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Emran Feroz über den Abschiebepakt zwischen EU und AfghanistanEin korrupter Deal

Laut der Unterstützungsmission der Vereinten Nationen in Afghanistan (Unama) wurden allein im Jahr 2016 über 11.000 Zivilisten im Land getötet oder verletzt. Dies stellt einen Höchststand seit Beginn der Zählung im Jahr 2009 dar – und doch handelt es sich dabei weiterhin um eine Mindestangabe der Anzahl der zivilen Opfer am Hindukusch. Dennoch machen die Zahlen die Realität im Land deutlich. Dass Menschen aus dem Land fliehen, sollte mehr als verständlich sein.

Trotzdem herrscht kein Verständnis. Vor allem innerhalb der EU will man afghanische Geflüchtete loswerden. Damit dies auch tatsächlich geschieht, wurde auf der Münchner Sicherheitskonferenz am Wochenende ein Abkommen zwischen der Europäischen Union und der afghanischen Regierung unterzeichnet. Kabul soll Abgeschobene aus EU-Staaten aufnehmen, im Gegenzug erhält es Hilfsgelder in Milliardenhöhe.

Dieser Schritt war bereits während der Afghanistan-Konferenz in Brüssel im vergangenen Oktober absehbar. Dabei wissen jene afghanischen Politiker, die für den Deal verantwortlich sind, dass ihr Land nicht sicher ist. Ironischerweise haben sie ihre eigenen Familien schon längst außer Landes geschafft. Ein Beispiel hierfür ist etwa Regierungschef Abdullah Abdullah, dessen Familie in Indien lebt. Ähnlich verhält es sich auch mit Präsident Aschraf Ghani. Seine Kinder sind in den USA aufgewachsen – und leben weiterhin dort. Währenddessen machte Ghani selbst sich äußerst unbeliebt, als er während eines Interviews mit der britischen BBC äußerte, keine Sympathien für jene Afghanen zu hegen, die in diesen Tagen ihre Heimat verlassen und flüchten.

Nach dem vollendeten Abschiebepakt mit der EU werden Präsident Ghani und seine Regierung wohl keineswegs beliebter werden. Es ist ein offenes Geheimnis, dass vor allem die korrupte Kabuler Politelite von den Hilfsgeldern profitieren wird, während die arme Mehrheit in Afghanistan weiterhin leidet.

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