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Deutsche MigrationspolitikEngere Zusammenarbeit mit Ägypten

Merkel bespricht sich mit dem ägyptischen Präsidenten al-Sisi, um Schleuserkriminalität und neue Fluchtrouten zu verhindern. Die Opposition kritisiert die Gespräche.

Ein bisschen zu freundlich? Angela Merkel und der ägyptische Präsident Abdel Fattah al-Sisi Foto: reuters

Kairo afp | Bundeskanzlerin Angela Merkel hat mit dem ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi über eine engere Zusammenarbeit in der Migrationspolitik beraten. Beide Länder hätten ein gemeinsames Interesse daran, die Schleuserkriminalität in der Region zu unterbinden und neue Fluchtrouten zu verhindern, sagte Merkel am Donnerstag bei einem Besuch in Kairo. Die Opposition kritisierte den Ägypten-Besuch der Kanzlerin angesichts der Menschenrechtslage in dem nordafrikanischen Land.

Merkel will die nordafrikanischen Staaten als Partner in der Migrationspolitik gewinnen, um die Zahl der über das Mittelmeer kommenden Flüchtlinge zu verringern. Ein Schwerpunkt der Beratungen in Kairo war die Lage in Ägyptens instabilem Nachbarland Libyen, das vielen Migranten als Ausgangspunkt für ihre Fahrt Richtung EU dient.

Merkel sagte al-Sisi bei einer gemeinsamen Pressekonferenz Hilfe bei der Sicherung der langen Grenze zu Libyen und der Überwachung der ägyptischen Küste zu. „Wir haben eine konkrete Zusammenarbeit vereinbart.“ Deutschland sei bereit, technische Unterstützung zu leisten.

Es müsse verhindert werden, dass eine neue Fluchtroute über Ägypten etabliert werde, erklärte Merkel. Zudem kündigte sie Unterstützung für die Flüchtlinge in Ägypten an. Das Land habe allein aus Syrien 500.000 Flüchtlinge aufgenommen und noch weitaus mehr Menschen aus anderen afrikanischen Ländern wie dem Sudan. „Deshalb haben wir eine gemeinsame Aufgabe, das Schicksal der Flüchtlinge zu verbessern“, sagte Merkel.

Visa-Liberalisierungen und Freihandelsabkommen winken

Am Freitag reist die Kanzlerin, die von einer Unternehmerdelegation begleitet wird, nach Tunesien weiter. In Tunis will sie mit Regierungschef Youssef Chahed und Staatschef Béji Caid Essebsi ebenfalls über Migrations- und Sicherheitsfragen sprechen.

Wie die Zeitung Die Welt unter Berufung auf EU-Diplomaten berichtete, hat Merkel bei ihrer Nordafrikareise „konkrete Angebote“ im Gepäck. Während mit Tunesien über eine Visa-Liberalisierung und ein Freihandelsabkommen mit der EU diskutiert werden solle, gehe es im Fall von Ägypten neben einer Visa-Liberalisierung für Geschäftsleute und Studenten vor allem um Finanzhilfen für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung im Land.

Die flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Luise Amtsberg, kritisierte die Pläne für eine enge Zusammenarbeit mit Ägypten. Die Kanzlerin müsse ihren Ägypten-Besuch zum Anlass nehmen, „der Regierung al-Sisi gegenüber deutliche Worte zu finden zur menschenrechtlichen Lage im Land“.

Auch Amnesty International forderte Merkel auf, öffentlich zur Menschenrechtslage in Ägypten Stellung zu nehmen. „Zivilgesellschaft, Medien und die politische Opposition leiden zunehmend unter staatlichen Repressionen“, kritisierte der Ägypten-Experte der Menschenrechtsorganisation, René Wildangel.

Propaganda für einen Diktator?

Merkel sagte in Kairo, sie habe das umstrittene NGO-Gesetz angesprochen, das unter anderem dazu geführt hatte, dass die Konrad-Adenauer-Stiftung ihre Arbeit in Ägypten einstellen musste. Sie habe betont, dass „Rechtsstaatlichkeit und eine vielfältige Zivilgesellschaft für die gute Entwicklung eines Landes von großer Bedeutung“ seien. Die rechtliche Situation politischer Stiftungen in Ägypten solle in einem neuen Abkommen geregelt werden, kündigte Merkel an.

Der Linken-Bundestagsabgeordnete Jan van Aken warf Merkel vor, mit Präsident al-Sisi einen „Diktator“ zu treffen, „der sein Volk mit brutalster Gewalt unterdrückt“. Mit ihrer Reise mache Merkel „Propaganda für diesen Diktator – nur damit er uns ein paar Flüchtlinge vom Hals hält. Ich finde das widerlich“, sagte der außenpolitische Sprecher der Linksfraktion im ZDF.

Die Vorsitzende der deutsch-ägyptischen Parlamentariergruppe im Bundestag, die CDU-Abgeordnete Karin Maag, wies die Kritik zurück. Von „einem Kniefall“ vor al-Sisi könne keine Rede sein, sagte Maag im SWR. Es gehe darum, in den Gesprächen Verbesserungen für die Menschen zu erreichen.

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12 Kommentare

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  • Angela Merkel hat Ägypten eine halbe Milliarde Euro aus Steuergeldern versprochen. Es wird erwartet, dass die Militär-Junta die Flüchtlinge aus Europa fernhält. Vor vier Jahren hatte die EU bereits eine Milliarde Euro an die inzwischen gestürzten Muslim-Brüder geschickt.

  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    "...Hilfe bei der Sicherung der langen Grenze zu Libyen und der Überwachung der ägyptischen Küste" bedeutet also, Deutschland gibt einem Diktator Geld, damit der seinen Militärapparat weiter ausbauen kann. Merkel ähnelt immer mehr einem gewissen Herrn Strauß.

  • Warum wandern sie nicht aus, wenn sie dieses Deutschland so unerträglich Scheiße finden.

    • @Daniblume:

      Weil es wahrscheinlich relativ wenig schönere aber deutlich mehr schlechtere Orte auf der Welt gibt.

      • @Thomas_Ba_Wü:

        Eine ziemlich, mit Verlaub, dämliche Aussage....

  • Das geht solange gut, bis der erste deutsch-ägyptische Journalist wegen regierungskritischer aussagen verhaftet wird.

     

    Uuups, sorry, mein Fehler. Das ist für die Kanzlerin im Vergleich mit Flüchtlings(vomHalshalte)hilfe ja eher vernachlässigbar.

  • Na, reicht der "Flüchtlingsdeal" mit der Türkei noch nicht? Und das alles nur, weil Idioten hier Angst davor haben Menschen zu helfen... und Angie Angst hat deren Stimmen nicht zu bekommen... indirekt machen Nazis und Rassisten Politik und die Masse macht mit. Herzlichen Glückwunsch, D bleibt ein mieses Stück ... !

    • @Neinjetztnicht:

      @NEINJETZTNICHT warum wandern sie nicht aus, wenn sie dieses D-Land so unerträglich Scheiße finden.

      • @Daniblume:

        Danke nein, bzw. kann irgendwann passieren. Aber erst wenn ich merke, dass man hier wirklich gar nichts mehr bewegen kann und alles unaufhaltsam immer noch bekloppter wird. Noch geb ich nicht auf...

        Außerdem sind hier ja nur viele Menschen scheiße, der Rest geht schon... :D

    • @Neinjetztnicht:

      welche Idioten meinen SIE, die Frauen, die den Anköömlingen am Bahnhof mit heissen Getränken und Rat und Tat zur Seite standen, die warme Kleider sammelten und verteilten solche LEUTE wie sie die nur rummaulen werden dringend gebraucht fragt sich nur wo

      • @Georg Schmidt:

        Na, da will mich jemand aber gründlich absichtlich mißverstehen, oder?

         

        Mir geht es um Idioten die sich vor Angst in die Hose scheißen, weil ein paar Menschen hier Zuflucht finden. Ich denke, dass wird bei den helfenden Menschen wohl nicht der Fall sein. Also alles gut, fahren Sie mal wieder runter...

        Und da Sie mich nicht kennen, sollten Sie sich Urteile über mein Engagement verkneifen.

  • Engere Zusammenarbeit? Sehr lustig...........Es geht, wie immer, um VIEL Geld. Die Deutschen dürfen zahlen, damit sich durch und durch korrupte ägyptische Politiker und Militärs die PRIVATEN Taschen voll machen können. Der eigentliche "Deal", wird dann - rein alibitechnisch - bestenfalls halbherzig "in Szene" gesetzt. So geht "Politik". Im großen und ganzen eine Propagandashow zu Lasten des Steuerzahlers. Außer Spesen nicht (viel) gewesen.