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Eigentum verplichtetUnschuldige bald ohne Wasser

Weil die Vermieter kein Geld an die Stadtwerke überweisen, will die Stadt Delmenhorst zwei voll besetzten Wohnblöcken Wasser und Gas abdrehen

Hier wurde schon lange nichts mehr getan: Wohnungen im Wollepark Foto: Vanessa Reiber

Dass die Eigentümergemeinschaft hier schon lange nichts mehr getan hat, ist im Delmenhorster Wollepark offensichtlich: der Fahrstuhl? So kaputt wie die Klingeln im Wohnhaus. Auch das Treppenhaus ist alles andere als einladend. Boden und Wände sind verschmutzt, viele Briefkastenklappen fehlen. Vor den Hauseingängen liegen Müll und kaputte Möbelstücke.

Ab Montag werden sich die katastrophalen Zustände für die BewohnerInnen der Blöcke 11 und 12 im Wollepark noch einmal verschlimmern: Die Stadtwerke wollen erst das Wasser und zwei Wochen später das Gas abschalten. Unter diesen drastischen Maßnahmen werden nun unschuldige MieterInnen leiden. Die Eigentümergemeinschaft hat über Jahre zwar deren Geld kassiert, es aber nicht an die Stadtwerke weiter­überwiesen. Der Schuldenberg beträgt mittlerweile rund 200.000 Euro, der Stadt reicht es nun.

„Was sollen wir denn jetzt machen?“, fragt eine der Bewohnerinnen. Sie lebt mit ihrem Mann und zwei Kindern in einer der Wohnungen. Sie wolle zwar weg aus dem Wollepark, finde aber keine neue Wohnung. „Keiner hilft uns und der Vermieter nutzt aus, dass unser Deutsch nicht gut ist“, so die Frau, die seit mehr als vier Jahren in dem Sozialbauviertel lebt.

Der Wollepark, der Anfang der 1970er-Jahre als sozialer Wohnungsbau entstand, gilt als sozialer Brennpunkt Delmenhorsts. Viele Arbeitslose und finanzschwache OsteuropäerInnen würden dort leben, so Franz-Josef Franke vom Diakonischen Werk Delmenhorst.

Etwa 350 Personen, darunter rund 80 Kinder seien in den heruntergekommenen Wohnhäusern gemeldet. Die Diakonie gehe aber von deutlich mehr BewohnerInnen aus. Der Grund: Viele Familienmitglieder fänden hier Unterschlupf, ohne gemeldet zu sein.

Viele der BewohnerInnen sind gar nicht gemeldet

Die Diakonie betreibt ein Nachbarschaftszentrum am Wollepark, dessen Sozialberatung viele BewohnerInnen in Anspruch nehmen. So auch am Montag, als einige MieterInnen den MitarbeiterInnen vor Ort Briefe vom Jobcenter zeigten. „Darin wurde ihnen mitgeteilt, dass in absehbarer Zeit abgeschaltet werde und zu einem Umzug geraten“, sagt Franke.

Viele der BewohnerInnen wüssten aber bisher noch nichts von den Plänen der Stadt. Deswegen stehe die Diakonie seit Mittwoch mit drei Infopavillons vor den Hochhäusern, um die MieterInnen aufzuklären.

Gemeinsam mit dem Integrationslotsenteam Delmenhorst, das dolmetscht, berät das Diakonische Werk die Menschen über ihre Möglichkeiten. „Die meisten BewohnerInnen werden in der kurzen Zeit keine neue Wohnung finden“, sagt Franke. Zudem sei der Ruf der Wohnanlage sehr schlecht, sodass VermieterInnen häufig nicht an Menschen aus dem Wollepark vermieten wollten. Franke rät den BewohnerInnen zu hundertprozentigen Mietminderungen. Musterbriefe seien bereits vorbereitet, auch das Verschicken übernehme die Diakonie.

„Wenn die MieterInnen nicht mehr zahlen, reagiert die Eigentümergemeinschaft hoffentlich endlich“, so der Geschäftsführer des Diakonischen Werks Oldenburg. Das Nachbarschaftszen­trum bleibt geschlossen. Franke: „Wir brauchen unsere Kräfte direkt an den Häusern.“

Schon einmal sollte in den Blöcken mit den Nummern 11 und 12 der Hahn zugedreht werden. Bei offenen Rechnungen in der Höhe von 86.000 Euro reichte es den Stadtwerken 2015. Damals sprang die Stadt ein und beglich die Summe. „Aber dieses Mal zeigen wir klare Kante“, sagte der Delmenhorster Oberbürgermeister Axel Jahnz. Die Stadt lasse sich nicht zum Spielball krimineller Vermieter machen, die ihre Mieter als Geiseln nähmen.

Die Stadt will Wasser in Tankwagen bringen

Ganz allein gelassen werden die BewohnerInnen laut Jahnz jedoch nicht. Vor dem Haus solle eine Notversorgung mittels eines Tankwagens oder einem Trinkwasserhydranten eingerichtet werden. Die BewohnerInnen müssten sich dann ihr Wasser in Eimern holen und viele Stockwerke hinauftragen. Trotzdem könnten die Häuser ohne Wasser und Gas vermutlich nach wenigen Tagen unbewohnbar werden. Dann sollen die Betroffenen in leer stehenden Flüchtlingsunterkünften untergebracht werden.

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