Rückstände von Mineralöl im Essen: Kein konkreter Schutz
Die EU-Kommission empfiehlt Mitgliedsländern, Essen auf Mineralölreste zu untersuchen. Das ist nicht genug, sagen Kritiker.
Kritik kommt von der Verbraucherorganisation Foodwatch: „Mit keiner Silbe fordert die EU-Kommission konkrete Schutzmaßnahmen von der Lebensmittelwirtschaft ein“, sagt Johannes Heeg, Kampagnenleiter bei Foodwatch. Das Problem sei schon lange bekannt.
Tatsächlich hatte die europäische Lebensmittelbehörde EFSA schon im Jahr 2012 in einer Untersuchung festgestellt, dass alle Mineralölrückstände potenziell krebserregend seien, „wenn sie nicht behandelt wurden, um die MOAH zu entfernen.“ Neben den aromatischen MOAH gibt es noch die gesättigten Kohlenwasserstoffe, MOSH genannt. Sie können sich im Körper anreichern und zu Leberschäden führen – krebserregend sind sie aber nicht. Die Behörde schätzt, dass Verbraucher täglich zwischen 0,006 und 0,06 Milligramm MOAH pro Kilogramm Körpergewicht über Lebensmittel aufnehmen.
Die Schadstoffe kommen beispielsweise aus Altpapierverpackungen. Weil auch bedrucktes Papier verarbeitet wird und in vielen Druckfarben Mineralöle enthalten sind, gehen die Rückstände in die Lebensmittel über. Andere Quellen sind Schmiermittel von Maschinen oder imprägnierte Transportsäcke. Das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) geht davon aus, dass besonders trockene Lebensmittel mit großer Oberfläche wie Mehl oder Reis betroffen sind.
„Keine Gesetze ins Blaue hinein“
„Mit der Empfehlung straft die EU-Kommission die Lebensmittellobby Lügen, die immer behauptet, die Lebensmittel könnten unbedenklich verzehrt werden“, sagte Johannes Heeg von Foodwatch der taz. Die Organisation forderte die Europäische Kommission auf, sogenannte funktionelle Barrieren für alle Lebensmittelverpackungen aus Papier vorzuschreiben sowie Grenzwerte für Mineralöle in Lebensmitteln einzuführen. Diese Barrieren sind dünne Filme, die innen auf die Verpackung aufgebracht werden. „Diese können abgewaschen werden, sodass die Verpackung immer noch recycelbar ist“, erklärt Heeg.
Der Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde hingegen begrüßt es, erst einmal Daten zu sammeln: „Man kann keine Gesetze ins Blaue hinein machen“, so Sieglinde Stähle, wissenschaftliche Leiterin des Verbandes. Die bisher vorhandenen Daten seien nicht repräsentativ. Außerdem seien Verpackungen aus frischem Papier sowie Innenbeutel zum Schutz der Lebensmittel vor den Schadstoffen ohnehin schon weit verbreitet. Foodwatch hingegen kritisierte, es mangele nicht an Testergebnissen, sondern an wirksamen gesetzlichen Maßnahmen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Ärzteschaft in Deutschland
Die Götter in Weiß und ihre Lobby
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid