Menschenrechte in Syrien: Karlsruhe soll Folter ahnden
Der Generalbundesanwalt soll gegen den Geheimdienst des Assad-Regimes ermitteln. Die Opfer hoffen auf internationale Haftbefehle.
Wolfgang Kaleck hat sie gefunden. Insgesamt sieben syrische Opfer von Folter nennt das ECCHR (European Center for Constitutional and Human Rights) als Zeugen. Sie erstattete gemeinsam mit dem ECCHR, der Heinrich-Böll-Stiftung und den beiden syrischen Menschenrechtsanwälten Mazen Darwish und Anwar al-Bunni Strafanzeige beim Generalbundesanwalt in Karlsruhe. Sie gehe in Deutschland ein, weil es für ein UN-Tribunal derzeit keine Chance gebe, so das ECCHR. Russland und China blockieren.
Die Strafanzeige richtet sich an sechs Generäle der syrischen Armee, die in drei Gefängnissen systematische Folter an Regimegegnern befohlen haben sollen. Kaleck hofft, dass die Generalbundesanwaltschaft gegen sie internationale Haftbefehle beschließt. Er habe die strukturell angelegte Folter des Regimes im Blick. Nur so käme man an die politisch Verantwortlichen heran.
Gemeinsam planen sie eine baldige Erweiterung der Anklage um weitere Gefängnisse und Täter aus den Reihen des Regimes, sagt Kaleck der taz. Eine Einreichung an nationale Gerichte weiterer Länder sei noch nicht geplant.
Anwalt al-Bunni bezeichnete die Anzeige als „eine Nachricht an die Mörder, an die Opfer und an die internationale Gemeinschaft“. Derzeit konzentrierten sich alle auf einen gemeinsamen Gegner, und das sei der IS, sagt Darwish. Auch die Ermittlungen in Europa konzentrierten sich mehrheitlich auf ehemalige IS-Kämpfer, so Kaleck. „Internationale Gerechtigkeit ist aber unabdingbar für eine Lösung des syrischen Konflikts“, sagt Darwish. Weder er selbst noch ein anderer Flüchtling werde in sein Land zurückkehren, wenn das Assad-Regime straflos weiter regiere.
Die Friedensverhandlungen in Genf scheiterten vor einer Woche genau hier. Er sehe keinen Willen in der Welt für eine Lösung des Konflikts, „denn nicht ein einziger Gefangener ist in vier Jahren Verhandlungen freigekommen“, sagt al-Bunni.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Vorgezogene Bundestagswahl
Ist Scholz noch der richtige Kandidat?
113 Erstunterzeichnende
Abgeordnete reichen AfD-Verbotsantrag im Bundestag ein
USA
Effizienter sparen mit Elon Musk
Bürgergeld-Empfänger:innen erzählen
„Die Selbstzweifel sind gewachsen“
Ein-Euro-Jobs als Druckmittel
Die Zwangsarbeit kehrt zurück
Aus dem Leben eines Flaschensammlers
„Sie nehmen mich wahr als Müll“