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Lebendig im Brühbecken

Tierquälerei Drei Schweine sollen in einem Schlachthof im niedersächsischen Georgsmarienhütte lebend im Heißwasserbad gelandet sein. Landkreis untersucht den Fall. Grüner fordert Geldstrafe

„Es kommt vor, dass Schweine ertrinken statt auszubluten“

Angela Dinter, Tierschützerin

Es geht nur um drei Schweine, aber jedes einzelne sei eines zu viel, sagt Tobias Demircioglu, Sprecher der Grünen im niedersächsischen Georgsmarienhütte. Die Tiere sollen noch gelebt haben, als sie ins Heißwasserbad eines örtlichen Schlachthofes gelassen worden waren. Der Landkreis Osnabrück hat ein Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen die Erzeugergemeinschaft für Schlachtvieh im Raum Osnabrück, kurz Ego, eingeleitet.

Bei der Fleischuntersuchung sei beanstandet worden, dass die drei Schweine „nicht nach den Vorgaben der Tierschutz-Schlachtverordnung fachgerecht entblutet worden waren“, sagt Landkreissprecher Burkhard Riepenhoff zu dem Fall, der sich bereits im August ereignete. „Nun wird die Tötung genauer untersucht und die Abläufe im Schlachthof überprüft“, sagt Riepenhoff. Es gebe „keinen Beleg dafür, dass die Tiere im Heißwasserbad noch wahrnehmungsfähig waren“. Bereits die Betäubung hätte die Schweine töten können, sagt Riepenhoff.Der Betrieb sei bisher „nicht groß aufgefallen“.

Im vergangenen Jahr wurden im Ego-Schlachthof 639.000 Schweine geschlachtet, etwa 230 Tiere pro Stunde. Im Vergleich zu industriellen Schlachtanlagen ist das wenig. Der Mega­schlachthof von Tönnies im nordrhein-westfälischen Rheda-Wiedenbrück tötet 1.400 Schweine pro Stunde.

Ego-Geschäftsführer Rudolf Festag bestreitet den Vorfall nicht. „Es ist etwas schief gelaufen“, sagt er. In diesem Jahr habe der Betrieb eine zweite Betäubungsfalle gebaut. Jetzt können zwei Tiere parallel mit einer Elektrozange betäubt werden, also die Taktzahl der Schlachtungen erhöht werden. „Wir sind noch in der Optimierungsphase“, sagt Festag. „Trotzdem darf nicht ein Tier diesen Prozess erleiden.“ Es handele sich aber um einen „außergewöhnlichen Fall“, der mit der Umstellung zu tun habe.

Eine Aussage, die Angela Dinter von der Tierschutzorganisation Pro Vieh bezweifelt. „Es ist keine Seltenheit, dass Schweine ertrinken statt auszubluten“, sagt sie. Allzu häufig säße der Entblutungsstich nicht richtig. Helfen könne ein Wiegemechanismus, wie Tönnies ihn einsetze. Dort würden die Schweine vor und nach dem tödlichen Stich gewogen, um sicher zu gehen, dass sie genügend Blut verloren haben.

Ebenso wie Dinter sieht der Grüne Demircioglu das Problem im System der Großschlachtereien. Zwar vermute er, dass Ego normalerweise „ordentlich arbeitet“, aber Fehler würden dadurch begünstigt, dass in der Branche Hilfsarbeiter zu Dumpinglöhnen beschäftigt würden.

Auch in der Ego-Schlachterei stehen Mitarbeiter eines Subunternehmens an der Betäubungsanlage. Das will Geschäftsführer Festag ändern. „Das wird bei unserer Gesellschafterversammlung nächste Woche Thema.“

Demircioglu fordert trotzdem eine „empfindliche Geldstrafe“. „Die muss eine abschreckende Wirkung haben.“ rea

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