piwik no script img

Stolpersteine für Anlieger

GrundstückseigentümerInnen sollen für bessere und neue Straßen mitbezahlen. Der Senat sieht darin eine Normalisierung Berlins. Opposition hält den Plan für „Abzocke“

Das Wort ist zwar nicht schön, aber dafür ist es neu, dieses „Straßenausbaubeitragsgesetz“. Dahinter steckt das Senatsvorhaben, GrundstückseigentümerInnen an den Kosten für Tiefbauarbeiten an Straßen zu beteiligen. So will das chronisch klamme Land seine Kassen aufbessern. Um die misstrauischen BerlinerInnen zu beruhigen, versprach Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) gestern bei der Vorstellung des Gesetzentwurfs, die Betroffenen an den Bauplanungen zu beteiligen. Doch über die genauen Kosten für die EigentümerInnen – und damit auch eventuelle MieterInnen – schweigt die Senatorin. CDU und FDP kritisieren das Vorhaben.

Zwar beteuert Junge-Reyer, niemand müsse künftig „für Instandsetzungsarbeiten einer Straße oder für das Flicken von Schlaglöchern zahlen“. Nur bei „Ausbaumaßnahmen einer bereits bestehenden Straße“ müssten Grundstückseigentümer ran. Wie viel jemand zahlen muss, soll von vier Faktoren abhängen: der Grundstücksgröße, der planungsrechtlich möglichen Geschosshöhe, der vom Baurecht zugelassenen Geschossanzahl und der Art der Straße.

Doch mit konkreten Zahlen hält sich die ansonsten für ihre Genauigkeit bekannte Senatorin zurück. Obwohl der Senat das Gesetz unter anderem damit begründet, dass mit Ausnahme Baden-Württembergs und Berlins alle Bundesländer über ähnliche Regelungen verfügten, will Junge-Reyer keine möglichen Einnahmesummen schätzen. Selbst den nahe liegenden Vergleich mit Erfahrungen im Stadtstaat Hamburg will die Stadtverwaltung offiziell nicht gezogen haben. Auch wie der Senat sein Versprechen halten will, dass Eigentümer ihre Extrakosten nicht auf ihre Mieter umlegen können, sagte die Senatorin nicht.

Vor der Verabschiedung des Gesetzes durch das Abgeordnetenhaus im kommenden Frühjahr stehen noch harte Verhandlungen an – auch innerhalb des Regierungskoalition. Die Linkspartei hat ihrem Partner SPD die Zustimmung zum Gesetz nur unter Auflagen zugesichert. So fordert deren Parlamentarischer Geschäftsführer Uwe Doering eine Beteiligung der AnliegerInnen: „Dies gilt insbesondere für den Umfang, in dem die Straßen ausgebaut werden sollen, und für die Festlegung der Standards.“ Im Klartext: Wenn die AnliegerInnen gegen eine geplante Parkbucht sind, dann kommt sie auch nicht. Letztlich solle die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) die Maßnahmen beschließen.

CDU und FDP kritisieren, das Gesetz erhöhe die Abgabenlast der BürgerInnen. Die FDP spricht von „Abzocke“. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Union, Uwe Goetze, befürchtet zudem Mieterhöhungen insbesondere bei den städtischen Wohnungsbaugesellschaften.

MATTHIAS LOHRE

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen