: Die Spuren des Geraubten
ENTEIGNUNG Mit einem Symposion erinnern Bürgerschaft und taz.bremen gemeinsam mit der Uni an die materielle Seite des Holocaust – den Raub des jüdischen Eigentums in ganz Europa unter dem Decknamen „Aktion M“
Mit einem wissenschaftlichen Symposium in der Bürgerschaft erinnert Bremen an die sogenannte Arisierung – also die Geschäfte mit dem der jüdischen Bevölkerung geraubten Hab und Gut. Die Tagung, die die Bremische Bürgerschaft und taz.die tageszeitung gemeinsam mit dem historischen Institut der Uni veranstalten, fokussiert dabei auf die Fragen nach Verbleib und Bedeutung der „arisierten“ Möbel und Gebrauchsgegenstände.
Deren Existenz in vielen deutschen Haushalten verweist sowohl auf die Totalität der „Verwertung“ jüdischen Eigentums als auch auf die Schwierigkeit, einen angemessen Umgang mit diesem Erbe zu finden. Neben der Landeszentrale für politische Bildung kooperieren die Friedrich Naumann, Rosa Luxemburg und Heinrich Böll-Stiftung bei dem Projekt, also Parteistiftungen von FDP, der Linken und Bündnis 90/Die Grünen. Äußerer Anlass ist der 75. Jahrestag der sogenannten „Aktion M“ am 14. Januar.
Unter diesem Decknamen wurde in ganz Westeuropa auf Anweisung von Reichsleiter Alfred Rosenberg der jüdische Besitz beschlagnahmt und abtransportiert, oft auch durch Bremer Unternehmen wie die Firma Kühne + Nagel. Durch Recherchen zu deren Rolle in der „Aktion M“ hatte taz-Redakteur Henning Bleyl eine breite Diskussion zum Thema in Gang gebracht, in Bremen aber mit einer Crowd-Funding-Kampagne für ein bundesweit erstes Mahnmal für diese „materielle Seite“ des Holocaust auch weit darüber hinaus. Es gehe nicht darum, ein einzelnes Unternehmen an den Pranger zu stellen, so Bleyl. Gerade Bremen als Hafen- und Logistikstandort und der sogenannte „Gau Weser-Ems“ hätten allerdings überproportional vom Geschäft mit dem Raub profitiert. So sei hier mit knapp 6.000 Waggon-Ladungen fast ein Drittel der unter den Gauen des Reichs verteilten jüdischen Habe aus den besetzten Ländern Westeuropas gelandet.
An die Bremer Bevölkerung wurden solche Güter im Hemelinger Tivoli, in der Schießhalle der Bremer Schützengilde und in der Ankleidehalle der „Bremer Kampfbahn“, also des heutigen Weserstadions weitergegeben. bes
Symposium: 3. November, ab 14 Uhr, Bürgerschaft
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