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Freiheit nach fünf JahrenHamburger kann Bahrain verlassen

Seit Mai 2012 durfte Jürgen Ziebell in Bahrain weder arbeiten noch konnte er ausreisen. Schuld daran war sein letzter Arbeitgeber.

Eigentlich ist die Beziehung zu Bahrain gut. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen beim Golf-Gipfel im Dezember Foto: reuters

Bonn taz | Der 11. Januar 2017 dürfte Jürgen Ziebell zeitlebens in Erinnerung bleiben. An diesem Tag konnte der deutsche Geschäftsmann endlich das kleine Königreich Bahrein verlassen und wieder ins heimatliche Hamburg reisen. Seit dem 14. Mai 2012, also über nahezu fünf Jahre, hat er den Golfstaat Bahrain nicht verlassen dürfen. Er war lange Zeit auf deutsche Auslands-Sozialhilfe angewiesen, weil mit dem Reiseverbot auch ein Arbeitsverbot einher ging.

Schuld an seiner Misere war sein letzter Arbeitgeber. Der hatte Ziebell, obwohl dieser längst aus der Firma ausgeschieden war, nicht aus dem Handelsregister in Bahrein austragen lassen. So konnte eine kuwaitische Firma in Bahrain, die mit Ziebells ehemaligen Arbeitgeber im Rechtsstreit lag, eine Ausreise- und Konto-Sperre gegen den ehemaligen Angestellten Ziebell erwirken. Ziebell stand schnell mittel- und rechtlos da.

Die Veranlasugn eines solchen „Reiseverbots“ kostet in Bahrain nur 60 Euro und ist erstaunlich einfach zu erwirken. „Es bedarf keines Gerichtsverfahrens oder einer Anhörung. Es gibt nicht einmal eine schriftliche Mitteilung über diese Maßnahme,“ sagt Jürgen Ziebell. Die damalige deutsche Botschafterin in Bahrain, Sabine Taufmann, die Ziebell um Beistand ersuchte, war keine große Hilfe. Sie fand innerhalb von drei Jahren keine Zeit für ein persönliches Gespräch mit dem in Not befindlichen deutschen Staatsbürger. Vielleicht war sie anderweitig zu sehr beschäftigt. Auf ihre Berliner Adresse wurde kurz vor Dienstantritt in Bahrain eine Handelsfirma angemeldet.

Auf Anfragen etwa Menschenrechtspolitikerin Annette Groth, Bundestagsabgeordnete der Linken, hat Bundesregierung stets behauptet, sie setze sich intensiv für die Freiheit Ziebells ein. Aber auch Bundestagsabgeordnete wie etwa die Grüne Claudia Roth fanden bei offiziellen Besuchen in Bahrein „keine Zeit“, Ziebell zu besuchen oder seinen Fall wenigstens offiziell anzusprechen.

Erst der seit 2015 im Amt befindliche deutscher Botschafter, Alfred Simms-Protz, hat sich laut Ziebell vom ersten Tag seines Amtsantritts an für den deutschen Staatsbürger eingesetzt. Dieser Einsatz hat letztlich Wirkung gezeigt und zur Ausreise des Deutschen aus Bahrain geführt.

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16 Kommentare

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  • Im Handelsregister (D) werden bei einer GmbH Geschäftsführer (auch Geschäftsführende Gesellschafter) und Prokuristen eingetragen.

     

    Geschäftsführer und Prokuristen sind natürlich Arbeitnehmer der GmbH.

  • Wäre doch interessant gewesen, den Herrn Stinmeier oder die Frau Merkel nach ihrer Verantwortung für deutsche Staagtsbürger im Ausland zu befragen. Wäre ja nicht der erste Fall, in dem Deutche im Ausland vergessen wurden. Mir fallen da Genscher, Chile , Steinmeier, Guantnamo ein,

  • Also stimmt alles nicht und er hätte ausreisen können? Wollen Sie uns das mitteilen?

    Aber wie war es dann wirklich?

    • @albert992:

      Er hätte wohl ausreisen können, wenn mit seiner Funktion und Tätigkeit für die Firma in Bahrain alles korrekt gelaufen wäre.

  • Arbeitnehmer werden im Handelsregister überhaupt nicht aufgeführt und Geschäftsführer sind in aller Regel keine Arbeitnehmer, weil ihre Tätigkeit im Einzelnen nicht weisungsgebunden ist. Die Personen, die im Handelsregister als irgendwie Verantwortliche für eine Firma geführt werden, können natürlich erst dann "ausgeschieden" sein, wenn sie aus dem Handelsregister gelöscht wurden. Ansonsten würde ein Handelsregister auch gar keinen Sinn ergeben.

    • @Rainer B.:

      Und weil das in Buxtehude so ist, muß es in Bahrain genau so sein!!1elf!

      • @Wurstprofessor:

        In einer globalisierten Handelswelt wird man durchaus davon ausgehen können.

    • @Rainer B.:

      "...Geschäftsführer sind in aller Regel keine Arbeitnehmer..."

       

      ... zumindest im europäischen Ausland ist das anders. Ich kann z.B. als Eigentümer einer Kapitalgesellschaft einen GF einstellen, der dann als Arbeitnehmer gilt.

      • @jhwh:

        Das wird auch in D gemacht. Natürlich kann man einen Geschäftsführer anstellen.

        • @warum_denkt_keiner_nach?:

          Klar kann man das, aber siehe mal hier:

          https://rechtsanwaltarbeitsrechtberlin.wordpress.com/2010/08/20/geschaftsfuhrer-arbeitnehmer/

          • @Rainer B.:

            Ich vermute eher folgende Konstellation: Ziebells Arbeitgeber hat für das Projekt in Bahrein eine eigene Gesellschaft gegründet und dort Ziebell als Geschäftsführer bestellt. Ist ein durchaus übliches Verfahren bei Projektgesellschaften, insbesondere im Ausland.

             

            Ziebell war somit zwar Geschäftsführer der Gesellschaft und als solcher dort im Handelsregister eingetragen, tatsächlich aber aufgrund seines Dienstverhätlnisses gegenüber dem Arbeitgeber auch im Rahmen seiner GF-Tätigkeit weisungsgebunden. Die Gesellschaftsanteile dürften auch im Besitz des AG sein. Vermutlich wurde noch zusätzlich ein Beherrschungsvertrag geschlossen.

             

            Der Hintergrund ist, dass es ein im jeweiligen Land ansässige und gemeldete Gesellschaft in der Regel dort leichter hat als eine ausländische, u.U. kommen auch noch steuerliche Vorteile dazu. Dann wird eben eine Projektgesellschaft gegründet, über die dieses Projekt läuft und der vor Ort leitende Angestellte zum Geschäftsführer gemacht.

             

            Verlässt dann dieser Angestellter das Unternehmen, wird natürlich ein neuer GF gesucht. Ich vermute mal, dass der AG daran auch gedacht hat. Nur die HR-Änderung hat er vermutlich vergessen.

            • @sart:

              Möglich ist da vieles, Genaues weiß man hier aber nicht.

              Geschäftsführer sind per se - anders als Arbeitnehmer - direkt unterhalb des Vorstands angesiedelt. Manchmal sind sie Mitgesellschafter, oft aber auch nicht. Gegenüber der Gesellschaft sind sie haftbar, dh. sie "führen" die Geschäfte selbständig und vertreten die Gesellschaft nach aussen in dem Rahmen, der vertraglich vereinbart wurde. Ich würde JHWH (unten) darin zustimmen, dass die Löschung aus dem HR immer auch mit zu seinen Aufgaben gehört und er sich nicht damit herausreden kann, sein Arbeitgeber hätte das versäumt.

              http://www.juraforum.de/lexikon/gmbh-geschaeftsfuehrer

              • @Rainer B.:

                Da können Sie im zustimmen, dass ein GF nach seiner Abberufung noch die ihn betreffende HR-Änderung veranlasst, ist aber mehr als ungewöhnlich. Sowas fällt regelmäßig eher in den Aufgabenbereich des neuen GF.

                 

                Umso mehr in der hier vorliegenden Situation (die meiner Recherche nach meiner Vermutung entspricht), wo der GF seine Stellung nur aufgrund seiner AN-Tätigkeit bei einer anderen Gesellschaft der Gesellschafter hat.

                 

                Darüber hinaus war Ziebell wohl schon mehrere Monate nicht mehr bei seinem ehemaligen AG beschäftigt und kam wegen einer anderen Sache nach Bahrain zurück.

                 

                Wieso der GF direkt unterhalb des Vorstands angesiedelt sein soll, weiß ich nicht. Der Vorstand selbst ist das GF-Organ. Ein GF ist in der Regel auch nicht mal so pauschal haftbar, sondern nur unter ganz bestimmten Umständen.

                • @sart:

                  Hallo, Ihre Vermutungen sind "fast" richtig ... Nur bewirkt die Austragung aus dem HR nicht, das sie sich als GF für alles das verantworten müssen, notfalls auch vor Gericht, was sie im Rahmen Ihres Dienstes unterschrieben haben ... Ich kann das deswegen so feststellen, weil ich die 2. Unterschrift unter besagtem Dokument neben Herrn Z. geleistet habe ...

                • @sart:

                  Wenn eine Gesellschaft einen Geschäftsführer wechselt, geschieht dies entweder mit Vertragsablauf, oder nach vorheriger Ankündigung eines neuen GF. In jedem Fall kann und sollte der ausscheidende GF seine fristgerechte Löschung aus dem HR in die Wege leiten, denn so lange er im HR gelistet ist, bleibt er nach aussen weiterhin GF - unabhängig von irgendwelchen internen Änderungen. Was die Haftung des GF angeht, empfehle ich weiterhin die Beiträge im Juraforum (siehe Link oben).

            • @sart:

              Vielleicht hat auch der AG den GF mit der HR-Änderung beauftragt und der hat es wegen des laufenden Rechtsstreits "vergessen".

               

              Egal, der eigentliche Hammer ist natürlich das Verhalten der deutschen Botschafterin. An Ziebells Stelle wäre ich da sehr (sehr !) nachtragend.