: Das Volk hatte Recht
Stromnetz Nach der Rekommunalisierung weist Stromnetz Hamburg für 2016 erstmals Gewinne aus. Die Umweltbehörde jubelt, die FDP errechnet hingegen Verluste
Beim Volksentscheid am 22. September 2013 sprach sich eine Mehrheit von 50,9 Prozent der abstimmenden HamburgerInnen dafür aus, die drei Versorgungsnetze zu rekommunalisieren, also in die öffentliche Hand zu überführen.
Das Stromnetz: Es ist rund 27.000 Kilometer lang. Angeschlossen sind 1,12 Millionen Zähler. Betreiber war Vattenfall, seit 2015 ist es die Stadt Hamburg.
Das Fernwärmenetz: Es ist rund 800 Kilometer lang und versorgt rund 450.000 Wohnungen mit Heizung und Warmwasser. Betreiber ist noch Vattenfall.
Das Gasnetz: Es ist rund 7.300 Kilometer lang und versorgt etwa 150.000 Haushalte mit Erdgas. Betreiber ist noch Hansewerk, vormals Eon Hanse.
von Sven-Michael Veit
Der Rückkauf des Hamburger Stromnetzes hat sich für die Stadt gelohnt. Einen Gewinn nach Steuern von 10,7 Millionen Euro weist die Bilanz für das Jahr 2016 aus – das erste vollständige Geschäftsjahr nach der Rekommunalisierung. „Das Stromnetz ist ein zentraler und erfolgreicher Standortfaktor der Stadt“, kommentiert Geschäftsführer Christian Heine.
Zudem hat Stromnetz Hamburg im abgelaufenen Jahr 208,5 Millionen Euro in Erhalt und Ausbau der Netzinfrastruktur investiert. Das solle in ähnlicher Höhe in den kommenden Jahren fortgesetzt und somit das Netz erneuert „und für die urbane Energiewende fit gemacht werden“, kündigte Heine an. Bis 2026 sollen an die zwei Milliarden Euro in die Erneuerung und den Ausbau der Netze fließen.
2016 war das erste Jahr nach der Rückführung des Stromnetzes in die öffentliche Hand. Den hatten die HamburgerInnen beim Volksentscheid „Unser Hamburg – Unser Netz“ im September 2013 mit knapper Mehrheit gegen den damaligen mit absoluter Mehrheit regierenden SPD-Senat durchgesetzt. Daraufhin hatte die Stadt dem damaligen Betreiber Vattenfall das Netz 2015 für rund eine halbe Milliarde Euro abgekauft. Die Rekommunalisierung des Gasnetzes soll in diesem Jahr erfolgen, die des Fernwärmenetzes 2019 (siehe Kasten).
Von alledem hält FDP-Wirtschaftspolitiker Michael Kruse rein gar nichts. „Langsam aber sicher platzen die vollmundigen Versprechungen der Netzrückkauf-Befürworter wie Seifenblasen“, kommentiert er die Bilanz 2016. Der Senat habe Gewinne von 50 Millionen Euro jährlich versprochen, davon könne keine Rede sein.
Die Bevölkerung sei beim Volksentscheid „von den Rückkauf-Befürwortern um den jetzigen Grünen-Umweltsenator Jens Kerstan getäuscht worden“, glaubt Kruse. Deshalb werde die Stadt in den nächsten Jahren neue Milliardenschulden aufnehmen müssen. „Ob aus den Netzen jemals Gewinne erwirtschaftet werden, ist unsicherer denn je“, sagt der FDP-Mann.
Die Umweltbehörde indes interpretiert die Bilanzen der Stromnetz GmbH völlig anders. Sie geht in den nächsten Jahren von steigenden Gewinnen aus. Nach ihren Angaben wird Stromnetz Hamburg von 2017 bis 2019 rund 95 Millionen Euro Gewinn machen. Dem gegenüber stünden jährliche Kreditkosten von 11 Millionen Euro. Die Zinsen und Tilgung des Kredits für den Rückkauf könnten aus diesen Überschüssen problemlos gedeckt werden.
Zudem zahle Stromnetz Hamburg für die Nutzung öffentlicher Wege und Flächen für seine Leitungen pro Jahr mehr als 90 Millionen Euro Konzessionsabgabe an die Stadt, so die Umweltbehörde. Umweltsenator Kerstan wertet die Rekommunalisierung „für Hamburg, für die Energiewende, für den Haushalt der Stadt und für ihre BürgerInnen in jeder Hinsicht als einen Gewinn“.
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