Protest gegen den G20-Gipfel: Zwei Monate Verbotszone
Eine Demo von FC-St.-Pauli-Fans gegen den G20-Gipfel in Hamburg darf nicht vom Stadion zum Tagungsort in den Messehallen ziehen
HAMBURG taz | Gut zwei Monate vor dem G20-Gipfel in Hamburg sind die Messehallen im Hamburger Karolinenviertel de facto zur Demoverbotszone erklärt worden. Dort sollen die Regierungschefs der 20 mächtigsten Industriestaaten und Schwellenländer sowie der Europäischen Union Anfang Juli tagen. Einen von Fans des FC St. Pauli geplanten Protestmarsch gegen die G20 zu den Messehallen hat die Polizei nun verboten. Die Demo nach dem Zweitligafußballspiel gegen den 1. FC Heidenheim am Freitagabend muss stattdessen auf dem Karolinenplatz in rund 800 Meter Entfernung enden. Der Grund: Die Polizei befürchtet Randale, bei der die Messehallen in Mitleidenschaft gezogen werden könnten.
„Dies stellt einen unzulässigen und rechtswidrigen Eingriff in das Recht auf Versammlungsfreiheit dar“, protestiert der Rechtsanwalt und Versammlungsleiter Andreas Beuth. „Es zeigt, was von den vollmundigen im Namen des Hamburger Senats geäußerten Erklärungen, man werde jeden demokratischen Protest gegen G20 auch am Ort des Geschehens ermöglichen, zu halten ist.“
Zuletzt hatte Justizsenator Till Steffen (Grüne) für den rot-grünen Senat auf der Landespressekonferenz erklärt, dass es während des G20-Gipfels in der Stadt keine Demoverbotszonen geben werde und demokratische Proteste auch in Hör- und Sichtweite des Gipfels stattfinden könnten. Er hatte damit die Polizei in ihrer Eigenschaft als Versammlungsbehörde korrigiert, die eine „blaue Zone“ für die Innenstadt angekündigt hatte, in der man zwar shoppen könne, aber demonstrieren nicht erlaubt sei.
Gemeinsam mit der Fan-Plattform „Zeckensalon“ hat die Fangruppierung Ultra Sankt Pauli den Spieltag am Freitag gegen Heidenheim zum „G20-Actionday“ erklärt. So soll es auf den Tribünen zu Beginn des Spiels Choreografien zum Thema geben. Zudem rufen die Ultras alle Fans auf, den Protest auf Spruchbändern und Doppelhaltern ins Stadion zu tragen und diese in der Halbzeitpause zu präsentieren. Nach dem Spiel soll es dann um 21 Uhr einen „lauten, kraftvollen Stadtteilspaziergang“ geben, um zu zeigen: „Das ist unser Viertel, unsere Straßen und unsere Plätze, die wir uns nicht nehmen lassen.“
Denn der Gipfel werde massive Einschränkungen für den Alltag im Viertel und Verletzungen der Privatsphäre mit sich bringen. Rund um das Messegelände und vermutlich weit darüber hinaus werde es durch die Polizei oder Sicherheitsdienste zu wahllosen Personenkontrollen kommen. Dem solle mit dem Protestmarsch schon im Vorfeld begegnet werden, „um auch unseren Unmut und unsere Empörung als St. PaulianerInnen nach außen zu tragen und zusätzlich für die anstehenden Proteste zu mobilisieren“, heißt es in dem Ultra-Aufruf.
Doch der Weg zu den Messehallen ist zurzeit Tabu. Ebenso wie vor zwei Wochen, als die Versammlungsbehörde eine Demonstration der bundesweiten G20-Aktionskonferenz zum Tagungsort in den Messehallen unterbinden wollte, begründet die Polizei das Teilverbot auch diesmal damit, dass es vereinzelt zu Steinwürfen und Glasbruch kommen könnte. Man sei dann nicht in der Lage, die Glasfassade bis zum G20-Gipfel im Juli zu reparieren.
Seinerzeit hatte die Versammlungsbehörde nach einer Ankündigung der Anmelder, vor das Verwaltungsgericht zu ziehen, einen Rückzieher gemacht. Stattdessen begleiteten 1.000 Polizisten den friedlichen Marsch der 800 GipfelgegnerInnen mit schweren Gerätschaften. Diesmal wolle die Polizei dagegen an der „beschränkenden Verfügung“ festhalten, so Polizeisprecher Ulf Wundrack. Denn es handele sich bei den Ultras um eine „Problem-Klientel“. Außerdem erwarte man weit mehr als die angemeldeten 1.000 TeilnehmerInnen.
Rechtsanwalt undVersammlungsleiter Andreas Beuth
„Unter dem Vorwand der Kriminalisierung der linken St.-Pauli-Fans wird suggeriert, die Polizei sei gut zwei Monate vor dem Gipfel nicht in der Lage, die Messehallen zu schützen“, moniert Beuth das „repressive und versammlungsfeindliche Vorgehen“. Man werde den schriftlichen Bescheid abwarten, gerichtliche Schritte gegen die Verbotsverfügung prüfen und gegebenenfalls das Verwaltungsgericht anrufen.
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