Die Wahrheit: Flieg mich zum Mond
Bald soll es Urlaubsflüge rund um den Mond geben. Wäre es da nicht besser, gleich zum Sonnenbaden auf dem Erdtrabanten zu landen?
W er Fliegerenglisch kann, der kann was erzählen. Fliegerenglisch ist laut Angie, die ich in den Jahren, als ich die Hinterhof-Kohlenofenwohnung ohne Dusche bewohnte, im Fitnessstudio kennenlernte, in das ich täglich zum Duschen ging, das Englisch der Stewardessen: „Coffee, Tea or me?“ und weitere grammatikalisch herausfordernde Bonmots. Angie hatte die Fliegerenglisch-Prüfung nicht bestanden, sich darum auf den „Trainer A“-Schein kapriziert und versuchte, mich immer zum Sport zu überreden, „damit sich dit Duschn ooch lohnt, wa!“.
Wieso sie sich nicht bei der Bahn beworben habe, fragte ich damals nicht. An ihr Fliegerenglisch muss ich aber immer denken, wenn mir die vielen „Ab in den Urlaub!“-Werbe-Clips das Gefühl vermitteln, toute Deutschland sei das ganze Jahr über derartig gestresst und urlaubsreif, dass man dem eigentlich nur mit einem anständigen Urlaubsbomber an einen knallheißen Ort begegnen kann. Möglichst weit weg, darf nichts kosten, alles inklusive. Dort, an dem knallheißen Ort (denn zu Hause in Deutschland war man ja während der langen klirrendkalten Wintermonate fast erfroren wie einst Messners Zehen am Himalaja), haut man sich folgerichtig an einen Strand und brutzelt den Stress einfach weg.
Wie Elon Musk, der Chef des amerikanischen Weltraumunternehmens „SpaceX“, überhaupt Touristen für seine im Jahr 2018 geplanten Mondumrundungstrips mit der „Dragon 2“ interessieren möchte, ist mir also schleierhaft. Oder kann man sich eines Tages etwa auch auf dem Mond in die Sonne legen?! Wäre es nicht sinnvoller, direkt eine Reise zur Sonne anzubieten, unter dem überzeugenden Motto: „Solarium galore – auf dem Sonnendeck der Dragon innerhalb einer Sekunde zur Urlaubsbräune“? Wo kann man sich schließlich besser bräunen als am UV-Kern selbst?
Ohnehin sind kompliziertere Ziele angesichts der Umstände schwer zu vermitteln. Bei den SpaceX-Mondtrips ist nämlich gar nichts inklusive, außer einer medizinischen Untersuchung im Vorfeld. Die Astronautensnacks (Dried Icecream und Dried Eisbein-mit-Sauerkraut) kosten garantiert extra, genau wie der „XXL“-Sitz, auf dem man während des Einstiegs in die elliptische Transferbahn zumindest ein Bein aus der gebückten Hockstellung ausstrecken kann.
Und die Konkurrenz schläft nicht: Zu einer größeren Herausforderung könnten für Musk China, Indien und Russland werden, die ebenfalls Weltraumtrips anbieten wollen, und zwar billiger und vermutlich inklusive Mondmietauto. Der Chef der europäischen Weltraumbehörde ESA entwarf neulich gar Pläne für ein „Moon Village“, was schwer nach „gated community“ klingt und damit vielen Urlaubern, denen nicht nach Abenteuern, sondern nach ruhigen Sonnen- und Erdenaufgängen ist, aus der Seele sprechen könnte.
Das Fliegerenglisch reicht übrigens auch bei jenen Trips für das Kabinenpersonal völlig aus. Viel mehr als allen nach der Landung augenzwinkernd einen Marsriegel in die Hand zu drücken, muss man eh nicht tun.
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