Rechte Allianzen gegen Feminismus: Achsen des Hasses
Die UNO bemüht sich darum, dass Frauenrechte weltweit umgesetzt werden. Rechtskonservative Allianzen stellen sich quer.
Alle Jahre wieder, Anfang März bei den Vereinten Nationen in New York: die Frauenrechtskommission ringt darum, dass international beschlossene Frauenrechte und Gleichheitsversprechen tatsächlich überall umgesetzt werden. Zentrale Streitpunkte sind sexuelle und reproduktive Rechte von der Selbstbestimmung von Frauen über ihren Körper bis zum Respekt vor sexueller Vielfalt. Immer mit von der Partie bei der UNO ist eine „unheilige Allianz“ gegen Frauenrechte und ihr gut organisiertes, lobbyierendes Fußvolk.
In den 1990er Jahren waren es vor allem der Vatikan und ein paar islamistische Staaten wie der Sudan und der Iran, die vereint unter dem Banner der Familie gegen Abtreibung und sexuelle Vielfalt zu Felde zogen. Später kamen Irland, Malta, Polen, Russland und Ägypten als konservative Wortführer hinzu, um mit Parolen wie „Family First“ fortschrittliche Positionen der EU bei den Verhandlungen zu blockieren. Sie eint die Ablehnung von Feminismus als „gemeinschaftszersetzende“ Kraft.
Lobbygruppen mit Stickern zum Lobpreis von Mutterschaft und Familie gehören seit Langem zum Erscheinungsbild der UN-Konferenzen, haben sich jedoch merklich verjüngt, verbreitert und radikalisiert. Nicht nur weiße Männer in Kutten, sondern junge Frauen vor allem aus Latein- und Nordamerika treten mit eingeübten Argumentationsmustern gegen LGBTI-Rechte, Sexualaufklärung und „Mord durch Abtreibung“ an. Sie repräsentieren internationale antifeministische Netzwerke, die vor allem ultrarechte Christ_innen strategisch und systematisch seit den 1970er Jahren aufbauten.
Wie Feminist*innen protestieren
Der erste Coup der nordamerikanischen „Lebensschutz“-Fraktion war 1975 die Einführung der Gag Rule: Organisationen im globalen Süden, die Abtreibung unterstützen, bekommen keine US-Entwicklungshilfegelder mehr. Eine der ersten Amtshandlungen von Trump war die Wiedereinführung dieser Gag Rule, die mehrfach, zuletzt von Obama, außer Kraft gesetzt worden war.
Familialistische Netzwerke breiten sich aus
Der erfolgreichste Gründervater der „Pro Life“-Internationale war der Benediktinerpater Paul Marx aus Minnesota. Als „Missionar des Lebens“ gründete er in den USA das Human Life Institute, bereiste 90 Länder und förderte nationale Antiabtreibungszellen von Irland bis auf die Philippinen, von Australien bis Lateinamerika durch Gelder, Materialien und Konferenzen.
Vor dem Hintergrund der Rechristianisierung Polens und der christlichen Restauration in ganz Osteuropa dehnte sich das familialistische Netzwerk aus, verbündete sich mit dem russisch-orthodoxen Klerus und schließlich mit dem Putin-Regime. Putin forderte mit völkischem Gestus jede russische Frau auf, mindestens drei Kinder zu bekommen.
In jüngster Zeit sind den alten, vor allem religiös legitimierten antifeministischen Netzwerken viele neue Impulse und Akteur_innen zugewachsen. Von Russland bis Südafrika sind frauenfeindliche „Pro Life, Pro Family“-Kräfte ein Amalgam mit Rechtspopulismus, Rassismus und Nationalismus eingegangen.
Religion ist immer weniger Privatsache, sondern öffentlich relevante Frage der Identität und Zugehörigkeit, während ein neuer patriotischer Nationalismus das „Family First!“ mit der „Nation First!“ völkisch rassistisch gegen alles Fremde abgrenzt. „Märsche für das Leben“ verfolgen eine Gegenglobalisierung unter dem Banner moralischer Überlegenheit, der Meinungsfreiheit und gegen „Political Correctness“.
Rechtspopulisten wollen uns einheitlich und schwach: als deutsche, heterosexuelle Frau und Mutter. Wir halten dagegen: Wir sind People of Color, muslimisch, migrantisch. Wir sind hetero, queer, divers. Wir sind viele. Und wir sind stark.
Lesen Sie am 8. März 11 Sonderseiten der taz zum Internationalen Frauen*tag. Mit Texten u.a. von und mit: Christa Wichterich, Hengameh Yaghoobifarah, Amina Yousaf, Judy Gummich.
Vielerorts ist dies auch eine Reaktion auf die soziale Verunsicherung durch die wirtschaftliche Globalisierung, die den meisten nicht den erhofften Wohlstand gebracht hat, vielen Männern aber einen Verlust ihrer Ernährerrolle. Rassistisch und völkisch aufgeladener Familismus kombiniert mit Antiqueer- und Antigenderpolitik verspricht Geborgenheit und kulturelle Aufwertung.
Diese Internationale des Antifeminismus im breiten neokonservativen und rechtspopulistischen Spektrum ist weder neu noch homogen. Interreligiöse Allianzen zwischen christlichen Fundamentalist_innen und radikale Islamophobie existieren nebeneinander. Achsen des Hasses wenden sich gegen Minderheiten.
Während Schwule, Lesben und andere Queere in vielen Ländern Afrikas aggressiv verfolgt werden, flexibilisieren sich homophobe Positionen im Norden. Miro Yiannopoulos, bekennender Schwuler in der rechtsextremen Alt-Right-Bewegung, hetzt gegen Transsexuelle als geisteskrank. Er schimpft die Waschmaschine eine der schlimmsten Erfindungen der Menschheit, weil sie Frauen von der Hausarbeit freigesetzt habe für Erwerbsarbeit.
Zum Weltfrauentag bekommen wir virtuelle Unterstützung – von einem Social Bot. Wir haben ein Programm geschrieben, das die Frauenbewegung auf Twitter unterstützen soll. Ein Social Bot, der feministische Fakten verbreitet und frauenfeindliche User zurechtweist. Meet @JudithBotler.
Antifeminismus und Antigender funktionieren als neue, völkisch verbindende Elemente der Nationalisten und Identitären – in ihren Augen für das „Volk“ und gegen die Eliten und die liberale Presse. Die lauthals zur Mehrheitsposition erklärte Frauenfeindlichkeit schiebt auf internationaler Ebene den Backlash gegen die Idee von Geschlechterpluralität an. Sie will Frauenrechte als vorgestrig erscheinen lassen.
In einem Schneeballeffekt legitimieren autoritäre Regime mit dem Verweis auf Volkswillen und moralische Überlegenheit eine Revision von Sexualaufklärung, laschere Ahndung von Gewalt gegen Frauen, Kleidungsvorschriften und Vorgaben für die Kinderzahl.
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