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Debatte Martin-Schulz-EffektJetzt bloß keine Panik

Stefan Reinecke
Kommentar von Stefan Reinecke

Die Niederlage in Schleswig-Holstein muss keine Trendwende für die SPD im Bund sein. Sie muss nur das Richtige daraus lernen.

Torsten Albig und Martin Schulz (rechts) nach der Landtagswahl in Schleswig-Holstein Foto: dpa

I st es der kühne Traum, dass es in der Bundesrepublik eine Regierung links von der Union geben könnte, schon zu Ende? Gibt es wieder eine Bundestagswahl, in der es nur darum geht, mit wem Merkel regieren wird?

Die Landtagswahl in Schleswig-Holstein war nur eine in einem kleinen Bundesland. Martin Schulz kann auch nichts dafür, dass der (wohl bald) Ex-Ministerpräsident Torsten Albig sich in einem Interview über seine gescheiterte Ehe ausgelassen hat. Das war, zwei Wochen vor der Wahl, keine so blendende Idee.

Die SPD-Sprachregelung, dass Kiel eine hausgemachte Niederlage war, ist nicht falsch. Aber das hilft nichts. Ob Albigs Ehe oder die Schulpolitik zwischen Flensburg und Pinneberg der SPD das Genick brach, ist nicht so wichtig. Denn wahrgenommen wird, dass das sozialdemokratische Erwartungsmanagement, von wundersamer Wiederauferstehung und neuem Selbstbewusstsein, kollabiert ist.

Die Flitterwochen zwischen Schulz und der Öffentlichkeit sind endgültig vorbei. Jetzt beginnt der Realitätstest. Die Frage lautet, ob die SPD kühl und weitsichtig die Konsequenzen aus diesem Flop zieht. Oder ob sie so voreilig agiert wie nach der Saarland-Wahl.

Merkel wird als Beruhigung empfunden

Nach der Saar-Wahl ging die SPD im Bund auf Anti-Linkspartei-Kurs. Das war nahe liegend, weil die Aussicht auf Rot-Rot an der Saar die Union stark gemacht und die eigenen Anhänger gespalten hatte. Doch das Saarland auf den Bund zu projizieren, war eine Kurzschlusshandlung. Wenn die SPD klug ist, hält sie sich alle drei denkbaren Koalitionen offen – Rot-Rot-Grün, Ampel, Große Koalition.

Zu Rot-Rot-Grün können die Sozialdemokraten eine recht wetterfeste Haltung einnehmen: ja, wenn es eine stabile Mehrheit gibt und ohne außenpolitische Abenteuer. Daran muss man nicht im Wochentakt herumschrauben. Schulz’ Kontrahentin ist nicht Sahra Wagenknecht, sondern Angela Merkel. Und die ist, für die SPD, viel gefährlicher.

Wichtiger als virtuelle Koalitionsdebatten sind drei Themen: Gerechtigkeit, Europa, Sicherheit

Noch vor Kurzem herrschte der Eindruck, dass nicht nur das Publikum Merkel-müde ist, sondern auch die Kanzlerin nur aus Pflicht weiterregiert. Das ist mittlerweile überblendet und verdrängt worden von etwas Größerem, das alle Mattigkeit zur Geschmacksfrage verkleinert: dem Gefühl, dass die Welt, von USA bis Syrien, aus den Fugen gerät. Deshalb wird Merkel, trotz allen Überdrusses, als Beruhigung empfunden. Die Kanzlerin macht Weltpolitik, Schulz erklärt händeringend Wahlniederlagen.

Doch es geht nicht nur um Merkels Image. Der Union ist es, machtkalt, wie es hierzulande nur Konservative können, gelungen, den Zwist um die Flüchtlinge zwischen dem liberalen CDU-Flügel und Seehofer stillzulegen. Was die Union vor Kurzem noch innerlich lähmte, steht nun auf der Habenseite.

Union light spielen ist falsch

Die Union inszeniert nun ein Doppelspiel: Merkel, die Flüchtlingskanzlerin in memoriam, bindet urbane, liberale Klientel, während de Maizière und Spahn Konservative und Islam­skeptiker mit Leitkultur-Debatten bei Laune halten. Wie schon im Saarland hat die Union auch in Schleswig-Holstein mehr als die Konkurrenz Nichtwähler mobilisiert. Die diffuse Politisierung kommt nicht den Rechtspopulisten, nicht Schulz, sondern der Union zugute.

Die SPD ist in einer kniffligen Lage. Eine beunruhigende Zahl aus Kiel lautet: 57 Prozent der SPD-Wähler in Schleswig-Holstein glauben, dass es in Deutschland gerecht zugehe. Ist Gerechtigkeit das falsche Thema, die Schulz-Kampagne ein Irrläufer? Muss ein Reißschwenk her – weg von der Agenda-Korrektur, hin zu Wirtschaftskompetenz? Das klingt naheliegend. Aber jetzt Union light zu spielen ist falsch. Nach den Fantasien der ersten Schulz-Phase sich jetzt klein zu machen wird den Schaden noch vergrößern. Die Sozialdemokratie, die nach Niederlagen oft in den Modus aggressiven Beleidigtseins fällt, kann habituell viel von Merkel lernen. Etwa, dass in Krisen Gelassenheit hilft, keine hektisch entworfene neue Strategie.

Und es gibt drei zentrale Felder, die allesamt wichtiger sind als virtuelle Koalitionsdebatten: Gerechtigkeit, Europa, Sicherheit. Gerechtigkeit hat die Schulz-SPD bislang stimmig intoniert. Sie adressiert die arbeitende Mitte, nicht Hartz-IV-Empfänger und Abgehängte. Das ist moralisch fragwürdig, strategisch aber einleuchtend. Denn in der SPD-Kernklientel haben Hartz-IV-Empfänger keinen guten Ruf. Zudem bleibt so Raum für die Linkspartei.

Umfragen zeigen, dass die Deutschen die Gesellschaft 2017 als gerechter empfinden als früher, obwohl die Kluft zwischen arm und reich tiefer geworden ist. Solche Stimmungen sind schwankend, volatil. Was jetzt eindeutig scheint, kann in drei Monaten anders sein. Es wäre mehr als kurzsichtig, wenn die SPD Umverteilung nun auf den Müll werfen würde. Die Sozialdemokraten müssen für die von Abstiegsängsten Geplagten und die zufriedene Mitte mehr anbieten als die Union – bei Strafe des Untergangs.

Die SPD braucht mehr Otto Schily

Zweitens eröffnet die Wahl von Emmanuel Macron ungeahnte Chancen. Das Tandem Merkel/Schäuble steht in der Europäischen Union für Verwalten und Sparen. Die Sozialdemokraten müssen dies endlich mit einer kühnen Vision kontern. Denn Deutschland muss mehr für Europa tun – und auch mehr zahlen. Natürlich sind Geld und Brüssel riskante Themen für den Wahlkampf.

Aber wer, wenn nicht der EU-erfahrene Schulz und der derzeit solide wirkende Außenminister Gabriel sollen dem hiesigen Publikum diese Botschaft übermitteln? Und wann, wenn nicht jetzt? Denn dass Macron nicht die Lösung der Krise, sondern eher die letzte Chance für die EU ist, dürfte sich langsam herumsprechen.

Zudem muss sich die SPD angesichts der Law-and-Order-Union bei der inneren Sicherheit immunisieren. Sie braucht mehr Otto Schily, also jemand, der in Sachen Kriminalität glaubhaft markige Sätze von sich geben kann. Sonst ist die Gefahr groß, dass die Doppelstrategie der Union auch in der SPD-Klientel attraktiv wirkt.

Sozialpolitisch links, in Europa postnational, bei der inneren Sicherheit eher rechts. So könnte es gehen. Verloren ist das Spiel nur, wenn die SPD mal wieder glaubt, dass sie nur die Anpassung an die Union rettet.

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Stefan Reinecke
Korrespondent Parlamentsbüro
Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.
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16 Kommentare

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  • Seit Jahren gibt es im Bundestag eine RotRotGrüne Mehrheit. Damit wird es im September für immer und ewig vorbei sein. Dann werden führende Sozialdemokraten aufatmen. Müssen sie sich doch dann keine unangenehmen Fragen mehr stellen lassen, warum sie diese Mehrheit nicht zur sozialeren Gestaltung des Landes genutzt haben. Denn offensichtlich fühlt man sich in der Rolle des Mehrheitsbeschaffers für Merkel und Seehofer doch recht wohl.

  • ...wenn ich die ganzen Kommentare - auch in Artikeln über Grüne und Linke sieht - stelle ich mal wieder fest die "Linken Parteien" zerlegen sich wieder selbst.

  • "Die Union inszeniert nun ein Doppelspiel: Merkel, die Flüchtlingskanzlerin in memoriam, bindet urbane, liberale Klientel, während de Maizière und Spahn Konservative und Islamskeptiker mit Leitkultur-Debatten bei Laune halten."

     

    Dieses Doppelspiel ist jedoch nur möglich, weil Politiker der SPD, der Grünen und der Linkspartei im Jahr 2015 bis weit in das Jahr 2016 hinein fast ausschließlich damit beschäftigt waren, der Kanzlerin wegen ihrer damaligen Flüchtlingspolitik einen derart umfassenden Heiligenschein zu verpassen, dass große Teile der Wählerschaft Frau Merkel die Eigenschaft "besonders" humanitär" zuordnen. Alle sonstigen politischen Entscheidungen, die man mit Fug und Recht hätte kritisieren können, wurden schlichtweg nicht mehr thematisiert. Dieser totale Verzicht auf die Benennung oppositioneller Alternativen ist jetzt eben kaum mehr wettzumachen. Gottköniginnen stürzt man nicht - speziell dann, wenn man sie selbst gekürt hat.

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    "Verloren ist das Spiel nur, wenn die SPD mal wieder glaubt, dass sie nur die Anpassung an die Union rettet."

     

    Dort ist eben die große "Mitte", wo alle hin- und gerne bleiben wollen, wenn sie lange genug "Regierung" gerochen haben.

    Eine gut arbeitende Opposition ist mir allemal lieber als das Ranwanzen an die Union, auch wenn die personell so ziemlich ausgelaugt scheint. Deren lebensnotwendige Frischzellen bezieht sie dann aus Jamaika von Lindner & Co....

  • So lange die Parteien nicht begreifen, dass auch das untere Drittel zu unserem ach so erfolgreichen Deutschland gehört, wird sich hier nichts ändern.

    Gerade die SPD, die sich als die Soziale Partei Deutschlands stilisiert, sollte schnell wieder beginnen diese Menschen mitzunehmen, sonst wird die Abkehr von ihnen zu einen Bumerang, der sich rächen wird.

     

    Wer immer noch glaubt, dass die Hartz IV Empfänger sich weiterhin bis aufs Blut ausnehmen lassen wollen, irrt gewaltig!

    Schon bei dieser Bundeswahl, wird sich hoffentlich zeigen, dass es so nicht mehr weitergehen kann. Es ist doch Irrsinn zu versuchen Menschen Ü Mitte 50 noch besonders zu Qualifizieren, wenn Mitte 20 nicht einmal ansatzweise eine gute Ausbildung genießen konnten, weil unsere gesamte Bildung schon in den Schulen unter so schlechten Voraussetzungen erfolgt, dass wir kaum noch mit anderen Staaten, nicht nur innerhalb der EU mithalten können.

     

    Die SPD muss, wenn sie und Schulz noch eine Chance auf den Sieg im September haben wollen, beginnen den Menschen auf einen rigorosen Wandel in der Hartz IV Politik und der Arbeitswelt zu geben. Wer nicht mehr in der Lage ist sich seine Zukunft zu planen, weil er nur befristete Arbeitsverträge bekommt, wird sich auch nicht für eine Person oder Partei entscheiden, die diese Misere verursacht hat. Die SPD muss den Wählern deutlich zeigen, dass sie ihre Fehler erkannt hat, und nun damit beginnt diese auf zu arbeiten.

    Schaffen sie das nicht, sind sie auch nicht in der Lage zu regieren, sondern sie werden mit dem Weiter so fortfahren!!!

     

    SPDler, sorgt dafür, dass auch das untere Drittel wieder an der deutschen Öffentlichkeit Anteil nehmen kann, vor allem die Kinder, die am meisten darunter Leiden müssen!!!

  • Ich werde jedenfalls sozial und demokratisch wählen. Also _nicht_ SPD.

  • Was mich an diesem Text nervt, ist, dass es hier ausschließlich um Imagefragen geht. Beispiel gefällig?

     

    „Zudem muss sich die SPD angesichts der Law-and-Order-Union bei der inneren Sicherheit immunisieren. Sie braucht mehr Otto Schily, also jemand, der in Sachen Kriminalität glaubhaft markige Sätze von sich geben kann.“

     

    Ja, herzlichen Glückwunsch und dann? Nehmen wir mal an, die SPD beherzigte dies und böte ein gleißendes Bild politischer Anziehungskraft. Was will der Autor? Macht, der Macht wegen?

    Was soll diese Art von Polit-Gossip? Fehlt es jemandem wie mir etwa an schönen Sprüchen von Politikern?

     

    Es wäre mal gut, wenn mir jemand aus meinen Studiumsschulden raushelfen würde. Ich würde gerne angstfrei abends durch die Stadt gehen können. Bei uns im Ort könnte mal die ein oder andere Straße repariert werden. Was ich ganz sicher nicht brauche, ist eine PR-potente SPD ohne Sinn und Verstand oder was dachten Sie sich bei dem Text, Reinecke? Merkel verhindern? Ich kapiere es nicht. Echt nicht.

  • 2G
    24636 (Profil gelöscht)

    Auch Schulz gehört nicht zu denen, die eine Wiedervereinigung der SPD mit ihrer Prä-Agenda Agenda einleiten und glaubhaft verkörpern können. Das Austreten nach links legte die alten Reflexe offen und markierte zugleich die Kerbe, in die die CDU/CSU immer feist reinschlagen kann und wird. Der SPD fehlen die Jahre in der Opposition, um sich zu erneuern und zu revitalisieren. Schulz ist, so mein Eindruck, der falsche Mann dafür. Ich sehe auch nicht den richtigen Mann oder die richtige Frau. Mit dieser Symbolpolitik von gestern wird man aber heute keine Wahlen mehr gewinnen. Schulz ist eben auch kein Macron.

     

    Schulz markiert dieser Tage schon den Gabriel, verspricht jeder Klientel ein bisschen und versucht über das komplette Spektrum zu glänzen. Daber wirkt er mit seinen gestanzten Rhetorik aber genauso (un)glaubwürdig wie Gabriel. Die große Hoffnung der ersten Tage war der Aussicht auf einen Bruch mit diesem Weiter so geschuldet. Schulzes Agenda-Kritik war nirgends eingelassen und angeschlossen, es war das SPD-Politmarketingfeuerwerk wie man es seit Jahren kennt (und satt hat). Gewiss hat es die SPD heute schwerer als zu Zeiten Schröders. Es gab den Bruch und es gibt seitdem die Linkspartei. Mit diesem Hiatus muss man umgehen und ihn überbrücken lernen, bestenfalls ihn durch ein entsprechendes Personal zur Stärke machen.

     

    Die SPD und überhaupt die Linke wartet letztlich auf eine Figur mit einem Plan und einer zukunftsträchtigen Vorstellung für dieses Land. Ein Land, in dem man heute den Müll hinter Gittern wegschließt, damit darin nicht herumgewühlt wird. Ein Land, in dem der soziale Friede nichts mehr gilt und das untere Drittel jedes Jahr etwas abgehängter ist als im Jahr zuvor. Für dieses untere Drittel und nicht nur das mittlere ist die SPD aber zuständig. Wenn sie für dieses keinen Plan entwickelt, wird es nach wie vor gar nicht mehr, AfD und bestenfalls die Linkspartei wählen.

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @24636 (Profil gelöscht):

      "Die große Hoffnung der ersten Tage war der Aussicht auf einen Bruch mit diesem Weiter so geschuldet."

      Erinnerungen an Kohls Ablösung durch Schröder wurden wieder wach, und als dann Gabriel gut inszeniert "endlich" für Schulz das Feld räumte, lag die Euphorie weniger an der Person Schulz als am Abgang Gabriels. Mehr als Schulz hat die Personaldecke der SPD leider zurzeit nicht zu bieten.

  • Übrigens: Einer Statistik, die behauptet, DIE Deutschen würden die Gesellschaft für gerechter halten als früher, kann ich so ganz ohne Weiteres nicht trauen. Sie deckt sich nämlich nicht nur nicht mit der – ebenfalls statistisch belegten – Realität, sie weicht auch sehr von meiner eigenen Erfahrung ab. Ich würde wirklich gern erfahren, wie ganz genau die Fragestellung formuliert gewesen ist, die zu diesem (Wunsch-)Ergebnis geführt hat. Außerdem wüsste ich gern, wer der (offenbar recht geschickte, die taz fragt jedenfalls nicht kritisch nach) Manipulator war und wer ihn beauftragt hat aus Steuermitteln. Please, Stefan Reinecke, übernehmen Sie!

     

    Ach ja, noch eins: Dass sich ein deutscher Ministerpräsident bei Strafe seiner Abwahl NICHT öffentlich ausgelassen darf über seine gescheiterte Ehe, will ich auch noch nicht glauben. In Deutschland, schließlich, hält kaum noch jede zweite Ehe dauerhaft. Das Scheitern und der anschließende Neustart gehören hierzulande längst zum kulturellen Allgemeinwissen. Sie werden vielfach nicht als Schande empfunden, sondern als Chance – außer in einem winzig kleinen, abgelegenen Bundesland ganz im Südwesten, wie es scheint. Würden „die Deutschen“ ihre MP für eine „Sünde“ strafen, die erstens keine ist und zweitens ihre eigene wäre, wenn es denn eine wäre, wären sie noch verrückter, als ich bisher vermutet hatte.

     

    Nein, Schulz’ Kontrahentin ist nicht Sahra Wagenknecht. Auch nicht Angela Merkel. Schulz' gefährlichster Kontrahent ist eindeutig Martin Schulz selbst. In sofern scheint der Mann allerdings immerhin ein echter, rechter Volksvertreter zu sein.

    • 2G
      24636 (Profil gelöscht)
      @mowgli:

      "Ach ja, noch eins: Dass sich ein deutscher Ministerpräsident bei Strafe seiner Abwahl NICHT öffentlich ausgelassen darf über seine gescheiterte Ehe, will ich auch noch nicht glauben."

       

      Das lag ja wohl eher am wie. Wer mitten in der Wahl seine Ex als Mutter+Hausfrau und darum nicht auf seiner Höhe bezeichnet, spricht vielleicht wahr, sollte aber nicht damit rechnen, dass diese Klientel ihn wählen wird. Wer sich ins Knie schießt, gibt das Rennen auf. Das war schlicht dumm. So kann man sich seinen Freunden gegenüber äußern, aber nicht mitten in der Wahl.

  • Eine Partei die sich vor Jahren von ihrem Wesenskern abgespalten hat, spricht von Gerechtigkeit!

     

    Was hat es dem Bürger das letzte mal gebracht, als die SPD die Union ablöste?

     

    - Hartz IV

    - Aufgabe der Parität bei den Lohnnebenkosten

    - Zersetzung der Rente als sichere Altersvorsorge

    - Entfesselung der Zeitarbeit

    - explodierende Energiekosten (weil die Energiewende zu gefühlt 110% vom Endverbraucher gezahlt wird)

    • 3G
      30404 (Profil gelöscht)
      @insLot:

      Danke, dass haben Sie sehr schön auf den Punkt gebracht.

       

      Man könnte die Liste noch gut und gerne um die deutschen Waffenexporte und diverse Bankenskandale erweitern.

  • Bezeichnend wenn der vermeintlich linke SPDler Stegner nach der Wahl frohlockte: "Der Gerechtigkeitswahlkampf war glaub ich schon richtig, das sehen sie daran, dass die Linkspartei nicht in den Landtag gekommen ist, das war ja unser Ziel. Das ist uns schon gelungen." (FREITAG-Blog) Dem folgte am selben Tag das Würselen mit der Anbiederung an die Unternehmer. Wer immer noch glaubt, mit Schulz sei Schröders Agenda 2010 am Ende - Pustekuchen! Aber Danke, denn jetzt weiß jeder Wahlberechtigte, welcher Politik er im September seine Stimme geben wird, wenn er das Kreuzchen bei der SPD macht....

  • „Kühl und weitsichtig“ erscheinen mir Stefan Reineckes Vorschläge nicht. Sie wirken eher wirr und hitzig. Die Erkenntnis, dass die medial-virtuell zelebrierten „Flitterwochen“ zu Ende sind, bevor sie überhaupt beginnen konnten, muss schon ein Schock gewesen sein für den taz-Autoren. Offenbar hatte auch er auf jene hoch dotierten Politik-Flüsterer gesetzt, deren überhöhtes Einkommen vom Glauben ihrer Kundschaft an die Wunderwirkung ihrer Allheilmittel abhängt.

     

    Seltsam nur, dass Reinecke genau jene „diffuse Politisierung“, die er der Union ankreidet, hier nun der SPD empfiehlt. Auch SPD-Größen sollen, bitte schön, „Böser Bulle, guter Bulle“ spielen mit den Wählern. Was aber könnte „links“, was könnte „kühn[]“ sein an einem Traum, in dem es allein darum geht, wer an Stelle von Angela Merkel – mit ihr gemeinsam – regiert in Deutschland?

     

    Nein, die SPD hat das Thema Gerechtigkeit nicht „stimmig intoniert“ bisher. Sie hat die Angst ihrer Klienten vor dem Abstieg geschürt und die ohnehin virulenten Aversionen gegen Hartz-VI-Empfänger verstärkt. Allerdings ohne zu zu erklären, wie genau das Abrutschen sicher vermieden werden kann in einer Welt, in der Beschäftigte nur noch als lästige Kostenfaktoren wahrgenommen werden von ihren „Arbeitgebern“. Kluges „Erwartungsmanagement“? Nein, ist das nicht. Es zeigt, wie wenig Verstand (und dass keinerlei Vernunft) übrig bleibt, wenn die Machtgier erst einmal gewonnen hat.

     

    Dank Lobbyismus, Berufsberatertum und seuchenartig grassierender moralischer Wurschtegalheit hat die SPD keine Wesensinhalte mehr, die sie wirksam von der Union unterscheiden könnte. Mit Stilfragen aber kann man in Zeiten, in denen laut Pressemeldungen der Weltuntergang droht, keine Wahlen mehr gewinnen. So wenig, wie mit „Köpfen“, die austauschbar sind wie Unterhosen. Wäre die SPD „klug“, würde sie sich nicht „alle drei denkbaren Koalitionen offen [halten]“. Hinter einer Fahne, die ständig ihre Farbe wechselt, wird nie eine Armee marschieren.

  • "Sozialpolitisch links, in Europa postnational, bei der inneren Sicherheit eher rechts. So könnte es gehen."

    Ja, igendwie haben Sie da recht.

    Es zeichnet aber das Bild der SPD, dass genau das mit den handelnden Personen nicht glaubhaft rüberkommt.

    Da wo der Bayern-Horst das alles (Wirtschaft Sicherheit Bürgernähe) oder Frau Bundeskanzlerin (Wohlstand Menschlichkeit Stabiltät) für ihre Wähler auf den Punkt bringen sind in der SPD derlei Identifikationsfiguren nicht vorhanden.

    Schulz: Headliner für Gefühle und irgendwas

    Nahles: Sozialer Ausgleich

    Kahrs: Wirtschaft

    Schröder: Blitzableiter intern

    usw usf.

    SPD hat kein Profil, außer für alles irgendwie da zu sein....so gibts keine 30 % und das zurecht!