Grabschändung in Bremen: Schmierende Antisemiten
Auf dem alten jüdischen Friedhof wurde am israelischen Holocaust-Gedenktag ein Grab mit einem Hakenkreuz beschmiert. Jetzt ermittelt der Staatsschutz
Auf dem alten jüdischen Friedhof in Hastedt ist am Wochenende ein Grabstein mit einem Hakenkreuz beschmiert worden. Der Friedhofsverwalter hat den Vorfall angezeigt. Nun ermittelt der Staatsschutz wegen Störung der Totenruhe und des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, teilte Polizeisprecher Nils Matthiesen auf Anfrage der taz mit.
Die Jüdische Gemeinde Bremens zeigte sich bestürzt: „Dies war und ist besonders eine Zumutung, weil diese antisemitische Tat genau am Jom Ha Schoah, dem jüdischen Gedenktag für die Ermordeten des Holocausts, geschehen ist.“ Der Tag ist israelischer Nationalfeiertag, an ihm wird nicht nur in Israel der Opfer der Shoah einerseits und den Helden des jüdischen Widerstands andererseits gedacht.
„In dieser Form hat es lange keinen Vorfall in Bremen gegeben“, sagte Gregori Pantijelew der taz. Die vorherige Grabschändung habe seiner Erinnerung nach vor etwa acht Jahren stattgefunden, damals hatten Jugendliche einige alte Grabsteine umgetreten.
Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) wollte sich auf Anfrage der taz nicht zu der Tat äußern. Das Hochhängen solcher Vorfälle bestärke nur Nachahmungstäter, sagte seine Sprecherin Rose Gerdt-Schiffler der taz. Das sieht die Amadeu-Antonio-Stiftung in Berlin ganz anders: Deren Referent im Bereich „Arbeit gegen Antisemitismus“, Jan Riebe, sagte: „Ich halte es für fatal, wenn führende Politiker sich nicht öffentlich gegen solche Taten positionieren wollen.“ Nachahmungstäter könne es immer geben. „Aber durch ein Beschweigen bekommen wir den Antisemitismus nicht in den Griff“, sagte Riebe.
Die Stiftung dokumentiert seit 2002 antisemitische Vorfälle in einer Chronik, die auf der Website der Stiftung einsehbar ist. „Hierbei stellen wir fest, dass es eine Häufung antisemitischer Schmierereien oder anderer judenfeindlicher Vorfälle in zeitlicher Nähe zu Shoah-Gedenktagen wie den 9. November oder den 27. Januar gibt“, erklärt Riebe. Auch Eskalationen im Nahostkonflikt spiegelten sich „hierzulande oft in einer Häufung antisemitischer Vorfälle wider“. Daher, so auch Riebes Vermutung, sei „die zeitliche Nähe der Schändung in Bremen mit dem Holocaust-Gedenktag in Israel und dem Geburtstag Hitlers sehr wahrscheinlich kein Zufall“.
Ein weiterer Befund des Berliner Antisemitismusexperten ist, dass sich die jüdische Gemeinschaft mit dem Antisemitismus in der deutschen Gesellschaft zunehmend alleine gelassen fühle. „Das ist eine erschreckende Entwicklung“, sagt Riebe. „Das Mindeste ist es daher, sich solidarisch mit Jüdinnen und Juden zu zeigen. Dazu gehört auch antisemitische Vorfälle öffentlich zu machen und systematisch aufzunehmen“, wie dies etwa in Berlin durch die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) geschehe. Auch der Expertenkreis Antisemitismus des Bundestages fordert in seinem gestern vorgelegten Bericht, solche Meldestellen bundesweit einzuführen. „Es wäre ein starkes Zeichen, wenn der Bremer Senat sich dieser Forderung des Expertenkreises anschließen würde und auch in Bremen eine solche Meldestelle auf den Weg bringt“, so Riebe.
Die jüdische Gemeinde in Bremen überlegt jetzt, „nach den erinnerungspolitischen Debatten der jüngsten Zeit“, etwa um das sogenannte „Arisierungs“-Mahnmal, und dem jetzt aktuellen antisemitischen Vorfall, einen runden Tisch zu etablieren. Grigori Pantijelew sagte dazu der taz: „Es gibt bei der Sicherheit der Gemeinde Defizite.“ Nun sei es wichtig, „nicht hinter verschlossenen Türen“, sondern öffentlich mit „gleichgesinnten Kräften“ in einen Dialog zu treten.
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