Kommentar Türkei-Bundeswehrabzug: Das Hin und Her um Incirlik
Die Bundeswehr droht, ihre Soldaten aus Incirlik abzuziehen. Welchen Sinn ergibt es jetzt noch, die Türkei als Pseudopartner in der Nato zu halten?
E twas anderes, als Konsequenzen zu ziehen, bleibt der Bundesregierung schon lange nicht mehr übrig. Am Montag hat sie das endlich auch selbst erkannt. Nach fast einem Jahr Streit über eine Selbstverständlichkeit wie das Besuchsrecht für deutsche Abgeordnete gibt es zum Abzug der Bundeswehr aus Incirlik keine Alternative mehr. Bleibt eigentlich nur noch eine Frage: Welchen Sinn es jetzt noch ergibt, die Türkei als Pseudopartner in der Nato zu halten.
Dabei geht es noch nicht mal um den Niedergang von Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten in der Türkei nach dem Putschversuch im vergangenen Jahr. Im Nordatlantikvertrag beschwören die Nato-Mitglieder zwar „Demokratie, Freiheit der Person und Herrschaft des Rechts“. Bei der Wahl der Partner waren diese Punkte aber noch nie ein Ausschlusskriterium. Schon die Militärdiktatur der 1980er Jahre führte nicht zum Rauswurf; wichtiger war es der Allianz, den Verbündeten an der Schwelle zum Nahen Osten nicht zu verlieren.
Im Jahr 2017 kann die Nato aus der Partnerschaft aber nicht mal mehr geostrategisch einen Nutzen ziehen. Auch die Vorstellung, über gemeinsame Strukturen innenpolitisch Einfluss zu nehmen, ist eine Illusion geworden.
Die Hoffnung, Ankara zumindest sicherheitspolitisch einhegen zu können, hat sich zerschlagen – das zeigen die türkischen Alleingänge gegen Kurden im eigenen Land, in Syrien und im Irak. Und die Erwartung, durch die Partnerschaft mit der Türkei unkompliziert Zugang zu Militärstützpunkten an der Grenze zum Nahen Osten zu erlangen, geht nun auch nicht mehr auf – das zeigt das Hin und Her um Incirlik.
Bleibt nur noch ein Argument dafür, die Türkei in der Nato zu halten: Die Aussicht darauf, in einer Zeit nach Erdoğan wieder an die alte Zusammenarbeit anknüpfen zu können. Absehbar ist das aber ganz und gar nicht. Und das Prinzip Hoffnung ist für ein gemeinsames Verteidigungsbündnis zu wenig.
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