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Friedenspreis für ThyssenKrupp

Anti-Waffen-Kampagne Das Peng! Kollektiv verleiht in einer Fake-Zeremonie einen Fake-Friedenspreis an die Waffenschmiede ThyssenKrupp. Und die fällt lange drauf rein

Panzer für den Frieden? Nicht alle halten das für eine gute Idee Screenshot: Peng! Kollektiv

aus Berlin Milan Panek

Christian Stuve, Senior Vice President für Politik und Strategie der ThyssenKrupp Marine Systems GmbH, ist normalerweise eher im Waffengeschäft unterwegs.

Letzte Woche Donnerstag aber steht Stuve in einem Konferenzsaal des Berliner Intercontinental Hotels und lauscht einem rührenden Pianosong: „Every Bullet hits a heart – with the Love that we provide“. Sein Rüstungsunternehmen soll einen „Deutsch-Französischen-Friedenspreis“ erhalten. Auf seiner weißen Einladungskarte war eine goldene Taube zu sehen.

Als der Laudator die rechtlichen Bestimmungen von Waffenexporten erwähnt, beginnt Christian Stuve jedoch an der Seriosität der Veranstaltung zu zweifeln. Zu Recht, wie sich herausstellen wird. Die Situation im Konferenzraum erinnert an ein Theaterstück: Überall stehen Schauspieler herum und hören euphorisch der Laudatio zu.

Nur einer ist in die minutiös geplante Inszenierung nicht eingeweiht – der einzige Zuschauer und eigentliche Hauptprotagonist des Stückes: Stuve selbst. Er geht zur Garderobe und verlässt die Preisverleihung, ohne Auszeichnung. Immerhin dies ist in einem Netzvideo dokumentiert.

Die Verleihung des sogenannten Friedenspreises an die Waffenlobby war der zweite Teil einer neuen Anti-Waffen-Kampagne des Berliner „Peng! Kollektivs“, einer Gruppe von KünstlerInnen, AktivistInnen und HackerInnen. Stuve machte sich gerade noch rechtzeitig vom Hofe, dennoch führen die Aktivisten ihn nun in diesem Video vor. Sie wollen damit darauf hinweisen, „dass die deutsche Rüstungs- und Verteidigungsindustrie sich permanent damit schmückt, für Stabilisierung in Konfliktregionen zu sorgen, während weltweit Menschen durch deutsche Waffen sterben“, wie eine Peng!-Aktivistin sagt.

In ihrem YouTube-Video zeichnen die AktivistInnen nun in munterem Bloggerton nach, wie genau sie bei ihren Hacks vorgingen – und bieten damit erstmals auch einen tieferen Einblick in den Handwerkskasten der Kommunikationsguerilla.

Zur Verleihung des angeblichen Friedenspreises ließ Peng! eigens eine vermeintliche Agentur namens Silverlining auferstehen. Diese verschickte Einladungskarten an deutsche Rüstungskonzerne wie Heckler & Koch, Rheinmetall und eben ThyssenKrupp. Dann mietete Peng! einen Konferenzraum in einem Berliner Hotel. Dort fand die Verleihung des Friedenspreises statt. Die Verleihung sollte nach einem ganz normalen Lobbytreffen aussehen. Nur leider blieb der Preisträger nicht bis zum Ende.

Das Kollektiv ruft zu einer Abstimmung über ein künftiges Exportwaffengesetz auf

Neben der inszenierten Preisverleihung eröffneten die AktivistInnen noch eine weiteres Kampffeld: Im Namen des Kleinwaffensherstellers Heckler & Koch verschickten sie Briefe mit einer vermeintlichen Rückrufaktion – im Original-Layout des deutschen Waffenherstellers gehalten und mit der vermeintlichen Unterschrift des Geschäftsführers. Um die Verwirrung zu erhöhen, gaben sich die AktivistInnen in Internetforen als WaffenfreundInnen aus und debattierten mit anderen über die Rückrufaktion.

Die beiden Aktionen sind nicht die erste in dieser Reihe: Erst diese Woche sorgte eine Peng!-Aktion unter dem Hashtag #CDUmitGefühl für Aufmerksamkeit. Auf einer Homepage forderte dabei eine vermeintliche CDU-Ortsgruppe aus Schwenke ihre Partei auf, künftig Kleinwaffenexporte aus Deutschland zu verbieten. Die Meldung wurde von Radio Vatikan, Washington Post und Fox News aufgegriffen.

Mit der Kampagne, die das Peng!-Kollektiv in Zusammenarbeit mit dem Schauspiel Dortmund umgesetzt hat, wollen die AktivistInnen vor der Bundestagswahl eine Debatte über künftige Kleinwaffenregelungen anstoßen. Sie rufen InternetznutzerInnen dazu auf, sich an einer Abstimmung über ein künftiges Exportwaffengesetz zu beteiligen.

Auf der Homepage des Kollektivs können InternetnutzerInnen ab heute ihre Stimme für einen von fünf unterschiedlichen Gesetzesentwürfen abgeben. Der Antrag, der die meisten Stimmen erhält, soll schließlich über eine Bundestagsfraktion in einen Gesetzgebungsprozess eingebracht werden.

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