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Christiane Rösingers neues AlbumMit beiläufig charmanter Ironie

Von Eigentumswohnungen und alternden Frauen: Das großartige Album „Lieder ohne Leiden“ schmerzt nicht, sondern spendet Trost.

Berichtet aus dem Kreuzberger Mikrokosmos: Christiane Rösinger Foto: Dorothea Tuch

Es gibt Menschen, die ständig jammern, und es gibt solche, die den Widrigkeiten des Lebens mit lässiger Ironie in den Arsch treten. Zur zweiten Sorte gehört Christiane Rösinger. Mit der Band Lassie Singers seit den späten Achtzigern und später mit Britta war sie eine der zentralen Figuren der deutschsprachigen Indie-Singer-Songwriter. Nun veröffentlicht sie mit „Lieder ohne Leiden“ ihr zweites Soloalbum nach „Songs of L. and Hate“ (2010).

Es sind Dinge, die urbanen Menschen schlaflose Nächte bereiten, die Rösinger auf diesem Album verhandelt. Der Titel ist ein Wortspiel auf Udo Jürgens’ Album „Liebe ohne Leiden“, was musikalisch zum Glück eine falsche Fährte legt. Die Künstlerin findet ihre Sujets im Mikrokosmos ihres Kreuzberger Umfelds und vertont beiläufig charmant die kleinen und großen Tragödien jenes Lebens. Eine melancholische „Wird schon werden“-Attitüde in eingängigen Melodien und im typischen Rösinger-Sound, der allen gefallen wird, die auch „Songs of L. and Hate“ mochten.

Mal wird das Politische im Privaten verhandelt wie in der ersten Single „Eigentumswohnung“. Es geht um die Frage, in welches Dilemma man gerät, wenn nicht der geldgeile, aber letztlich anonyme Immobilienunternehmer, der die eigene jahrzehntelang bewohnte Altbauwohnung gekauft hat (was Rösinger selbst passiert ist), der Feind ist, sondern die kreativ umtriebigen Freunde als Bewohner ebendieser Eigenheime: „Die Eltern wollten es uns halt unbedingt schenken.“

Rösinger erklärt die Idee zum Song beim Interview im Weltrestaurant der Kreuzberger Markthalle so: „Ich hörte von sehr vielen Leuten aus meinem Bekanntenkreis, von denen ich immer dachte, die sind auch so prekär, dass fast alle schon in Eigentumswohnungen wohnen.“ Für sie selbst völlig utopisch: „Zu mir meinten dann alle: ‚Kauf doch deine Wohnung selbst! Oh, 169.000 Euro, das ist doch nicht viel.‘ Rösinger seufzt: „Ja, von was denn?“ Der Song mit dem catchy Refrain kommt optimistischer daher, als es das Thema erwarten ließe: Selten entstand aus der Gentrifizierung ein so guter Song.

Die Differenz des männlichen und weiblichen Alterns

Wie eine Frau unangestrengt cool feministisch leben kann, dankenswerterweise ohne anklägerischen Impetus, demonstriert die 56-Jährige im unzweifelhaften Hit des Albums „Joy of Ageing“. Darin karikiert Rösinger, ihr Alter Ego als „fifty, clumsy and shy“ persiflierend, die Absurdität von Tinder und Co. und seziert die Differenz des männlichen und weiblichen Alterns.

Von Frauen, die unsichtbar werden, ist die Rede. Rösinger regt es auf, wenn sich ihre Geschlechtsgenossinnen darüber sorgen: „Es ist halt blöd, wenn man sein ganzes Leben auf dieser Anerkennung durch den männlichen Blickes aufgebaut hat. Dann ist es natürlich scheiße, wenn es plötzlich aufhört.“

Um die Liebe, aber auf höchst intelligente Weise, geht es im Titelsong „Lieder ohne Leiden“: „Und all der Kummer und die Empörung wegen einer wandelnden narzisstischen Störung. Ein größerer Idiot ist dir selten begegnet“, singt sie darin. Aber deshalb jede Woche ein Ohr abschneiden? Keinesfalls. Liebe ja, Selbstzerstörung nein.

Album und Lesung

Christiane Rösinger: „Lieder ohne Leiden“ (Staatsakt/Caroline International/Universal); Am 18. März liest die Autorin im Theater an der Parkaue Berlin. Die Tour zum Album ist im April

Mit dem Musikmachen ist Rösinger übrigens weiterhin nicht ausgelastet. Als „Punk-Galaistin“ veranstaltet sie die „Flittchenbar“, eine Konzertreihe im Berliner Südblock. Im März erscheint ihr neues Buch mit dem Titel „Zukunft machen wir später: Meine Deutschstunden mit Geflüchteten“. Seit einiger Zeit unterrichtet sie, selbst studierte Germanistin, nämlich an der Volkshochschule.

„Im Buch geht es ein bisschen um Prekarisierung, weil ich ja, seit ich Musik mache, immer einen Job zum Geldverdienen suche“, erzählt Rösinger. Aber auch darum, dass sie es für einseitig hält, wenn der Umgang mit Geflüchteten immer als so wahnsinnig schwierig beschrieben werde. „Die haben teilweise schlimme Sachen erlebt, klar. Aber wenn man mit den Leuten versucht, Deutsch zu sprechen, ist es einfach lustig und nett. Das hat etwas unglaublich Bereicherndes.“

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1 Kommentar

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  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    ...ja, lang ist's her.