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Endlich organisiert gegen das Regime

SYRIEN Die Opposition gründet eine neue Bündnisorganisation – unter Einschluss des bisherigen Syrischen Nationalrats. Ein Imam, ein Liberaler und eine Frau bilden die neue Dreierspitze

KAIRO taz | Die syrische Opposition hat sich neu organisiert und verbreitert. „Syrische Nationalkoalition für Opposition und Revolutionäre Kräfte“ ist der etwas sperrige Name für das neue Bündnis, das nun den Sturz des Regimes Baschar al-Assads herbeiführen soll. Geleitet wird es von dem 52-jährigen Imam Muas al-Chatib aus Damaskus, der seit Beginn des Volksaufstands mehrmals verhaftet wurde. Interessanter noch sind seine Stellvertreter: Der liberale Oppositionsführer Riad Seif, der schon seit Jahren, lange vor dem Aufstand, kein Blatt vor den Mund genommen und gegenüber besuchenden Journalisten das Regime offen kritisiert hatte. Auch er zahlte dafür mit Gefängnis und seiner Gesundheit. Und eine Frau ist in der Dreier-Führungsriege: die wohl bekannteste weibliche Oppositionelle Suheir Atassi.

Das bisherige Oppositionsbündnis, der Syrische Nationalrat, uneffektiv und von den Muslimbrüdern kontrolliert, wird damit an die Seitenlinie gedrängt. Allerdings soll er 22 von insgesamt 60 Sitzen im Führungsgremium des neuen Oppositionsbündnisses erhalten. Er soll einbezogen werden, nicht ausgeschlossen. Ob der Nationalrat das neue Bündnis nicht trotzdem als Konkurrenzunternehmen ansieht und sabotiert, bleibt abzuwarten.

Das größte Manko der neuen Allianz: Dem Bündnis haftet das Image an, von US-Außenministerium zusammengebastelt worden zu sein. Denn ohne Druck von außen wäre wahrscheinlich gar nichts passiert. Das Regime wird dieses Manko bis zum Äußersten nutzen, um die neue Oppositionsbewegung als Agent des Westens zu diskreditieren.

Beweisen muss sich das Bündnis nun in Syrien selbst. Kann es all die Freischärler unter eine gemeinsame Kommandostruktur stellen? Schafft es die Koalition, eine Übergangsregierung zu bilden, die die politischen Direktiven im Land vorgibt und da ist, wenn nach einem möglichen Sturz Assads ein Machtvakuum entsteht? Schafft sie es, ausreichend internationale Anerkennung zu gewinnen, um damit den syrischen Aufstand zu stärken?

Und wahrscheinlich das Wichtigste: Schafft sie das neue Oppositionsbündnis, den Syrern die Angst vor einer Zeit nach Assad zu nehmen? Diese Angst ist einer der Gründe, warum viele Syrer und vor allem auch Armeeangehörige dem Regime bis heute die Stange halten.

Eine Vision für die Zeit nach Assad wäre der wichtigste Beitrag dieses neuen Bündnisses. Schafft die Koalition das, dürfte das Ende Assads in dieser Woche einen großen Schritt näher gekommen sein. KARIM EL-GAWHARY

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