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Kommentar Temporäre SpielstraßeEine Niederlage für die Kinder

Anna Klöpper
Kommentar von Anna Klöpper

Im Fall Gudvanger Straße ging es auch darum, wem eigentlich die Straße gehört. Der Bezirk hätte vor Gericht auf einem Grundsatzurteil bestehen müssen.

Kleine Straße, großer Streit: die Gudvanger Straße in Prenzlauer Berg Foto: dpa

E inmal im Monat gehört ein kleiner Abschnitt der Gudvanger Straße am Humannplatz in Prenzlauer Berg nun den Kindern – für ganze vier Stunden am Nachmittag. Damit ist das Modellprojekt temporäre Spielstraße, das der Bezirk 2015 gestartet hatte, quasi tot. Von dem ursprünglichen Plan, einmal die Woche ein 35 Meter langes Teilstück für 10 bis 18 Uhr für Rollerblades, Bobbycars und Co. freizugeben, ist nur noch eine Rumpfvariante übrig.

Noch mal: Es geht hier um etwa 100 Meter Nebenstraße, die den Autofahrern einmal die Woche gefehlt hätten. Man kann die Gudvanger Straße an dieser Stelle sehr gut umfahren. Ja, man hätte als betroffener Anwohner im Zweifel ein paar Meter weiter weg parken müssen – aber sich dafür über die bunte Veranstaltung vor der eigenen Haustür freuen können, wenigstens ein bisschen vielleicht.

Stattdessen klagten die Anwohner vor Gericht, und auch gegen die abgespeckte Variante einer nur noch 14-tägigen Straßensperrung, die der Bezirk nach Anhörung der Nachbarschaft zwischenzeitlich vorgeschlagen hatte.

Man habe ja nichts gegen spielende Kinder, aber warum denn ausgerechnet in meiner Straße?, ließen sich die klagenden Anwohner in der Presse zitieren. Es gebe doch genügend Spielplätze gleich nebenan. Eine bemerkenswert ignorante Geisteshaltung, die zeigt, wie nötig das Projekt Spielstraße eigentlich gewesen wäre – als erzieherische Maßnahme für die Anwohnerschaft. Die Straße den Autofahrern, die Kinder auf die Spielplätze verstaut, wo sie bitte nicht stören? Doch, das kann man durchaus als eine kinderfeindliche Haltung bezeichnen.

Aber viel wichtiger noch: Es ging bei der Spielstraße auch um die symbolische Frage, wem die Straße gehört. Allen – oder wenigen, nämlich den Auto fahrenden Anwohnern. Der Bezirk hätte auf einer Grundsatzentscheidung vor Gericht bestehen sollen. Dann hätte man vielleicht verloren – aber wenigstens keinem Kompromiss zugestimmt, der eigentlich auch bloß eine Niederlage ist. Re­claim the street! Dieses Mal leider nicht.

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Anna Klöpper
Leiterin taz.eins
Seit 2011 bei der taz. Leitet gemeinsam mit Sunny Riedel das Ressort taz.eins. Hier entstehen die ersten fünf Seiten der Tageszeitung, inklusive der Nahaufnahme - der täglichen Reportage-Doppelseite in der taz. Davor Ressortleiterin, CvD und Redakteurin in der Berliner Lokalredaktion. Themenschwerpunkte: Bildungs- und Familienpolitik.
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6 Kommentare

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  • ich habe jedenfalls keinen Bock, 1 Tag länger auf mein bei Amazon bestelltes Jagdgewehr zu warten, weil der Lieferwagen die temporäre Spielstraße nicht anfahren kann.... ;-)

     

    Da mach ich auch keine Kompromisse.

  • "erzieherische Maßnahme"

     

    alt-68erInnen oder deren Kinder, sei es auch nur im Geiste; erziehen ihre Mitmenschen, so war das nicht gedacht. ging es da nicht u.a. auch um unautoritäre Erzeihung und Denkweisen...?

     

    Ich bewege mich auch am Wochenende zwichen 03:00 Uhr und 06:00Uhr sehr frei von Gefahren und ohne Gestank, mal abgesehen von meiner Alkoholfahne, sehr frei auf jedweder Straße.

     

    reclaim the street mit Hilfe von institutioneller Unterstützung ist eher ....Schildbürger und auch leicht autoritär, naja Ansichtsache

     

    Der Parkplatz des Konsumtempels um die Ecke ist jeden Sonntag, mal abgesehen von wenigen verkaufsoffenen Sonntagen, eine riesige Freifläche für Rollerblades, Bobbycars und Co....nehmt Kreide mit und malt sie euch bunt. Man muss nur kreativ sein.

     

    Seine Mitmenschen nicht einschränken und auch selber über Schranken denken, manchmal aber auch springen UND Eltern haften für ihre Kinder.

     

    Aber Kinder unter 14 sind nicht Strafmündig....also letzlich vll eine Frage der Erziehung?! ;)

     

    Dafür Gerichte zu bemühen ist hanebüschen.

     

    Letzlich denke ich eine Autofreie Innenstadt wäre die beste Lösung.Abgesehen von Liefer-,Handwerkerautos, ÖPNV und Rettungswagen, Feuerwehr, Polizei und THW.

  • 8G
    88181 (Profil gelöscht)

    Und die Autofahrer-Fraktion im taz-Forum hat gesprochen.

     

    In Paris ist jeden ersten Sonntag die Champs Elysee autofrei. Und wie man vielleicht weiß, ist das keine Nebenstraße.

     

    Drei Kilometer des rechten Sein-Ufers sind immer autofrei.

     

    Die Straßen am Canal Saint-Martin sind ebenfalls jeden Sonntag autofrei.

     

    Aber der deutsche Auto-Michel ist für so etwas wohl nicht zu haben. Dabei ist es ein unglaubliche schönes Gefühl, sich einmal einfach so auf der Straße bewegen zu können, ohne Gefahr und ohne Gestank.

     

    Und es ist ja eher diese Geisteshaltung, die diesen kleinen Spaß den Kindern nicht gönnen will, die kleinkariert und missgünstig ist.

     

    Und somit selbstverständlich eine "erzieherische Maßnahme" verdient.

  • "erzieherische Maßnahme"?

     

    Liebe Redakteurin, wir sind nicht im Kindergarten und hoffentlich auch nicht auf dem Weg in die Öko/Hippie-Dikatur. In welch realitätsfernen Blase leben den einige Prenzl`bergerInnen?

     

    Demokratie ist immer ein Kompromiss. Ich bin kein Anwohner, aber allein der Blick auf die Straßenkarte mit Hilfe einer einschlägigen Suchmaschine zeigt mir, dass es grüne Innenhöfe gibt und wenn die bunten prenzelberger kids, mit ihren ach so bunten eltern mal rauskommen und mit selbigen in das "dunkle/braune" brandenburg (achtung ironie) fahren und den fläming skate besuchen, dann würde es dort auch ein bisschen bunter.

     

    Es gibt zahlreiche Fahrradwege in und um Berlin, da könnte interressierte BürgerInnen, ebenfalls super skaten. Vielleicht ist es aber auch nur der Parkplatz vom Konsumtempel um die Ecke, da ist jeden Sonntag ne Rieeessen Spielstraße vorhanden (abgesehen von einigen verkaufsoffenen Sonntagen) Nehmt Kreide mit und malt diese bunt an.

     

    Das ist reclaim the street und nicht mit Hilfe von institutionellen Einrichtungen eine völlig lächerliche Forderung versuchen durchzusetzen.

     

    Das wirkt eher wie: ich hole gleich meinen großen Bruder und mein Papa ist bei der Polizei, der kann deinen Papa festnehmen

     

    Gibt es keine dringenderen Probleme, als Ressourcen für einen Streit aufzuwenden der wirklich hanebüchen ist. Neben einem mittelgroßen Stadtpark eine Spielstraße zu fordern?

     

    Im Prenzlauer Berg anscheinend nicht. Also bleibt Zeit bei Chai-Latte und Vollkornbrot sich in eine bunte Inselwelt zu träumen

     

    wer lebt denn jetzt in einer blase? echt unklar!

  • Die Geisteshaltung, die dabei deutlich wird, ist erschreckend. "Als erzieherische Maßnahme für die Anwohnerschaft" sollte eine positivere Entscheigung ergehen. Das ist eine derartige Arroganz, die mir die Sprache verschlägt. Die Menschen dieser Stadt sind keine unmündigen Deppen, die von Pseudolinken oder ideologisierten Rechthabern erzogen werden müssen. Übrigens hindert keiner Kinder daran auf dem Bürgersteig zu spielen, wie Generationen davor es auch getan haben, allerdings ohne ein Heer von erwachsenen Aufpassern.

  • Erziehung der Anwohner ist kein vorgesehener Zweck, der die Umwidmung einer Straße erlauben würde. Ein Grundsatzurteil hätte zur totalen Niederlage geführt der Spielstraßen-Fans.

     

    Im übrigen sind nicht Spielplätze "in der Nähe", sondern einer in unmittelbarer Nachbarschaft (direkt bei der "Teilsperrung").

     

    Ich kann jeden verstehen, der sich nicht von Kommunalpolitikern erziehen lassen will. Straßen sind für den Verkehr da - in jeder Form, Auto, Fahrrad, Fußgänger. Und Spielplätze zum Spielen. Es fordert ja auch niemand, 1 Spielplatz 1 x im Monat als Mountain-Bike-Übungsstrecke freizugeben.