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Syrien nach dem Fall von AleppoDas Ziel heißt Idlib

Rebellen aus Aleppo und ihre Familien sollen nach Idlib evakuiert werden. Doch die Provinz im Nordwesten Syriens wird von Islamisten kontrolliert.

Rebellenkämpfer beim Training: Auch in Idlib wird gekämpft Foto: reuters

Berlin taz | Die Provinz Idlib im Nordwesten Syriens hat schon zahlreiche Rebellen aufgenommen. Immer, wenn es ein Abkommen zwischen dem Regime und belagerten, ausgehungerten Menschen aus anderen Orten gibt, werden Kämpfer und ihre Angehörigen in diese Provinz gebracht, die von Rebellengruppen kontrolliert wird. Nun sollen auch die Rebellen aus Aleppo und ihre Familien dorthin evakuiert werden.

Die mehrheitlich sunnitische Provinz, deren Hauptstadt ebenfalls Idlib heißt, war schon zu Beginn der – zunächst friedlichen – Proteste gegen das Assad-Regime 2011 Schauplatz von Demonstrationen. Während des Aufstands eroberten Rebellen 2012 kurzzeitig die Stadt, ehe sie von der syrischen Armee wieder vertrieben wurden.

Bei der „zweiten Schlacht von Idlib“ eroberte eine Rebellenallianz die Stadt im März 2015 erneut. Im Überschwang dieses Erfolges kündigte das größte syrische Oppositionsbündnis im Ausland den Umzug von Istanbul nach Idlib an; dies wurde jedoch nie umgesetzt.

Idlib war nach der Eroberung der Stadt Rakka im Nordosten des Landes Anfang 2013 die zweite Provinzhauptstadt, die in die Hände von Rebellen fiel. Beide sind eher regionale Zentren denn Großstädte.Nach ihrem Sieg in Idlib belagerten die Rebellen die beiden schiitischen Orte Al-Fuah und Kafriya. Am Donnerstag waren Busse und Krankenwagen unterwegs dorthin, um Kranke und Notleidende zu evakuieren – eine iranische Bedingung für die Feuerpause in Aleppo.

Heute wird Idlib von islamistischen Gruppen kontrolliert. Dazu gehört die salafistische Ahrar al-Scham und Jabhat Fateh al-Scham, die früher Nusra-Front hieß und der syrische Ableger des Terrornetzwerks al-Qaida war.

Ein sicherer Hafen für die Rebellen aus Aleppo ist Idlib jedoch nicht. Die Provinz wird immer wieder von syrischen oder russischen Flugzeugen bombardiert.

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20 Kommentare

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  • Der Artikel ist skurril. Es ist naheliegend, dass die Evakuierten aus Aleppo Islamisten sind und genau deshalb nach Idlip wollen. Aus ihrer Sicht ist es nur logisch, dass sie nicht im Einflussbereich von Assad bleiben wollen. Vielleicht war genau das sogar Teil des Abkommens. Auf die Idee kommt der Autor ja irgendwie gar nicht.

  • Merkel, die deutsche Regierung, soll aufhören mit den Sponsoren des IS, Saudi-Arabien, Katar aber auch mit der Türkei zusammen zu arbeiten. Auch dürfen keine Waffen mehr in die Region geliefert werden, die Sanktionen gegen Syrien müssen aufgehoben werden und die nicht legitimierte Oppositionsregierung in Istanbul, die Nationale Koalition der syrischen Revolutions- und Oppositionskräfte, die mit Terroristen zusammenarbeitet, darf nicht länger von Deutschland unterstützt und mitfinanziert werden.

    • @Medienkritiker:

      @MEDIENKRITIKER Eine naheliegende und lobenswerte Idee, den Krieg auszutrocknen, indem man den Waffen-Nachschub abschneidet. Leider zeigt die Erfahrung, dass das nicht funktioniert. Bereits voriges Jahr wurde genau das in der UNO gefordert. Auch Russland wurde aufgefordert, mitzuziehen und seine Waffenlieferungen an das Assad-Regime zu beenden. Putin tat sehr erstaunt: Syrien sei doch international anerkannt und es gäbe gültige Verträge, wo also sei das Problem?

       

      Mich har gewundert, dass diese Äußerung Putins kaum jemand aufregte. Aufregung gab es dagegen – und zu Recht - als bundesdeutsche Waffenlieferungen an Kuwait und Saudi Arabien bekannt wurden. Offenbar messen manche Leute mit zweierlei Maß, denn auch diese Staaten sind international anerkannt und gültige Verträge gibt es wohl auch.

  • Man könnte glatt auf die Idee kommen, dass Assad mit Absicht alle seine Gegner, egal welcher Fraktion sie angehören, in Idlib versammelt sehen möchte. Dann wird er seine Bomberflotte, die in Aleppo nicht mehr gebraucht wird, mit dem neuen Ziel Idlib losschicken, damit sie auch dort ganze Stadtteile in Schutt und Asche legt.

     

    Die Zivilisten, die sich aus Aleppo hierher bringen ließen und glaubten, sie seien dem Horror entronnen, werden stattdessen vom Regen in die Traufe geraten!

    • @Pfanni:

      "Die Zivilisten, die sich aus Aleppo hierher bringen ließen und glaubten, sie seien dem Horror entronnen, werden stattdessen vom Regen in die Traufe geraten!"

       

      Halten Sie die Leute wirklich für so naiv? Sie wissen schon, worauf sie sich einlassen. Scheinbar gibt es in Syrien noch Menschen, die an eine große Kriegswende glauben. Worauf sich dieser Glaube gründet, ist mir zwar nicht klar (Wunder ?, Wunderwaffen?), aber er muss vorhanden sein.

  • Derjenige, der als erster den Begriff "Evakuieren" ins Spiel gebracht hat, hat sich schon etwas dabei gedacht. Klingt aber meiner Meinung nach recht harmlos. Evakuiert wird ja eher im Falle z.B. eines Feueralarms. Die aktuelle Aktion in Aleppo ist doch eher eine Deportation oder zumindest Umsiedlung, oder? Es wäre schön, wenn die Journalisten nicht einfach die Begriffe, die von bestimmten Konfliktparteien ins Spiel gebracht werden, nochmal überdenken würden.

    • @BintAdam:

      Die Zivilisten dürften ja dableiben bzw. in ihre Häuser zurück, wenn diese für sicher erklärt wurden. Allerdings wollen die verbliebenen Leute aus verschiedenen (teils nachvollziehbaren) Gründen nicht bleiben, wenn Assad die Stadtteile übernimmt.

    • @BintAdam:

      Ethnische Säuberung einer Stadt die mal 2,3 Millionen Einwohner hatte. Die Eingeschlossenen in Ost-Aleppo wurden doch u.a. auf Flugblättern vor die Wahl gestellt: In den grünen Bus nach Idlib oder ihr werdet getötet.

      Demnächst fallen dann die Bomben auf Idlib.

      • @JoWall:

        Da haben Sie etwas falsch verstanden.

        Die Mehrzahl der eingeschlossenen Zivilisten ist in den Westteil der Stadt geflüchtet. Die Tickets nach Idlib gibt es hauptsächlich für "Rebellen" und deren Familien. Aber auch die hatten die Möglichkeit, sich zu ergeben und einem Regierungsversprechen auf Amnestie zu vertrauen. Einige hundert haben das wohl auch getan.

         

        Das Vorgehen ist nicht neu. Es hat bei der Evakuierung von Homs und einigen Vorstädten von Damaskus bereits ohne Zwischenfälle funktioniert.

        • 7G
          74450 (Profil gelöscht)
          @jhwh:

          Wir wissen ja, was das Regierungsversprechen auf Amnestie wert ist: http://www.amnesty.de/2016/12/13/aleppo-berichte-ueber-exekutionen-deuten-auf-kriegsverbrechen-hin

          • @74450 (Profil gelöscht):

            Der hauseigene taz-Artikel (Link) bestätigt aber, dass die da gut hinpassen.

             

            Wenn man sich erst breit über Erfolge von Islamisten, Al Quaida, Unterstützung aus Katar usw. freut, was jammert man dann über die Familienzusammenführung in Idlib? Wenn sich die Freunde da wieder sehen? Mal abgesehen davon, dass der Artikel (Link) für mich eine Verhöhnung der zivilen Opfer (durch die angehimmelten Genossen) darstellt.

            • 7G
              74450 (Profil gelöscht)
              @Jens Egle:

              Ihr Zynismus ist beschämend...

              • @74450 (Profil gelöscht):

                Ihr Spiegelbild spricht...

            • @Jens Egle:

              bzgl. @Dhimitry (unten)

  • „Heute wird Idlib von islamistischen Gruppen kontrolliert. Dazu gehört die salafistische Ahrar al-Scham und Jabhat Fateh al-Scham, die früher Nusra-Front hieß und der syrische Ableger des Terrornetzwerks al-Qaida war.“

     

    Das ist nicht verwunderlich, denn es waren genau diese islamistischen Gruppen, die die Stadt in der „zweiten Schlacht von Idlib“ eroberten.

     

    Es ist auch nicht verwunderlich, dass die Kämpfer, die in Aleppo auch dann noch fanatisch weiter gekämpft haben, als die Schlacht schon längst verloren war, jetzt zu den Islamisten nach Idlib gehen. Sie gehen zu Freunden.

  • Wir haben es hier mit einer klassischen Tragödie zu tun. Samantha Power (USA) und Vitaly Churkin (RUS) beschimpfen sich gegenseitig über ihre Syrien-Politik. Und beide haben ein bisschen recht. Doch keiner von beiden sieht die Lage objektiv. Denn beide sehen den Fehler nur beim jeweils Anderen. Das macht den Kern der Tragödie aus: "Wer von euch ohne Schuld ist, der werfe den ersten Stein." Dieses alte biblische Gleichnis scheint bei den Supermächten in Vergessenheit geraden zu sein. Wirklich tragisch.

  • Da passen die gut hin...

     

    "Erfolg der Rebellen im syrischen Aleppo

    Neue Bündnisse, neue Waffen

     

    Die Tage der Aufständischen in Aleppo schienen gezählt. Doch nun kam die überraschende Wende. Wie schafften sie es, wieder stärker zu werden?" http://www.taz.de/!5325264/

     

    Ja wie schafften die das nur?

    "„Es ist unsere Geschlossenheit“, sagen Rebellenkommandanten. „Vereint sind wir unschlagbar...Für die Rebellen stand einer Kooperation mit den radikalen Salafisten jetzt nichts mehr im Wege. Zusammen mit Ahrar al-Scham...Dank der reichen privaten Finanziers in den Golfstaaten sowie der Hilfen aus Katar leiden sie auch nicht unter Finanz- und Nachschubschwierigkeiten. Zudem scheuen sie nicht vor dem Einsatz von Selbstmordattentätern zurück, die auch jetzt in Aleppo eine zentrale Rolle dabei spielten, die feindlichen Linien zu durchbrechen."

    • @Jens Egle:

      "Die Nusra-Front, der syrische Arm von al-Qaida, hat sich Ende Mai überraschend in „Front zur Eroberung der Levante“ umbenannt und von der islamistischen Terrorgruppe losgesagt."

       

      Wer's glaubt...

       

      "Für den Westen änderte sich nichts"

       

      Idlib ist sowas wie Familienzusammenführung...

      • 7G
        74450 (Profil gelöscht)
        @Jens Egle:

        "Da passen die gut hin..."

         

        "Idlib ist sowas wie Familienzusammenführung..."

         

        Diese Art der Kommentare sind gemeint, wenn an anderer Stelle von einer Verhöhnung der Opfer des Krieges gesprochen wird!

  • "Heute wird Idlib von islamistischen Gruppen kontrolliert. Dazu gehört die salafistische Ahrar al-Scham und Jabhat Fateh al-Scham ..."

     

    Nee, echt jetzt? Das hat man in Aleppo bestimmt nicht gewusst. Sonst hätte sich doch niemand dorthin evakuieren lassen.