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taz-Salon zu Machtfragen„Wir schreiben doch 2017!“

Die fünf etablierten Parteien treten mit Frauen an der Spitze ihrer Liste zur Bundestagswahl an: Das ist klasse, sagt Ulrike Hauffe

Frauenhände können mit Macht und Blumen gleichermaßen umgehen. Foto: (dpa)
Interview von Benno Schirrmeister

taz: Frau Hauffe, ist das ein Erfolg, dass die fünf etablierten Parteien zur Bundestagswahl mit Frauen an der Spitze antreten?

Ulrike Hauffe: Dass sich die Frauen durchgesetzt haben im innerparteilichen Machtkampf, finde ich schon mal klasse. Und interessant ist auch, dass sich bei der Linken und wohl auch bei der CDU sogar echte Frauen­tandems behauptet haben.

Droht jetzt die Unterrepräsentanz von Männern?

Ha! Wenn sich hochqualifizierte Frauen durchgesetzt haben, wird also nach Männerunterrepräsentanz gefragt. Diese Frage haben Männer jahrhundertelang in umgekehrter Weise nicht gestellt. Die kann ich noch nicht einmal beantworten, so schäbig finde ich die.

Im Interview: Ulrike Hauffe

65, Psychologin, seit 1994 Landesfrauenbeauftragte, seit 1999 Vorsitzende des Frauen- und Gleichstellungsausschusses des deutschen Städtetags.

Sie sollte etwas provozieren, aber doch nicht so… ! Es ist ja klar, dass 2017 eher ein Rückgang des Frauenanteils in den demokratischen Gremien droht.

Die Gefahr besteht, das ist richtig. Dabei wurden Deutschlands Versäumnisse in dieser Frage durch die Vereinten Nationen bereits im Cedaw-Bericht moniert…

… der Bericht über die Verwirklichung des Übereinkommens zur Beseitigung jeder Diskriminierung der Frau.

Darin wird Deutschland aufgefordert, den Frauenanteil in öffentlichen Gremien so hinzukriegen, dass er die Zusammensetzung der Bevölkerung widerspiegelt. Die Bundesregierung hat geantwortet, dass zwar wirklich nur etwas über 30 Prozent der Abgeordneten Frauen sind, das aber schon viel mehr sei, als 1949. Unglaublich! Ich würde zwar auch in meiner Dienststelle hier nicht überleben, ohne mich ab und zu in eine historische Dimension zu beamen, wo ich große Zeiträume überblicke und sagen kann: Da haben wir viel erreicht. Aber wir schreiben doch das Jahr 2017! Wir haben die bestausgebildete Frauengeneration ever – und zwar meine ich nicht nur die Youngster, sondern bereits meine Generation, die kurz vor der Rente steht: Wenn die nicht angemessen repräsentiert ist, ist das doch skandalös!

Bloß: Was hilft dagegen?

Am ehesten so etwas wie das Parité-Gesetz: In Frankreich, Irland, Belgien, Portugal und Slowenien, Spanien und Griechenland gibt es das. Das wird hier in Deutschland sehr intensiv diskutiert. Es schreibt eine paritätische Besetzung der Gremien verbindlich vor. Und in Frankreich sieht man sehr gut, dass es wirkt. Deswegen gibt es hier bei uns auch so starken Widerstand dagegen. Das ist ein Thema, das Sie in der Debatte heute ansprechen sollten. Das andere ist sicher die Kommunikation.

Die mit den WählerInnen?

Mindestens ebenso spannend scheint mir die Frage nach der Binnenkommunikation. Oft fällt es Frauen schwer, in den Zirkeln ihrer eigenen Parteien herumzuagieren, die Männer dazu nutzen, sich eine Machtbasis zu organisieren.

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