Die Gesellschaftskritik: Weibliche Lust unerwünscht
WAS SAGT UNS DAS? In Indien wurde ein Film verboten, weil er „frauenorientiert“ ist.
Im Leben eines jeden Mädchen kommt dieser Augenblick, in dem sie zu einer Frau werden möchte“, beginnt der Trailer zu „Lipstick under my Burkha“. Der Film von Alankrita Shrivastava erzählt von vier Frauen, zwischen 18 und 55 Jahren, die in einer indischen Kleinstadt nach Liebe und Freiheit suchen.
Der Film lief schon auf mehreren internationalen Filmfesten – kann nun aber nicht in Indien starten, weil er dort keine Altersfreigabe erhielt, was einem Verbot gleichkommt. In der Begründung heißt es, dass der Film sexuelle Szenen, Schimpfwörter, „Audio-Pornografie“ enthalte und „frauenorientiert“ sei. Zwischen den Zeilen heißt das: Dieser Film zeigt zu viel Sex und ist deshalb einem allgemeinen Publikum nicht zumutbar.
Aber geht es nur um Sex – oder darum, dass es Frauen sind, deren Begehren gezeigt wird? Vieles spricht für Letzteres. Während Küsse auf den Mund und nackte Haut bis vor wenigen Jahren noch tabu waren, gibt es inzwischen viele indische Filme, die wie Softpornos anmuten und wegen ihrer Freizügigkeit sogar Pornodarstellerinnen casten.
„In einer Kultur, in der Frauen in Filmen ‚Item numbers‘ aufnehmen – in denen sie vor gaffenden Männern tanzen –, stellt dieser Film den Status quo infrage“, sagt Regisseurin Shrivastava. Und so ist die absurde Einschätzung, der Film sei „frauenorientiert“, einfach nur ehrlich.
Lalon Sander
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