Den Kiosken in Hamburg Mitte geht es an den Kragen: Bezirkschef gegen Kioskbier
Das Bezirksamt Mitte will den Kiosken an den Kragen: Der Alkoholverkauf in „Brennpunkten“ wie St. Pauli und St. Georg soll künftig eingeschränkt werden
Damit es soweit kommt, müsste ein hamburgspezifisches Gaststättengesetz her – bisher gilt in diesem Punkt Bundesrecht. Das erlaubt Läden, die zusätzlich zur Einzelhandelserlaubnis auch eine Gaststättengenehmigung haben, über die Ladenöffnungszeiten hinaus geöffnet zu haben.
Bisher gibt es allerdings nur einen ersten, unfertigen Entwurf. Das Hamburger Abendblatthatte daraus zitiert: Wenn es zum Erhalt der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erforderlich ist, könne der Verkauf von Getränken außerhalb der Öffnungszeiten „vorübergehend oder in einem bestimmten örtlichen Bereich teilweise untersagt werden“, heißt es dort. Die Bezirksamtssprecherin Sorina Weiland sagt auf taz-Anfrage, eine solche Einschränkung sei „absolut sinnvoll“, weil es sonst gar keine Handhabe gebe gegen die „Mischbetriebe“, also Kioske mit Gaststättenerlaubnis.
Die Situation sei an manchen Orten für die Anwohner nicht zumutbar. Es gehe um die Verletzung bestimmter Verhaltensregeln junger Leute, die sich hemmungslos betrinken –und das Urinieren im öffentlichen Raum. Auch wenn das Gesetz dann stadtweit gelten würde, wären nur die Betriebe in den von der Politik ausgemachten Brennpunkten betroffen.
AktivistInnen gespalten
Bereits im Sommer gab es eine kontroverse Diskussion zwischen Kiosk-NutzerInnen, AnwohnerInnen und AktivistInnen des Recht auf Stadt-Netzwerks. Während die einen die Vertreibung alteingesessener NachbarInnen durch die Eventisierung von Straßenecken kritisierten, betonten andere das Recht auf Straße und die Aneignung und Umfunktionierung öffentlichen Raumes.
„Ein solches Verbot trifft in erster Linie diejenigen, die preislich auf Kioskbier angewiesen sind“, sagt die Aktivistin Wiebke Schmidt vom Arbeitskreis Kritische Asozialität. Sie vermutet, dass dahinter ein Ressentiment gegen ein bestimmtes Klientel stehe, das man aus dem öffentlichen Raum vertreiben wolle. Zudem könne die Begrenzung zunächst zeitlich und örtlich begrenzt erprobt, dann schleichend ausgedehnt werden, befürchtet sie.
Um ein entsprechendes Gesetz auf Landesebene zu verabschieden, muss die Bürgerschaft dem Entwurf zustimmen. Die meisten Fraktionen zeigen sich grundsätzlich offen, warnten aber vor voreiligen Maßnahmen.
„Kein Schnellschuss“
Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Dirk Kienscherf, sagte: „Es gibt eine Problemlage, aber es ist ein sensibles Thema und es darf keinen Schnellschuss geben.“
Der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Dennis Gladiator, sagt, man müsse dann auch sicherstellen, dass es genug Personal gebe, das Verbot durchzusetzen. Die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Christiane Schneider, schlug vor, der Innenausschuss solle sich zunächst mit alternativen Lösungsmöglichkeiten befassen, da sie ein Verbot für nicht zielführend halte.
Die innenpolitische Sprecherin der Grünen, Antje Möller, kritisiert, dass der unfertige Entwurf überhaupt öffentlich geworden ist, bevor gemeinsam darüber diskutiert worden sei.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!