Kommentar Krise am Golf: Trumps Eigentor in Katar
Trump hat Saudi-Arabien einen Freibrief erteilt, den Konflikt mit Katar und dem Iran zu eskalieren. Das könnte zum Krieg führen.
E s war einer der lustigsten Filmausschnitte seit Monty Python: Ein älterer Herr mit seltsamer Haarfarbe und beseeltem Gesichtsausdruck hüpft mit Schwert zwischen Dutzenden Scheichs herum. Selten waren die Besuche eines US-Präsidenten im doch eher freudlosen Saudi-Arabien optisch so unterhaltsam.
Die Folgen des Schwerttänzchens sind weit weniger amüsant. Trump hat mit seinem Besuch und seinen Schimpftiraden gegen den Iran das Gleichgewicht in der Region gestört. Schlimmer noch: Er hat dem sunnitischen Saudi-Arabien einen Freibrief erteilt, gegenüber dem schiitischen Rivalen Iran die Lage zu eskalieren.
Genau darum geht es bei dem überraschenden Abbruch aller Beziehungen zu Katar. Das reiche Emirat soll für seine Beziehungen zu Teheran bestraft werden – und zwar mit einer so umfassenden Isolation, wie es sie nicht mehr gegeben hat, seit Ägypten und Jordanien mit Israel Friedensverträge schlossen.
Hier liegt nun das Problem der Trumpologie, die streng monokausal denkt und nie mehrere Schritte im Voraus plant. Der US-Präsident hat mit seiner Zuspitzung am Golf ein Eigentor geschossen, denn in Katar sind 10.000 US-Soldaten stationiert. Der wichtigste Militärstützpunkt der Region in einem Staat, der den Terror unterstützt? Das dürfte auch Trump überrascht haben. Wie die künftige Zusammenarbeit im Kampf gegen den IS laufen soll, wenn Verbündete nun nicht mehr nach Katar fliegen können, könnte spannend werden.
Katar in der Isolation
Das Beben am Golf ist die schwerste diplomatische Krise seit dem Irakkrieg 2003 und hat das Potenzial, außer Kontrolle zu geraten. Mag sein, dass die Isolation aufgehoben wird, wenn Katar sich den Saudis unterwirft. Doch wenn der Iran die Bestrafung Katars als Angriff auf sich versteht, kann ebenso gut ein Krieg daraus erwachsen. In einer solchen Lage hätte Trump dann mehr in der Hand als nur ein Schwert. Und das wäre überhaupt nicht mehr lustig.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen