Georgischer Film über Familien: Endlich allein sein
Nana Ekvtimishvili und Simon Groß sind nicht das erste Mal auf der Berlinale. In „My Happy Family“ befreit sich eine Frau aus der Enge der Ehe.
Schon mit etwas Patina belegt, sonnig und grün präsentiert sich die georgische Hauptstadt Tiflis in „My Happy Family“ (Originaltitel: „Chemi bednieri ojakhi“). Vor dem urbanen Hintergrund, in warmen Farben und dichten Einstellungen erzählt der jüngste Spielfilm von Nana Ekvtimishvili und Simon Groß vom Auszug und Aufbruch Mananas in ein neues Leben.
Die in sich gekehrte Literaturlehrerin lebt zusammen mit ihrem Mann, den beiden erwachsenen Kindern, mit dem Schwiegersohn und ihren Eltern in einem in die Jahre gekommenen Wohnblock der georgischen Hauptstadt. Ihre Mutter schmeißt den Haushalt, der Sohn hängt vor dem Computer.
Die Abläufe in der überbelegten Wohnung scheinen seit Jahren eingespielt, doch verlaufen sie deshalb nicht unbedingt reibungslos. An ihrem 52. Geburtstag will Manana endgültig nicht mehr Teil dieses Gefüges sein und überrascht die Familie mit ihren Auszugsplänen.
Der plötzliche Alleingang
Die einbestellte Verwandtschaft reagiert verständnislos auf den Alleingang. Kurz darauf genießt Manana in ihrem notdürftig eingerichteten neuen Zuhause das bescheidende Vergnügen, allein sein zu können – nach Jahren wieder Musik hören zu können, Gitarre zu spielen oder am offenen Fenster mit einem Glas in der Hand ein Buch zu lesen.
16. 2., 16.30 Uhr, Delphi Filmpalast; 17. 2., 19.45 Uhr, Colosseum 1; 19. 2., 19.15 Uhr, CineStar 8
Bereits im Jahr 2013 präsentierten Nana Ekvtimishvili und Simon Groß im Forum der Berlinale ihren Spielfilm „Die langen, hellen Tage“ („Grzeli nateli dgeebi“), eine Coming-of-Age-Geschichte zweier Mädchen in der Zeit des georgischen Bürgerkriegs 1992. Nana Ekvtimishvili, 1978 in Tiflis geboren, studierte Drehbuch und Dramaturgie an der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf. Ihr Partner Simon Groß, 1976 in Berlin geboren, besuchte die Filmhochschule in München.
In ihrem aktuellen Forums-Beitrag „My Happy Family“ gelingt es dem georgisch-deutschen Regieduo nun mit prägnanten Momentaufnahmen und in atmosphärisch dichten Bildern, die Entwicklung Mananas filmisch überzeugend zu inszenieren.
Betäubt Tomaten pflanzen
Nach ihrem Auszug aus der Familie lässt der Zustand der Betäubung allmählich nach. Sie richtet sich in ihrem neuen Leben ein, pflanzt Tomaten auf dem Balkon und verwechselt bald nicht mehr Fenchel mit Dill.
Doch als die 52-Jährige, souverän dargestellt von Schauspielerin Ia Shugliashvili, während eines ausgelassenen Klassentreffens durch ihre ehemaligen Mitschülerin erfährt, dass ihr Mann Soso mit einer Exgeliebten einen zwölfjährigen Sohn hat, bricht sie kurz darauf dann doch in ihrer kleinen Wohnung zusammen. Sie empfindet weniger Wut über den verheimlichten Seitensprung, als vielmehr eine nachträgliche Enttäuschung über das unbekannte Leben des Menschen an ihrer Seite.
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