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Verstorbene Architektin Zaha HadidGewaltige Ambitionen

Die unrealisierten Entwürfe der Architektin Zaha Hadid zeigen ihre radikale Architektursprache. Sie formte, zerrte und zersetzte den Raum.

Ein fließender Übergang zwischen Natur und Kultur Foto: Zaha Hadid

Steil steigt der Berg an hinter Hongkong. Lärm und Hektik bleiben unten im Tal. Auf 500 Meter Höhe sind nur leise Stimmen zu hören, Gläserklirren, Jazz – das Gebäude, aus dem sie kommen, ist ein Krähennest, geduckt schmiegt es sich an den Grund. Seine scharfen Kanten nehmen die Formen der felsigen Strukturen auf. Ist es nur der Berg, der sich verzerrt? Eine optische Täuschung? Nichts?

Es ist nichts, aber es hätte sein können. Der Wettbewerbsentwurf für den Peak Leisure Club, ein Luxus-Resort auf dem Victoria Peak hoch über Hongkong, für den Zaha Hadid 1983 den ersten Preis bekam, wurde nie realisiert. So wenig wie andere Entwürfe in den ersten 17 Jahren ihrer Karriere, die, zwar hoch gelobt, an der Umsetzung scheiterten: zu radikal, zu aufwendig, zu teuer. Lange bevor Zaha Hadid für ihre Spektakulärbauten von der britischen Zeitung The Guardian zur „Queen of the Curve“ ernannt wurde, war sie in den 80er Jahren berühmt, als jene Avantgardistin, die nie etwas bauen wird.

Inzwischen stehen Hadids Opernhäuser, Bürogebäude, Skispringanlagen in Innsbruck, Osaka, Cincinnati und an anderen Orten. Sie lassen ihren nie realisierten Nachlass fast vergessen. Dabei zeigt sich in den Entwürfen ihrer Anfangszeit, was später Hadids architektonische Handschrift, ihre „Zaha-ness“ wie der Guardian schrieb, ausmacht.

Auf dem Papier formte, zerrte, zersetzte sie den Raum, befreit von architektonischen Konventionen, befreit von technologischen Möglichkeiten. Ihre Zeichnungen für das Hongkong-Peak-Projekt verdeutlichen das. Sie verwandeln die Landmassen, die das Grundstück des geplanten Luxus-Resorts umgeben, in ein irisierendes Netzwerk geometrischer Formen. Der Unterschied zwischen Natur und Architektur verschwimmt, Hongkongs Straßenschluchten sind Rillen im Berggestein, der Berg zugleich logischer Fortsatz der Stadt, das Gebäude ein Massiv künstlicher Klippen, reorganisiert zu einem „man-made mountain“, einer gewaltigen Ambition. „Suprematist Geology“ nannte Hadid diese interventionistische Architektur.

Der „monströse“ Zug ihrer Gebäude

1994 gelang ihr der Schritt ins Konkrete: Die Feuerwache in Weil am Rhein, ihr erstes und – vergleichsweise – kleines Projekt, ist ein architektonisches Manifest mit schrägen Wänden und Decken. Hadid sagte, sie habe das Warten der Feuerwehrmänner darstellen wollen. Diese jedoch hatten mit der Architektur ein Problem: sie beschwerten sich, das Gebäude lenke sie beim Arbeiten ab.

Immer wieder kassierte Zaha Hadid Kritik, die den „monströsen“ Zug ihrer Gebäude betraf. So, als wäre der Kraftakt der Übersetzung, vom Ideellen ins Materielle ihnen nicht gut bekommen. Denn wenn es darum geht, die Natur zu reorganisieren, werden bescheidene menschliche Bedürfnisse, wie Wärme und Übersichtlichkeit, zur Nebensache.

Trotzdem oder gerade wegen ihrer Kompromisslosigkeit wurde Zaha Hadid als erste Frau überhaupt ein Architektur-Star. Ihre Kultbauten verhelfen ganzen Regionen zu touristischem Aufschwung.

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1 Kommentar

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  • Vielleicht ist es das, was die Feuerwehrleute von Weil am Rhein hatten sagen wollen mit ihrer Kritik: Architekten sollen die Natur nicht "reorganisieren" im Interesse der Tourismusindustrie und ehrgeiziger Stadtbauräte. Sie sollen den Bedürfnissen der Nutzer neuer Gebäude gerecht werden mit ihren Entwürfen.

     

    Mag sein, dass das Bedürfnis nach Wärme und Orientierung "bescheiden[]" anmutet aus Sicht mancher Egoshooter, die es schon warm und übersichtlich haben. Es ist aber immerhin ein sehr natürliches Bedürfnis des Menschen. Eins, das nicht ignoriert sondern bedient werden sollte. Vor allem in Zeiten, in denen die restliche Gesellschaft beginnt, sich ernsthafte Gedanken um die artgerechte Haltung von Hühnern und Kühen zu machen.

     

    Feuerwehrleute sind schließlich wichtig. Auch für die, die oben auf dem Hügel kokeln. Und überhaupt: Feuerwehrleute können sich nicht sehr gut wehren gegen architektonische Zwangsbeglückungen. Die High Society schon. Und zwar vor allem dann, wenn eine Frau damit die Wettbewerbe rockt.

     

    Die High Society hat schließlich Geld. Geld, das die Super-Architekten gerne hätten. Geld, das nicht den Besitzer wechseln braucht, wenn das nicht alle Seiten wirklich glücklich macht. Und welcher wirklich reiche Mann muss denn schon einer Frau aus dem Irak, die bisher nirgendwo auf dieser Welt 'nem anderen sehr reichen Mann seinen privaten Penis-Ersatz hingeklotzt hat, im Interesse seines Images ein Projekt abkaufen?

     

    Heißt es nicht immer, die Freiheit käme (fast) von selber mit dem Geld? Sieht aus, als wäre da was dran. Die Häuser wirklich reicher Leute jedenfalls würden den meisten armen Leuten auch gefallen. In den Prestigeprojekten wohnen die wirklich reichen Leute selbst fast nie. Es sei denn, dass ihr Ego sie dazu gezwungen hat. Ganz frei von sich sind schließlich auch die richtig reichen Leute nicht.