piwik no script img

Was friedlich wirklich heißt

ZIVILKLAUSEL Ein Gutachten aus Karlsruhe bestärkt die Zweifel an der Zulässigkeit des Kooperationsvertrags von Hochschule und Bundeswehr

„Mit dem Begriff ist nicht lediglich verträglich versöhnlich, ruhig, still gemeint“

Bernd Hoppe, Rechtsanwalt

Für unvereinbar mit den Zivilklauseln erklärt ein Rechtsgutachten der Karlsruher Kanzlei Bernd Hoppe den Kooperationsvertrag der Hochschule Bremen mit der Bundeswehr. Er verletze Geist und Buchstaben sowohl des Bremer Hochschulgesetzes als auch der Selbstbeschränkung von Lehre und Forschung auf „ausschließlich friedliche Zwecke“, die von der Hochschule 2012 in ihren eigenen Statuten verankert worden war.

Der am 3. Mai 2016 geschlossene Vertrag ermöglicht es Laufbahnbewerberinnen für den gehobenen technischen Verwaltungsdienst der deutschen Armee, ein duales Studium im „Internationalen Frauenstudiengang Informatik-Dual“ der Hochschule zu absolvieren. Dem Hoppe-Gutachten zufolge darf diese den Klauseln entsprechend jedoch nur mit Partnern zusammenarbeiten, die „ausschließlich friedlichen Zwecken“ verpflichtet sind. Insofern sei auch die Stellungnahme, mit der Bremens Senat die Kooperation für unbedenklich erklärt hatte, in sich widersprüchlich. Denn – selbst wer ihre Selbsteinschätzung als Friedensarmee teilt, müsse anerkennen: „Die Bundeswehr verfolgt nicht ausschließlich friedliche Zwecke“, so Hoppe. Das tue sie „auch nicht nach Auffassung des Senators für Justiz und Verfassung“.

Hinzu kommt dem Karlsruher Anwalt zufolge, dass mit dem Begriff friedlich sowohl in der hochschulinternen als auch in der landesweiten, gesetzlichen Zivilklausel nicht bloß die Bedeutungen „verträglich, versöhnlich, ruhig, still oder von Frieden erfüllt gemeint“ seien. „Vielmehr richtet sich dieser Begriff gegen alles Militärische.“ Das belegt die Expertise anhand der Diskussion im Gesetzgebungsverfahren.

Bereits damit sei aber „jede Kooperation der Hochschule Bremen mit der Bundeswehr ausgeschlossen“. Zumal von der hochschuleigenen Klausel werde diese engere Auslegung des Wortes zivil betont: „Der Akademische Senat lehnt die Beteiligung von Wissenschaft und Forschung an Projekten mit militärischer Nutzung bzw. Zielsetzung ab“, heißt es darin ausdrücklich. Er fordere zudem „die Mitglieder der Hochschule auf, derartige Forschungsthemen und -mittel abzulehnen“.

Besonders gravierend wirkt der Verstoß, weil ihn die Hochschulverwaltung verantwortet, die den eigenen Statuten verpflichtet ist, ohne das persönliche Recht der Wissenschaftsfreiheit so beanspruchen zu können, wie einzelne ForscherInnen. Die Vereinbarkeit von Zivilklauseln mit diesem Grundrecht bleibt unter JuristInnen umstritten. bes

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen