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Fahrdienst für BundestagsabgeordneteChauffeure bangen um ihre Jobs

Der Bundestag wechselt seinen Fahrservice. In Zukunft soll der Fahrdienst der Bundeswehr Abgeordnete von A nach B bringen.

Limousinen des Bundestags – wer darf sie künftig steuern? Foto: ap

Berlin taz | Ralph Ungefroren hat schon fast jeden Politiker durch Berlin gefahren. Doch damit könnte bald Schluss sein. Der Bundestag hat den Vertrag mit seinem Arbeitgeber, dem Fahrdienst Rocvin, nicht verlängert. Ungefroren ist nach Ende der Legislaturperiode möglicherweise arbeitslos. Gleiches droht seinen 240 KollegInnen. Ab Herbst übernimmt der Fahrdienst der Bundeswehr, die BWFuhrparkservice GmbH.

Alexander Ulrich (Linke), der dem Ältestenrat des Bundestags angehört, begründet dies mit den Arbeitsbedingungen bei Rocvin: „In der Vergangenheit haben sich die Fahrer immer wieder über ihre Situation dort beschwert.“ Viele von ihnen waren nur als Minijobber auf 450-Euro-Basis angestellt. Deshalb entschied der Ältestenrat schon 2016, den Fahrdienstleister zu wechseln – nach fast 20 Jahren Vertrag.

Mike Eberschulz, Betriebsratsvorsitzender von Rocvin, ist dennoch besorgt. Denn inzwischen seien von den 240 Mitarbeitern alle fest angestellt – 60 davon in Vollzeit. Zwar können die Chauffeure darauf hoffen, vom neuen Dienstleister übernommen zu werden. Das hatte der Ältestenrat dem BWFuhrpark nahegelegt. Doch laut Eberschulz bot der neue Fahrdienstleister in ersten Bewerbungsgesprächen nur an, 18 Beschäftigte in Vollzeit und 60 in Teilzeit zu übernehmen. Der Großteil der Fahrer würde wieder als Minijobber Spitzenpolitiker durch Berlin fahren, noch dazu mit einer sechsmonatigen Probezeit.

„Dass viele Fahrer, die bei uns fest angestellt waren, jetzt mit einem Minijob abgespeist werden und zusätzlich noch mal eine Eignungsprüfung beim BWFuhrpark durchlaufen müssen, obwohl sie seit Jahren ihren Job ausführen, ist eine Sauerei“, sagt Eberschulz. Auch Susanne Meinke von Verdi findet die Vorgehensweise „skandalös und nicht nachvollziehbar“. Die Politik habe Hilfe versprochen und bislang nichts eingehalten.

Linken-Mann Ulrich sieht den Fahrdienstwechsel ambivalent. Er stehe nach wie vor hinter der Entscheidung, da es wiederholt Unstimmigkeiten mit Rocvin gegeben habe, darunter zwei Insolvenzverfahren. Aber mit den bisherigen Konditionen – den Befristungen und der Probezeit – sei er unzufrieden.

Hauptsache „Limousinen der gehobenen Mittelklasse“

Der Betriebsrat von Rocvin fühlt sich vom Ältestenrat ungerecht behandelt. Schließlich hätten sich mit dem neuen Geschäftsführer 2014 die Arbeitsbedingungen verbessert – was Susanne Meinke von Verdi bestätigt. Dennoch, klagt Eberschulz, halte der Bundestag an seiner Entscheidung fest. „Der Ältestenrat wollte einfach seinen Job zu Ende führen, den er 2014 begonnen hatte.“

Dass viele Fahrer Minijobs erhalten sollen, ist eine Sauerei

Betriebsrat Mike Eberschulz

Das macht der Betriebsrat auch an einem zweiten Punkt fest: Laut einem internen Schreiben, das der taz vorliegt, setzte sich der Bundestag 2016 auch das Ziel, die Abgeordneten mit einer klimafreundlichen Ökoflotte zu kutschieren, teilweise aus Elektrofahrzeugen. Dies war das zweite Argument des Bundestags, mit dem BWFuhrparkservice zu kooperieren. Tatsächlich entschied sich die Bundestagsverwaltung vergangene Woche wieder für „Limousinen der gehobenen Mittelklasse“ – sprich Audi, BMW und Mercedes. Die deutschen Autohersteller produzieren aber gar keine reinen Elektrofahrzeuge.

Fraglich bleibt, ob die BWFuhrparkservice GmbH in der nächsten Verhandlungsrunde Ende April den Angestellten von Rocvin ein besseres Angebot unterbreiten wird als das derzeitige, das dem Betriebsrat vorliegt. Das Unternehmen beteuerte gegenüber der taz, dass man „auf die individuellen Wünsche der Fahrer eingehen will“.

Susanne Meinke von Verdi hat da nur wenig Hoffnung. Sie wandte sich mit einem Schreiben direkt an Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU), Wirtschaftsministerin Brigitte Zypris (SPD) und Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) und wies auf die verschlechterten Arbeitsbedingungen hin. Bis heute, sagt Meinke, habe sie nicht einmal Empfangsbestätigungen der Ministerien erhalten.

Eberschulz und Meinke wollen Ende April nun einen Protest-Autokorso veranstalten. Denn die BWFuhrparkservice GmbH hatte dem Rocvin-Betriebsrat zugesichert, noch diesen Monat die ersten Arbeitsverträge vorzulegen. Dann wird sich zeigen, ob – und zu welchen Konditionen – Ralph Ungefroren und seine KollegInnen noch Politiker durch Berlin fahren werden.

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6 Kommentare

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  • Vielleicht geht's beim nächsten Wechsel dann zu Uber. Was bekommt gleich ein Abgeordneter jetzt im Monat? Armes Deutschland.

    • @Knarfu:

      Kai's nächster Kob.

      Ja - LÜGT - er denn!

  • Das ist das typische Dilemma in der Politik: man fordert faire Bedingungen lockert gleichzeitig die Vorgaben und vergibt Aufträge an den Billigsten.

    • @FriedrichH:

      Exakt. Ist auch an anderen Stellen so. Ich erinnere mich an einen Bundestagsabgeordneten, der in der Diskussion um den (damals noch nicht eingeführten) Mindestlohn darauf hingewiesen hat, dass die Damen an der Garderobe keinen Mindestlohn bekommen.

       

      Da fängt man fast an FDP-Wähler zu verstehen: Der Staat stellt alle möglichen Forderungen und Ansprüche an Unternehmen, die er selbst nicht mal einhält.

  • gibts in b keinen opv oder sind sich die damen nd herren zu fein dafür

    • @Georg Schmidt:

      "Die Politik habe Hilfe versprochen und bislang nichts eingehalten."

       

      Business as usual.