: Netzwerk am Ball
FRAUENFUSSBALL Spielerinnen aus dem Nahen Osten treffen sich in Berlin
Es ist kühl, leichter Regen setzt ein. Trotz Schmuddelwetter haben sich knapp 40 Frauen zum Fußballspielen eingefunden. Auf dem Lobeckplatz in der Nähe des Kottbusser Tors spielen sie auf zwei Kleinfeldern, sieben gegen sieben. Drei Teams stellen die Spielerinnen des DFC Kreuzberg: Sie hier zu sehen überrascht nicht sonderlich. Die Frauen aus Team vier aber sind weit gereist: Sie stammen aus dem Libanon, aus dem Irak, aus Saudi-Arabien und Jordanien. Sie nehmen derzeit an einem Forum zu Frauenfußball und Empowerment teil.
Hinter dem Expertinnenforum und dem Miniturnier im Nieselregen steckt das Projekt Discover Football und der Frauenfußballclub DFC Kreuzberg. Discover Football ist eine Berliner Initiative, die sich für die Verbreitung und die Rechte des Frauenfußballs einsetzt. Für ihr Engagement auf und außerhalb des Platzes haben die jungen Berlinerinnen gerade den mit 2.500 Euro dotierten Engagement-Preis der Friedrich-Ebert-Stiftung bekommen. Discover Football geht zurück auf ein Spiel zwischen dem Berliner Team Al-Dersimspor und der iranischen Frauenfußballnationalmannschaft in Teheran 2006, das durch den Film „Football Under Cover“ legendär geworden ist.
Über Grenzen hinweg
Bei dem aktuellen Forum geht es um die Vermittlung von Wissen sowie den Austausch und die Kommunikation über nationale und kulturelle Grenzen hinweg. „Das Wichtigste ist der Aufbau von Netzwerken“, erklärt die jordanische Nationaltorhüterin Mesada Naseem Ramounieh. „Letzte Woche noch habe ich vergeblich versucht, jemanden in Tunis zu erreichen, und jetzt treffe ich die Leute hier persönlich.“
Ramounieh, die zu denjenigen gehört, die der Fifa mit Beharrlichkeit und Engagement eine Aufhebung des Kopftuchverbots abgetrotzt haben, ist eine von vielen Nationalspielerinnen, die hier auf dem Feld stehen. Im ersten Spiel läuft bei der arabischen Best-of-Auswahl noch wenig zusammen. „Man hat schon gemerkt, dass die alle sehr gut am Ball sind“, sagt Fatima, eine der Spielerinnen des DFC. Nur spielt die Nahostformation eben zum ersten Mal dieser Konstellation zusammen. Ramounieh im Tor und die kompromisslose Abwehrarbeit der Irakerin Bayda Rashid retten immerhin ein 0:0.
Schnell in Führung
Im zweiten Spiel platzt der Knoten: Das Expertinnenteam geht schnell in Führung, am Ende siegen die Frauen aus Nordafrika und Nahost deutlich mit 5:2. So richtig wichtig sind die Ergebnisse an diesem Mittwochabend aber nicht: „Was mich am meisten fasziniert“, erzählt die libanesische Nationalspielerin Nadia Assaf, „ist zu sehen, dass es so viele Frauen gibt, die sich für diesen Sport engagieren und die sich dabei auch nicht von Grenzen aufhalten lassen.“
Sie weiß, was Grenzen zu überwinden bedeutet: Sie ist in Australien aufgewachsen, hat in England studiert. Heute betreibt sie in Beirut die erste Fußballakademie im Nahen Osten, die sich ausschließlich an Frauen und Mädchen wendet. JAN TÖLVA
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