Felix Lee über Sigmar Gabriels Kritik an Peking: China braucht Härte
Über Sigmar Gabriels diplomatisches Geschick lässt sich streiten. Es ist nachvollziehbar, dass die chinesische Regierung verärgert ist, wenn der deutsche Wirtschaftsminister nun Übernahmegenehmigungen infrage stellt, die eigentlich in trockenen Tüchern waren. Doch in der Substanz hat Gabriel völlig recht: Wer China in dieser Phase zu nachgiebig gegenübertritt, wird im Spiel der internationalen Wirtschaftsbeziehungen zu den Verlierern gehören.
Peking hat sich in den vergangenen Jahren vor allem über Großbritannien amüsiert. Die Briten haben jede Kritik an China eingestellt und stattdessen geschleimt, wo es ging. Als die neue Premierministerin Theresa May eine gefährliche und viel zu teure Atompartnerschaft infrage stellte, haben chinesische Diplomaten aus allen Rohren geschossen – bis London nachgegeben hat. Peking war völlig klar, wie abhängig Großbritannien von ihren Investitionen ist. So macht sich eine ehemalige Großmacht völlig freiwillig zum Vasallen eines China, das sich mehr und mehr als neue Supermacht aufführt.
Es gibt genug Argumente, die Gabriel gegen China ins Feld führen kann. Auch 15 Jahre nach dem Beitritt des Landes zur Welthandelsorganisation hält es Industrieunternehmen, Dienstleister und Finanzfirmen systematisch draußen. Das ist das gute Recht einer souveränen Nation. Sie sollte sich allerdings dann nicht darüber wundern, wenn sich andere Länder ebenfalls schützen.
Für den SPD-Politiker Gabriel, der der neuen Großmacht die Stirn bieten will, tut sich nun ein erhebliches Problem auf: mangelnde Geschlossenheit innerhalb Deutschlands und in der Europäischen Union. Schon schießen Wirtschaftsvertreter wie Daimler-Chef Dieter Zetsche quer – ganz offensichtlich fürchten sie sich vor einem Gegenschlag aus China. Doch gerade diese Angst vor neuen Problemen zeigt, dass Gabriel richtig liegt. Mit Chinesen gilt es hart zu verhandeln. Sie tun es ja auch.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen