krankenkasse gesetzlich verpflichtet, verschreibungspflichtige Verhütungsmittel zu bezahlen. Die Kosten für Kondome werden generell, also weder von den Kassen noch von der Biko, nicht übernommen.
„Am Anfang war die Skepsis seitens der Ärzte und Apotheken groß“, sagt Franziska Rehwald, Pro Familia-Mitarbeiterin in Halle an der Saale. Sie und ihre KollegInnen verteilten in Arztpraxen, Apotheken und Ämtern Flyer. Zunächst seien Frauen nur auf Empfehlung der Ärzte gekommen, dann hätte sich das Projekt herumgesprochen und guten Zulauf erreicht.
„Die Frauen sind überrascht, dass es so unkompliziert ist“, sagt Rehwald: „Sie bekommen schnell einen Termin und erfahren dann meist innerhalb von 15 Minuten, ob die Kosten übernommen werden.“ Infos zu Verhütung gibt es in mehreren Sprachen, auch in leichter Sprache. Bei Bedarf werden DolmetscherInnen per Video zugeschaltet.
Die Kosten des Projekts, das bis 2019 läuft und vom Familienministerin unterstützt wird, betragen 3,6 Millionen Euro.
Auch die Grünen kritisieren, dass nicht alle Frauen uneingeschränkt Zugang zu Verhütungsmitteln haben. Derzeit übernehmen einzelne Kommunen bereits die Kosten von Verhütungsmitteln. Es sollte weder vom Geldbeutel noch vom Wohnort abhängen, ob eine Frau sicher verhüten kann oder nicht, findet Maria Klein-Schmeink, gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Bundestag. Außerdem: Verhütung sei nicht nur Frauensache.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“