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Sportdirektor-Suche beim HSVDer Job ist deutlich zu heiß

Der Vorstandschef des HSV, Dietmar Beiersdorfer, hat so einige Wunschkandidaten für den Posten des Sportdirektors. Es sagen nur leider alle ab.

HSV-Idol „Uns Uwe“ Seeler kann es nicht mehr hören Foto: dpa

Hamburg taz | Es ist noch nicht lange her, da hatte der Hamburger SV einen Aufsichtsrat, dessen Mitglieder von den Vereinsmitgliedern gewählt wurde. Keine wichtige Personalentscheidung ging intern und professionell über die Bühne. „Das geht so nicht weiter!“, beschloss eine Gruppe mächtiger Privatisierer. „Wir brauchen eine AG, dann sind wir effektiv und handeln aus einem Guss.“

Die HSV Fußball-AG ist seit 2014 da und selten verlief ein Rekrutierungsprozess pannenreicher als die aktuelle Suche nach einem Sportdirektor. Sonntag sagte nun nach Nico Hoogma, Georg Heitz und Horst Heldt auch noch Christian Hochstätter, aktuell Sportdirektor beim VfL Bochum, ab.

Bei Letzterem war dem HSV die Ablösesumme zu hoch, bei den anderen ist unklar, ob der HSV sie überhaupt wollte. Es waren also doch wohl nicht nur die Vereinsstrukturen, die den HSV vom einstigen Branchenführer zum Abstiegskandidaten gemacht haben.

Um den Niedergang des Traditionsvereins zu verstehen, muss man sich die Zahlen der letzten Transferperiode angucken. Bei den Klubs mit dem größten Transferdefizit liegt der HSV (minus 30 Millionen Euro) auf Platz zwei hinter RB Leipzig (minus 50 Millionen Euro).

Abwehr nicht bundesligatauglich

Der Abstand von 17 Plätzen in der sportlichen Tabelle hat wenig mit den höheren Ausgaben der Leipziger zu tun, sondern damit, dass man dort die Spieler danach aussucht, wie sie in ein seit Jahren eingespieltes System passen. Während beim HSV niemand so genau weiß, nach welchen Kriterien sie überhaupt ausgewählt werden.

Dem Vernehmen nach hat Vorstandschef Dietmar Beiersdorfer, der seit Monaten auch den Job des Sportdirektors ausübt, die Einkaufsliste im Sommer mehr mit Anteilseigner Klaus-Michael Kühne als mit dem damaligen Trainer Bruno Labbadia kommuniziert. Kühne hatte mit einer neuerlichen Finanzspritze die Einkaufstour erst möglich gemacht. Der Trainer wollte die Defensive stabilisieren, gekauft wurden hauptsächlich Offensivkräfte. Zuletzt spielten weder die formschwachen Alen Halilovic und Filip Kostic noch der gesperrte Bobby Wood, während die Abwehr sich als nicht bundesligatauglich erwies.

Beim HSV weiß niemand so genau, nach welchen Kriterien die Spieler überhaupt ausgewählt werden

Besonders gut lässt sich die Konzeptlosigkeit beim Umgang mit Talent Halilovic zeigen, der für fünf Millionen Euro vom FC Barcelona geholt wurde. Trainer Labbadia sah seine defensiven Schwächen und wollte ihn behutsam aufbauen. Schon nach wenigen Spielen versuchten Teile der Presse vehement, ihn ins Team zu schreiben.

Zuletzt war er nach einem schwachen Auftritt gegen Frankfurt nicht mal mehr im Kader. „Ich glaube, dass um seine Person hier vor der Saison eine Erwartungshaltung geschürt wurde, der er nicht gerecht werden konnte“, sagte der neue Trainer Markus Gisdol am Sonntag im NDR. „Man hat hier tatsächlich einen kroatischen Messi präsentiert.“

Operettenhafte Ansprüche

Klubchef Beiersdorfer wird zerrieben zwischen den operettenhaften Ansprüchen Kühnes, der vor der Saison einen Platz zwischen sechs und acht in Aussicht gestellt hatte, und den Anforderungen eines knallharten Abstiegskampfes – in dem der Abstand zum rettenden Ufer Woche für Woche größer wird. Sein Ansehen trug mit dazu bei, die Mitglieder von der Gründung der Fußball-AG zu überzeugen.

Doch Beiersdorfer läuft mittlerweile der Musik hinterher. Er hat immer schon einen Wunschtrainer und Wunschsportdirektor im Kopf – und muss dann doch mit denen arbeiten, die ihn gerade nicht sitzen lassen. Markus Gisdol steht eigentlich für den Balleroberungsfußball Hoffenheimer und Leipziger Schule, den auch Beiersdorfer und Nachwuchsleiter Bernhard Peters gern in Hamburg sehen würden. Wohin es führt, wenn der mit einer dafür nicht zusammengestellten Mannschaft praktiziert wird, hat das Spiel gegen Dortmund gezeigt.

Der Aufsichtsrat, dem der Kühne-Vertraute Karl Gernandt vorsitzt, hat Beiersdorfer schon vor Wochen angezählt. Auf der Sitzung am Montagabend (bei Redaktionsschluss noch nicht beendet) wird der neue Rückschlag bei der Suche nach einem neuen Sportdirektor ein Thema gewesen sein.

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7 Kommentare

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  • "Die Abwehr des HSV ist nicht bundesliga-tauglich."

     

    Dieser Satz aus Bremer Mund ist schon ein herrliches Stück Realsatire.

     

    Mal sehen, wann in der taz HSV-Fans eine Bewertung der Bremer Rumpeltruppe gestattet wird, nach den strengen Kriterien des objektiven, ausgewogenen und unvoreingenommenen Journalismus, der in der Sport-Redaktion hier ja hochgehalten wird, wie sonst wohl nicht mal im Polit-Ressort der New York Times...

  • Das Geld für den HSV verbrennt von selbst, denn es scheint aus einer Mischung von Testersteronsaft, gepressen Profilsneurosenkraut, Dividendenfarbe,Unwissenheitsbindemittel und Abzockerpapier gedruckt zu sein... Ich freue mich schon wenn die Eintrittspreise wieder der Realität entsprechen und der Verein in Liga 2 spielt.

    • @Bodo Klimmek:

      Guter Kommentar. Bekommt der HSV die Lizenz für die zweite Liga? Wohl eher nicht. Dämlicher als HSV geht nicht.

      • @RPH:

        Nur die Ruhe. Der HSV ist auf einem guten Weg und Kühne ist ja auch noch da.

        • @Rainer B.:

          Ich tu mich schwer mit Sarkasmus. Sarkasmus? Pauli putzt Düsseldorf. Tatsache!

          • @RPH:

            Moment mal! Sarkasmus bedeutet laut Wikipedia "beißender, bitterer Spott und Hohn". Das würde dann doch eher auf Ihr "Dämlicher als HSV geht nicht" passen. Mal im Ernst, mit dem Abstieg eröffnet sich für den HSV erstmals eine echte Chance auf einen Neuanfang und Kühne - der Donald Trump vom Elbestrand - zahlt natürlich wieder alles aus seiner Portokasse. Ist doch Ehrensache.

            • @Rainer B.:

              Nur ist ein Abstieg eben definitiv KEIN "Neuanfang" (sonst hätte eine inzwischen graue Maus, wie Werder Bremen den doch wohl schon längst hingelegt), sondern ein etwa 100 Mio teures Fiasko.

               

              Jeder, der die Vokabeln "Abstieg" und "Neuanfang" in einen positiven Sinnzusammenhang setzt, möge dies zuerst bei dem von ihm selbst präferierten Verein zur Anwendung bringen.

               

              P.S. für "geputzte" Düsseldorfer sahen die aber nach Spielschluss noch ziemlich "dreckig" aus - so, wie vorher schon Würzburg, Sandhausen, Aue... - "Unsere Farben sind braun-weiss; zumindest gehen wir meistens so vom Platz" (Dietmar Demuth, Ex-Trainer von St. Pauli) - diese Weisheit war einmal... Lienen kann einem da nur leid tun.

               

              Auch durch die schwarz-weiss-blaue Brille. Denn am Ende sind wir alle Hamburger.