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Klaus Hillenbrand über das Raucherurteil von DüsseldorfFriede seiner Asche

Vielleicht suchte die Vermieterin nur einen Vorwand für die Kündigung des Mieters?

Was sind da nicht für Horrorgeschichten verbreitet worden: Der Mieter habe so stark geraucht, dass sich der gesundheitsschädliche Qualm durch die Ritzen seiner Wohnungstür im ganzen Haus verbreitet habe. Übervolle Aschenbecher seien von dem Rentner nicht geleert worden, dem Lüften der Wohnung sei er grundsätzlich abhold gewesen. Deshalb bliebe der Vermieterin leider, leider nichts anderes übrig, als Friedhelm Adolfs nach mehr als 40 Jahren Mietdauer vor die Tür zu setzen.

Daraus wird nun nichts. Das Landgericht Düsseldorf hat entschieden, dass Adolfs in seiner Wohnung bleiben darf. Die Version der Vermieterin vom dauerqualmenden Nichtraucherschreck stieß in der Beweisaufnahme auf erhebliche Widersprüche. Es bleibt daher bei dem Grundsatz, dass Mieter in ihren eigenen vier Wänden so viel lärmen, tanzen, Kopfstände machen oder eben rauchen dürfen, wie es ihnen beliebt, jedenfalls solange daraus keine schwerwiegenden Nachteile für die Hausbewohner entstehen. Und das ist gut so. Denn es geht die Öffentlichkeit wie den Vermieter überhaupt nichts an, was der Mensch in seinem Privatleben treibt.

Nun, so viel ist absehbar, wird das Urteil wahlweise als erfreuliches Zeichen für die Freiheit der Raucher bejubelt oder als Signal gegen die Volksgesundheit verdammt werden. Aber beides ist es nicht. Es handelt sich schlicht um eine Bestätigung der bestehenden Rechtslage.

Möglicherweise aber ging es bei dem Verfahren überhaupt nicht ums Rauchen. Vielleicht suchte die Vermieterin nur einen Vorwand für die Kündigung eines langjährigen Mieters – um die Wohnräume anschließend zu einem weit höheren Preis vermieten zu können. Dann wäre der Richterspruch von Düsseldorf nicht nur ein Zeichen für die Wertschätzung der persönlichen Freiheit, sondern auch eines gegen gierige Miethaie.

Darauf erst mal eine Friedenszigarette!

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