piwik no script img

Steuervermeidung von BASFTricksen wie Apple

Eine Untersuchung wirft BASF Steuerdumping vor. In fünf Jahren soll der DAX-Konzern fast eine Milliarde Euro vermieden haben.

Produktionswerk von BASF in Ludwighafen Foto: dpa

BERLIN taz | Privatiers tun es, von US-Konzernen wie Apple oder Starbucks erwartet man gar nichts anderes. Aber auch die einstige „Badische Anilin- & Soda-Fabrik“, kurz BASF, nutzt aggressiv Steuervermeidungsstrategien – und spart. Der mit 112.000 Mitarbeitern weltgrößte Chemiekonzern hat so offenbar zwischen 2010 und 2014 Abgaben in Höhe von 923 Millionen Euro vermieden – natürlich „legal“. Dies ist das Ergebnis einer Untersuchung im Auftrag der Grünen im Europaparlament.

Der DAX-Konzern, Jahresgewinn zuletzt 6,2 Milliarden Euro, trickst laut Studie vor allem mit den Gesetzen in Belgien, Malta und den Niederlanden. Einkünfte aus Lizenzen und Patenten werden in Holland nur mit fünf Prozent besteuert, Dividenden aus konzerninternen Anleihen sind dort komplett steuerfrei, ähnlich wie in Malta. Über das niederländische Firmennetz schiebt BASF zudem laut Studie Gewinne aus der EU in niedrig besteuerte Tochterfirmen in Puerto Rico und der Schweiz.

BASF bezeichnete die Untersuchung als „nicht immer zutreffend“, zudem habe der Konzern die Gesetze weltweit eingehalten. Die Abgaben seien ja auch ein „Kostenfaktor“. Im „Interesse ihrer Anteilseigner“ strebe BASF ihre Reduzierung an.

Von einem „perfiden System zur Steuervermeidung“ sprach der Finanzexperte der Grünen im Europaparlament, Sven Giegold. BASF handele ähnlich systematisch wie Google oder auch Ikea. „Steuerdumping ist kein amerikanisches, sondern ein globales Problem, das vor allem normale Steuerzahler ausbaden müssen“, sagte Giegold. Die Unternehmensbesteuerung in der EU müsse harmonisiert werden.

Die EU-Kommission kündigte an, den Report zu analysieren. Die EU-Staaten hatten im Juni eine Richtlinie beschlossen, um Konzernen die Verschiebung von Gewinnen zu erschweren. Den öffentlichen Kassen in der EU entgehen wegen Steuertricks von Unternehmen zwischen 50 und 70 Milliarden Euro pro Jahr. Im August hatte die Kommission von Apple die Rückzahlung von 13 Milliarden Euro plus Zinsen verlangt, Verfahren laufen auch gegen den italienischen Autohersteller Fiat und den französischen Energiekonzern Engie.

Ein perfides System zurSteuervermeidung

Sven Giegold, Die Grünen

Der Fall BASF zeige, wie leicht die internationalen Gesetze Steuerdumping machten, erklärte die Hilfsorganisation Oxfam. Dass die „Steuervermeidung zumeist legal ist, ist der eigentliche Skandal“.

Übrigens: BASF sticht Apple beim Steuersparen sogar noch aus: Die konzernweite Steuerrate lag zuletzt bei 22,5 Prozent. Apple zahlte gleichzeitig 26,4 Prozent der Gewinne an den Fiskus.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Ich finde es bigott das den Unternehmen anzukreiden. Unternehmen sind verpflichtet unter Beachtung der Gesetze das Maximum an Profit herauszuholen. Das ist ihre nach derzeitigem Verständnis ihre Aufgabe. Darauf verlassen sich die Mitarbeiter und die Investoren.

     

    Problematisch an der Geschichte ist alleine die Politik, die Gesetze erlassen. Hier kann man den Unternehmen auch nicht das gezielte Beeinflussen der Politik ankreiden.

    Die Politiker, die sich beeinflussen LASSEN, die mehr oder weniger unreflektiert von den Unternehmen vorgeschriebene Gesetze durchwinken. Die über Fraktionszwang die Parlamente beeinflussen, die Ermittlungsbehörden gezielt zurückpfeifen, die, wie hier in Hessen geschehen, einzelne Ermittlungsbeamte in geschlossene psychiatrische Behandlung abschieben. DAS sind die wahren Monster.

    • @Amie:

      Dann solltest Du den Unternehmen ankreiden, dass sie den Politikern die Gesetze schreiben und mit perfiden Mitteln, Parlamente und Demokratie aushebeln, um die Gesetzte passieren zu lassen. Die Politiker sind selten autonom. Wenn nur Gesetze der Maßstab für Anstand sind, können wir ethische Vereinbarungen wie die Menschenrechtscharta etc. gleich vergessen. Irgendwo auf der Welt wird vielleicht auch Kinderarbeit nicht verboten und ist somit legal. Ist das unsere Messlatte?