Israelisches Start-up Supermeat: Fleisch selbst machen
Ein israelisches Start-up will bald Fleisch verkaufen, das ohne tote Tiere auskommt. Die Zellkulturen sollen zu Hause herangezüchtet werden können.
Mit Erfolg: Für das Forschungsprojekt sind schon über 200.000 US-Dollar zusammengekommen, das ist doppelt so viel, wie das Start-up sich zum Ziel gesetzt hatte.
Das Neuartige an der Idee der Firma aus Tel Aviv: Ihr Supermeat soll aus Zellkulturen herangezüchtet werden, und zwar in kleinen Fleischmaschinen, die direkt im Supermarkt stehen, im Restaurant oder beim Kunden zu Hause. „100 Prozent Fleisch, 0 Prozent Tierleiden“, so der Slogan. Ob das realistisch ist?
Das Fleisch entsteht aus Muskelstammzellen lebender Tiere, die dann künstlich vermehrt werden. An dieser Alternative zur millionenfachen Schlachtung von Tieren arbeiten ForscherInnen schon seit einigen Jahren. Bisher konnte das Petrischalenfleisch allerdings nicht mit echtem Fleisch mithalten. Der erste „In vitro“ erzeugte Burgerbratling, den ein niederländisches Forschungsteam 2007 präsentierte, kostete 250.000 Euro und schmeckte extrem fade – er enthielt kein Fett, sondern bestand komplett aus Muskelfleisch. Das war aber nur ein Prototyp. Forschungsteams und Start-ups weltweit entwickeln derzeit die Idee weiter.
Reines Werbesprech
Denn Laborfleisch soll viele Probleme lösen. „Es könnte 40 Prozent weniger Energie brauchen“, schreibt etwa die Non-Profit-Forschungsorganisation New Harvest in einer Studie. Es soll 96 Prozent weniger Treibhausgase freisetzen, als in der Tiermast entstehen, und über 90 Prozent weniger Wasser und Land brauchen. Im Supermeat-Film klingt das so: „Die globale Erwärmung stoppen – check. Das Hungerproblem der Welt lösen – check.“
Das ist noch reines Werbesprech. „Die Bioreaktoren für die Fleischproduktion brauchen viel Strom. Es kommt auch darauf an, mit welcher Art von Fleisch man es vergleicht – Massenproduktion oder Ökofleisch“, sagt die Philosophin Arianna Ferrari, die am Karlsruher Institut für Technologie zu den Auswirkungen von In-vitro-Fleisch forscht. Die Treibhausgasemissionen könnten im Vergleich zur konventionellen Herstellung von Rindfleisch tatsächlich geringer sein, nicht aber bei der von Geflügel.
Die Start-ups argumentieren nicht nur mit Klimaschutz. Fleisch aus der Zellkultur soll auch gesünder werden als das aus herkömmlicher Zucht. Weil es in einem geschützten, sterilen Umfeld entsteht, enthalte es weniger Krankheitserreger als herkömmliches Fleisch – und kann womöglich ohne Antibiotika erzeugt werden, so die Idee.
Einige ForscherInnen planen, die Zusammensetzung zu verändern. Petrischalensteak könnte dann nach Rind schmecken, aber so viele Omega-3-Fettsäuren enthalten wie Lachs. Ohne Beifang und Schlachterei.
Hühnerfleisch für fünf US-Dollar pro Kilo
Doch bis dahin ist es ein weiter Weg. Im Moment entstehen im Labor nur kleine Muskelfäden, die zu Fleischnuggets zusammengeklebt werden.
„Echtes Gewebe herzustellen ist schwer“, sagt Katrin Zeilinger. Die Stammzellforscherin vermehrt an der Berliner Charité Leberzellen mit Bioreaktoren. „Dass das jemand schon im großen Maßstab geschafft hat, ist mir nicht bekannt“, sagt Zeilinger. Wie im Körper brauchen die Laborzellen eine bestimmte Temperatur, Sauerstoff und Nährstoffe. Ohne Blutgefäße ist das schwierig. Oft wird ein Nährboden aus Kälberserum verwendet. Ein Unternehmen, das keine Tiere töten will, braucht auch hier Alternativen.
Supermeat gibt an, bereits auf rein pflanzlichen Nährböden Zellen vermehrt zu haben. In fünf Jahren wollen sie Hühnerfleisch für höchstens fünf US-Dollar pro Kilo im Supermarkt verkaufen. Zeilinger hält das für unrealistisch. „Unser Bioreaktor in der Charité hat 500 Euro gekostet – und damit könnte man kein Kilo Fleisch herstellen. An den Preis, den Supermeat nennen, müssten sie schon drei bis vier Nullen dranhängen.“
Wenn In-vitro-Fleisch auf den Markt kommt, wird es vermutlich eher mit teurem Öko- als mit Billigfleisch konkurrieren. Die Herausforderung ist, die Produkte so weit zu verbessern, dass sie auch geschmacklich mithalten können – und die Vorbehalte bei den KonsumentInnen zu überwinden. Für viele klingt die Idee noch beängstigend, gesundheitlich bedenklich oder abstoßend.
Wenn man nicht so viel Wert auf die Vermarktbarkeit legen müsste, könnte die Forschung schneller vorangehen. Am besten kennen sich WissenschaftlerInnen weltweit nämlich mit dem Vermehren von Mäuse- und Rattenzellen aus. Aber In-vitro-Rattenburger, das klingt nicht so super.
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