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Votum gegen Iran

VON BAHMAN NIRUMAND

Der Gouverneursrat der Internationalen Atombehörde (IAEA) hat am Samstag eine von der EU vorgelegte Resolution verabschiedet. Danach soll der Iran an den UN-Sicherheitsrat gemeldet werden – nicht sofort, aber zu einem nicht genannten Zeitpunkt. Dies bedeutet keine formelle Überweisung des Themas an den Sicherheitsrat. Für die Resolution stimmten 22 der 35 Mitgliedstaaten, 12 Staaten – darunter Russland und China – enthielten sich, Venezuela stimmte dagegen.

In einer ersten Stellungnahme verurteilte Iran die Resolution. Sie entbehre jeder rechtlichen Grundlage, sagte Irans Außenminister Manuschehr Mottaki. Sein Land behalte sich das Recht zur friedlichen Nutzung der Atomenergie vor. Damit ist eine weitere Eskalation des Konflikts programmiert.

Die Resolution ist in ungewöhnlich scharfem Ton gehalten. Iran wird vorgeworfen, fast zwei Jahrzehnte lang seine Atompläne verheimlicht und den Vertrag zur Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen wiederholt verletzt zu haben. Es mangele an Vertrauen, dass das Programm nur friedlichen Zwecken diene.

Die EU hatte eine unmittelbare Überweisung an den UN-Sicherheitsrat gefordert. Dem jetzigen Kompromiss zufolge soll der Sicherheitsrat nicht vor der nächsten Sitzung des IAEA-Gouverneursrats am 4. November eingeschaltet werden.

Die EU hat mit ihrer Initiative den Versuch, den Konflikt friedlich zu lösen, aufgegeben und sich in das Fahrwasser der USA begeben. Die fordern seit langem die Einschaltung des Sicherheitsrats. Dementsprechend begrüßte Washington die Resolution als „bedeutsamen Schritt nach vorn in den internationalen Bemühungen, den Iran zu isolieren, und Rückschlag für Irans Atomstrategie“, so Vizeaußenminister Nicholas Burns (siehe Text unten).

Der britische Außenminister Jack Straw warnte Iran im Namen der EU-Ratspräsidentschaft: Nur wenn Teheran zweifelsfrei deutlich mache, dass es keine Möglichkeit zur Herstellung von Nuklearwaffen anstrebe, könnten die Beziehungen zu Europa und dem Rest der internationalen Gemeinschaft verbessert werden.

Auch Berlin begrüßte die Resolution. „Dies ist ein überzeugendes Ergebnis und ein klares Signal an Teheran, die große Besorgnis der internationalen Staatengemeinschaft über das iranische Atomprogramm ernst zu nehmen und ihr Rechnung zu tragen“, sagte Außenminister Joschka Fischer.

Nach der Verabschiedung der Resolution schickte Teheran eine offizielle Erklärung an die IAEA. Iran habe alles darangesetzt, trotz „unzulässiger Einmischungen“ die „völlig unbegründeten Vorwürfe“ zu klären, heißt es darin. Es liege bis heute kein Beweis dafür vor, dass Iran die Absicht habe, Nuklearwaffen herzustellen. Für die Attacken gegen Iran, die nur von westlichen Staaten ausgingen, gebe es nur einen Grund: Die Staaten, die keine Atomtechnologie besitzen, sollen niemals die Möglichkeit erhalten, selbst den Brennstoff für die friedliche Nutzung der Atomenergie herzustellen. Iran sei jedoch unter keinen Umständen bereit, auf sein Recht zu verzichten.

Sollte der Sicherheitsrat tatsächlich eingeschaltet werden, werde sich Iran nicht mehr an die freiwillig eingegangenen Verpflichtungen (Unterzeichnung des Atomsperrvertrags und vorübergehende Aussetzung der Urananreicherung) gebunden fühlen.

Auch Parlamentspräsident Haddad Adel reagierte auf die Resolution mit den Worten: „Das islamische Parlament wird niemals einem Vertrag zustimmen, der sich gegen ein eindeutiges Recht unseres Volkes richtet.“ Iran sei zwar bereit, weiter mit der Atombehörde zusammenzuarbeiten, werde sich jedoch niemals dem feindseligen Druck beugen. „Wir haben die Mitgliedschaft des Atomsperrvertrags angenommen, um die Atomenergie friedlich nutzen zu können, nicht um darauf zu verzichten.“

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