piwik no script img

Bundestagswahl 2017Linke sucht Spitzenteam

Am Wochenende soll entschieden werden, wer die Linkspartei in den Wahlkampf führt. Harmonisch geht es dabei nicht zu.

Wen schlägt Parteichefin Katja Kipping vor? Foto: dpa

Berlin taz | Die CDU hat eine, die SPD will ihren im Januar bekannt geben und die Linkspartei legt sich wohl am Wochenende fest: Am Samstag und Sonntag kommt in Berlin der Bundesvorstand der Linkspartei zusammen, um zu klären, mit welchen SpitzenkandidatInnen die Partei in den Wahlkampf zieht. „Ich gehe von einer einvernehmlichen Lösung aus, die die Chance für ein gutes Ergebnis der Linken erhöht“, sagte Bundestagsfraktionschef Dietmar Bartsch am Mittwoch der taz.

Die Entscheidung fällt unter Druck: Ende September hatten Bartsch und seine Kofraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht auf einem internen Treffen erklärt, nur als gemeinsames Duo, aber nicht für eine Viererlösung zur Verfügung zu stehen. Der Auftritt der beiden, die als VertreterInnen von Fundi- und Realoflügel gelten, wurde von Parteimitgliedern als „Erpressung“ und „Kampfansage“ an die Parteichefs Katja Kipping und Bernd Riexinger verstanden.

Noch ist nicht ausgemacht, dass Wagenknecht und Bartsch alleinige SpitzenkandidatInnen werden – auch wenn sie gute Karten zu haben scheinen. Aber hinter den Kulissen wird nach wie vor kräftig gerungen. „Wir brauchen eine Lösung, die sichert, dass die Partei geschlossen in den Wahlkampf zieht“, sagte Bundesschatzmeister Thomas Nord der taz.

Setzen sich Wagenknecht und Bartsch auf der Sitzung am Wochenende ohne weiteres durch, steht die Parteispitze als Verliererin da. Aber auch die Fraktionschefs sind mit ihrer Aktion ein Risiko eingegangen: Schlägt der Vorstand unerwartet doch ein Viererteam vor, müssten sie entweder zurückrudern – oder den offenen Konflikt suchen.

Zwar ist die Kür des Teams bei der Linken nicht ganz so aufgeladen wie bei CDU oder SPD, weil die Frage nach der KanzlerInnenschaft nicht im Raum steht. Trotzdem ist damit klar, wer den Wahlkampf an vorderster Front führt und auch die inhaltliche Linie prägt.

Frauen im Clinch

Was etwa ein rot-rot-grünes Bündnis angeht, liegen die Positionen gerade der beiden Spitzenfrauen Wagenknecht und Kipping deutlich auseinander. Zudem steht die Fraktionschefin für ein traditionelleres, die Parteivorsitzende für ein mehr undogmatisch-emanzipatorisches linkes Politikverständnis.

Ich gehe von einer einvernehmlichen Lösung aus

Fraktionschef Dietmar Bartsch

Diskutiert werden soll am Wochenende auch ein neuer Strategieentwurf, der der taz vorliegt – nachdem der erste des Wahlkampfleiters Matthias Höhn im September vom Parteivorstand mehrheitlich abgelehnt worden war. Höhn hatte sich dafür ausgesprochen, die Partei mit einem klaren Bekenntnis zu Rot-Rot-Grün in den Wahlkampf 2017 zu führen. Dieser Fokus ist nun zugunsten eines eigenständigen Wahlkampfs getilgt.

„Wir werden keine abstrakten parteipolitischen Farbenspiele betreiben, die ohnehin wenig begeistern. Spannender (…) ist die Diskussion über Inhalte und konkrete Projekte eines Politikwechsels mit der Linken“, heißt es in dem Papier. Während im ersten Entwurf SPD und Grüne zudem nur als „Konkurrenten“, CDU, AfD und FDP aber als „Gegner“ bezeichnet wurden, werden die Parteien nun einfach jede für sich betrachtet. Immerhin: „Ohne eine Bündnisoption von SPD und Linke wird die Union nicht aus dem Kanzleramt zu verdrängen sein“, heißt es im Abschnitt über die SPD.

Der überarbeitete Entwurf kann nun flügelübergreifend auf Zustimmung hoffen. „Ich finde den Satz sehr klug: nur eine Stimme für die Linke ist eine verlässliche Stimme gegen Seehofer und Merkel“, sagte der stellvertretende Parteichef Tobias Pflüger, der zum linken Flügel gehört.

Anspruch auf Politikwechsel

Weiterhin aber, so Dominic Heilig, Mitglied des Parteivorstands und einer der Sprecher des Forums demokratischer Sozialismus, in dem sich pragmatisch orientierte Mitglieder treffen, enthalte der Entwurf „den Anspruch, einen Politikwechsel durchzusetzen“. Das bedeute „auch eine Verhinderung der Großen Koalition und eine Übernahme von Verantwortung, wenn die Bedingungen stimmen“.

Und schließlich geht es um den ersten Arbeitsentwurf des Wahlprogramms. Kipping und Riexinger haben bereits Themen vom Umgang mit RechtspopulistInnen über Armut bis hin zur Rente beschrieben, die zentral sein sollen. Seit September wird dafür auf Diskussionsforen quer durchs Land mit der Öffentlichkeit diskutiert. Bis Ende des Jahres soll der Entwurf stehen, nächstes Jahr in vier Regionalkonferenzen mit der Basis diskutiert und im April verabschiedet werden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • Was soll an dieser Partei (mit noch vielen Ex-SED Mitgleidern und Ewig-DDR-Gestrigen) denn bitte Spitze sein? Es gibt nur eine Realistin in der Partei, und die heißt Sarah Wagenknecht. Die ist aber für die LINKE viel zu "unromatisch" und zu realbezogen. Sie ist daher eigentlich in der faslchen Partei.

  • Och nö schon wieder "fundi-Flügel" und "realo-flügel"?

    Ist also nur der Ernst zu nehmen der für Posten in der Regierung Hartz 4 und Auslandseinsätze mittragen will?

    Warum muss sich die taz beim stumpfen Antikommunismus der CDU bedienen wenn es um die Sprache geht?

    Fangt ihr beim nächsten Naziaufmarsch auch an von 2 Gruppen einmal "Rechte" und einmal "Chaoten" zu sprechen?

    Ätzend das sich die taz sprachlich so klar von links distanziert.

  • Ich habe vollstes Vertrauen, dass die Linke oder besser gesagt die "rote AFD" diesen Wahlkampf glücklicherweise versemmelt.

     

    Hoffentlich werden zudem die unsinnigen Forderungen der Linken medial frühzeitig als weltfremd enttarnt.

    • @IL WU:

      Haben Sie bitte Beispiele dafür, dass die Linke in irgend einer Form eine "rote AFD" ist?

       

      Und welche Forderungen sind weltfremd?

       

      Bitte ein wenig mehr Substanz, ansonsten bleibt ihr Beitrag auf dem Niveau Ihres Avatars hängen.

  • „Ich finde den Satz sehr klug: nur eine Stimme für die Linke ist eine verlässliche Stimme gegen Seehofer und Merkel“, sagte der stellvertretende Parteichef Tobias Pflüger, der zum linken Flügel gehört.

     

    Nun, das ist wohl so. Unter anderem auch deshalb, weil Merkels grandiose Wendefähigkeit vermutlich sogar eine Koalition CDU/CSU – AfD ermöglichen würde, nur um den eigenen Machterhalt zu sichern (spätestens im Jahr 2021).

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    An Stelle der stets gleichen vier Gesichter sehnt man sich nach kompetenten Leuten wie z. B. Jan van Aken, die nicht nur links labern, sondern Klartext für alle können.

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @571 (Profil gelöscht):

      Leider...

      "Im Juni 2016 gab van Aken bekannt, nicht mehr bei der Bundestagswahl 2017 kandidieren zu wollen."

       

      Quelle: Wikipedia