: Keine halbenSachen, bitte
Kommentar
von Uwe Rada
SPD, Linke und Grüne beginnen Verhandlungen
Politik: keine Aufgabe des Gestaltens, sondern ein Bittgang zum Kassenwart. So war das noch bei den Finanzsenatoren Thilo Sarrazin und Ulrich Nußbaum. Weil seit 2014 aber der eher unkonventionelle Sozialdemokrat Matthias Kollatz-Ahnen das Finanzressort leitet, kann es gut sein, dass die Politik des designierten rot-rot-grünen Senats wieder mehr Gestaltungsspielraum beinhaltet.
Wie viel der künftige Senat bewegen kann, ist Gegenstand der Koalitionsverhandlungen, die am Donnerstag beginnen. Dass die Finanzen dabei im Vordergrund stehen, überrascht nicht, gibt es doch zwischen den drei Parteien recht unterschiedliche Vorstellungen darüber, ob neben dem „Jahrzehnt der Investitionen“ auch noch ein Jahrzehnt der Konsolidierung ansteht.
Wie wichtig das Thema Investieren ist, zeigt sich bei den Streitpunkten Wohnen und Verkehr. Preisgünstige Wohnungen gibt es nicht zum Nulltarif. Bislang hat sich die Politik eher durchgemogelt: Ein paar mehr landeseigene Wohnungen hier, etwas Neubauförderung dort.
Sollbruchstelle SPD
In Zukunft aber gilt es, keine halben Sachen mehr zu machen. Wenn öffentliche Fördergelder fließen, sollen sie nicht nur für eine Laufzeit von 20 Jahren wirken. Es gilt also, nachhaltige – und vielleicht auch kostenspieligere – Programme zu stricken. Das betrifft den Wohnungsbau ebenso wie die energetische Sanierung oder den öffentlichen Nahverkehr.
Kein Geld mehr zum Fenster hinausschmeißen: Das dürfte auch im Sinne des Finanzsenators sein. Aber auch politisch könnte Matthias Kollatz-Ahnen eine Schlüsselrolle bei den Verhandlungen zukommen. Er muss nämlich nicht nur den gemeinsamen Nenner mit Linken und Grünen finden, sondern auch zwischen den verschiedenen Flügeln der SPD. Dabei gilt: Je größer der Gestaltungsspielraum, desto größer der Wille zum gemeinsamen Erfolg.
Steht dagegen das Konsolidieren über dem Investieren, hat das neue Senatsbündnis schon vor seinem Start eine erste Sollbruchstelle. Und die heißt SPD.
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