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Kohlekraftwerk in Hamburg-MoorburgEin Klimakiller wird verramscht

Vattenfall will das Kohlekraftwerk Hamburg-Moorburg loswerden. Die CO2-Schleuder passe nicht mehr in die Unternehmensphilosophie.

Wird an den Meistbietenden verkauft: Das Kohlekraftwerk Moorburg Foto: dpa

Hamburg taz | Der Energiekonzern Vattenfall will das Hamburger Kohlekraftwerk Moorburg loswerden. Ein Verkauf „in den nächsten fünf Jahren“ sei nicht auszuschließen, sagte Konzernchef Magnus Hall in Stockholm. „Wir brauchen Moorburg langfristig nicht. Wir können uns andere, bessere Besitzer vorstellen“, so Hall. Stefan Müller, Sprecher von Vattenfall Deutschland, bestätigte das auf taz-Anfrage im Grundsatz. Zwar gebe es zurzeit keine konkreten Verkaufsabsichten, so Müller: „Aber langfristig passt Moorburg nicht mehr in unsere Unternehmensphilosophie.“ Denn es sei das erklärte Ziel Vattenfalls, bis 2050 „klimaneutral“ zu werden.

Das Steinkohlekraftwerk an der Süderelbe hat erst im November vorigen Jahres nach acht Jahren Bauzeit offiziell den Betrieb aufgenommen (siehe Kasten). Bereits 2008 war der Bau des größten Kohlemeilers Deutschlands vom damaligen CDU-Senat genehmigt worden. Unter der nachfolgenden schwarz-grünen Regierung scheiterten die Grünen mit ihrem Versuch, die Genehmigung zurückzuziehen. Stattdessen wurden dem Kraftwerk teure ökologische Auflagen wie ein zusätzlicher Kühlturm und Einschränkungen bei der Kühlwasserentnahme aus der Elbe gemacht.

Dadurch sank der Wirkungsgrad des Meilers auf etwa 46 Prozent und der jährliche Gewinn laut früheren Unternehmensangaben um neun bis 16 Millionen Euro pro Jahr. Deshalb war bereits 2014 aus dem Konzern das Eingeständnis zu hören, dass „wir das Kraftwerk heute nicht mehr bauen würden“.

Bekämpft von Grünen und Umweltverbänden wurde das Kraftwerk vor allem wegen seiner Emissionen an Kohlendioxid (CO2). Im Vollbetrieb bläst der Meiler pro Jahr etwa 8,5 Millionen Tonnen CO2 in die Luft. Damit würden die Hamburger Emissionen von derzeit rund 18 Millionen Tonnen um etwa die Hälfte erhöht. Wie so das offizielle politische Ziel erreicht werden soll, den Ausstoß des Klimakillers in der Stadt bis 2020 im Vergleich zum Basisjahr 1990 um 40 Prozent und bis 2050 um 80 Prozent zu senken, bleibt ungewiss.

Das Kraftwerk Moorburg

Das Steinkohlekraftwerk in Hamburg-Moorburg an der Süderelbe wurde seit Ende 2007 vom Energiekonzern Vattenfall errichtet.

Betriebsaufnahme: Seit Ende November 2015 laufen beide Kraftwerksblöcke.

Investition: Rund 3,0 Milliarden Euro

Verbrauch: etwa 12.000 Tonnen Steinkohle täglich

Leistung: 1.680 Megawatt

Wirkungsgrad: etwa 46 Prozent

CO2-Ausstoß: rund 8,5 Millionen Tonnen jährlich

In den vergangenen drei Jahren hat Vattenfall mit seiner Braunkohlesparte in Sachsen und Brandenburg Verluste von fast fünf Milliarden Euro gemacht. Deshalb will der schwedische Staatskonzern seine Dreckschleudern und Tagebaue loswerden. Im vorigen Jahr übernahm der tschechische Energiekonzern EPH die gesamte Sparte für 1,7 Milliarden Euro – die Vattenfall den Tschechen zahlte, nicht umgekehrt.

EPH müsste von dem Geld die Abwicklung inklusive Rückbau der Anlagen, Rekultivierung der Tagebaue und Sozialpläne für die Beschäftigten bestreiten. Noch aber ist unklar, was passiert. Die Firma gilt als Heuschrecke, die Energiefirmen günstig aufkauft, um dann Geld herauszuziehen. Ob EPH auch an Moorburg interessiert ist, ist unklar.

Der Hamburger Senat wurde von der Nachricht vollkommen überrascht. „Uns ist von einer konkreten Verkaufsabsicht nichts bekannt“, erklärte Susanne Meinecke, Sprecherin der Wirtschaftsbehörde. Die Umweltbehörde des grünen Senators Jens Kerstan „nimmt die Äußerungen des Konzernchefs in Stockholm zur Kenntnis“, so Sprecher Jan Dube, ohne sie kommentieren zu wollen: „Das ist eine Entscheidung des Unternehmens.“

„Moorburg ist eine Fehlinvestition, Vattenfall hat sich verzockt“, kommentiert Manfred Braasch, Hamburg-Chef der Umweltorganisation BUND. Seit Langem sei klar, dass ein solches Kraftwerk „nicht zur Energiewende in Deutschland passt und zu Recht als Klimakiller gilt“. Das Steinkohlekraftwerk Moorburg sei „von Anfang an ein Monster aus einer vergangenen Zeit“ gewesen, befindet Tobias Austrup, Energieexperte von Greenpeace. Seine Befürchtung: „Selbst wenn Vattenfall für diesen Klimakiller noch einen Käufer finden sollte, wird es kein Partner der Energiewende sein, sondern ihr Gegner.“

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5 Kommentare

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  • Da werden die Grünen gelobt obwohl sie dies wirklich nicht verdient haben. Die Informationen zu deren Rolle sind unvollständig und zum Teil unrichtig! Die haben nicht wie hier dargelegt ernsthaft gegen das Kohlekraftwerk gekämpft! Viel mehr haben sie Genehmigungen erteilt, mit dem Argument es gehe nicht anders - obwohl es überhaupt nicht stimmte und die eine Genehmigung zur zum Kohlekraftwek gehörenden Fernwärmetrasse sogar rechtswidrig war, weil eine Umweltverträglichkeitsprüfung fehlte und die Beteiligungsrechte der Anwohner und Umweltverbände im Genehmigungsverfahren ausgehebelt wurden.

    Als hätte eine grüne Umweltbehörde nicht wissen können, dass dies in einem Genehmigungsverfahren für ein Großprojekt mit großen Auswirkungen auf die Umwelt notwendige Schritte sind!

     

    Aus diesem Grund ist eine unkritische Haltung gegenüber den Grünen und die Nicht-Erwähnung des Widerstandes zum Trassenstopp in diesem taz-Artikel nicht nachvollziehbar.

     

    Hier ist diese Kritik in ausführlicherer Form und mit der Richtigstellung der Ereignisse zu lesen: http://www.robinwood.de/wordpress/blog/energie/2016/09/keine-guten-aussichten-fuers-kohlekraftwerk-moorburg-dem-widerstand-sei-dank/#more-15231

     

    Es ist dem entschlossenen Antikohlewiderstand mit Klagen, diversen Aktionen und einer Baumbesetzung ( http://www.robinwood.de/wordpress/blog/aktion/2014/12/fuenf-jahre-baumbesetzung-gegen-die-moorburgtrasse-von-vattenfall-in-hamburg/) - und sicher nicht den Grünen - gelungen, Vattenfall die Suppe so zu versalzen, dass der Konzern nun einen Ausstieg in Erwägung zu ziehen scheint. Gut so! Aber: Das Kohlekraftwerk gehört stillgelegt und nicht verkauft!

  • Zu erwähnen wäre noch, dass Vattenfall, die Stadt Hamburg, bzw. Deutschland auf entgangene Gewinne verklagt hat, weil durch die Kühlung des abgenommenen und warm rückgeführten Elbwassers mehr Eigenenergie im Kraftwerk notwendig ist. Diese Gewinnschmälerung durch zusätzliche Investitionen, in Kühlungen, wurde in einem Investionsschutz Schiedsverfahren anerkannt und Vattenfall bekam erleichterte Bedingungen zum Schaden der Elbe. Das wiederum veranlasste die EU eine Klage einzureichen, wegen Verletzung des Habitats verschiedener Elbfische und allgemeiner Verschlechterung der Wasserqualität in Fließgewässern. Weshalb ja auch der weitere Ausbau der Unterelbe höchst fragwürdig ist. Man sollte auch wissen, dass die dort im Kraftwerk verbrannte Kohle Steinkohle ist. Diese findet man nicht um die Ecke. Sie stammt aus Kolumbien, Australien und den USA, Bundesstaat Maine. Die Steinkohle wird in absolut naturzerstörender Weise gewonnen. Die Konzerne bedienen sich krimineller Machenschaften um die Bevölkerung zu unterjochen. Die Umweltschäden sind immens. Man stelle sich den nicht enden wollenden Frachter Konvoi vor, der seine Kohle zum Kraftwerk fährt, wo diese dann gemahlen und verbrannt wird. Leider hat der Hamburger Senat auch nur die Sicht der Handelskammer und wenn es ausreichend Ausreden gibt, dann wird die Verantwortung schnell beiseite gelegt. Hier ist SPD / Grün genauso schlecht wie CDU / FDP, da es nur und zwar ausschließlich, um das wohl der Industrie geht. Niemals hat das Wohl der Bewohner eine Rolle gespielt, das ist auch gut an den Feinstaub und Stickoxyd Werten zu sehen, gegen die der Senat absolut nichts unternimmt.

  • Guten Tag, Herr Veit,

    könnten Sie nicht endlich Ihren Informationsstand zu den Klimaschutzzielen Hamburgs und die damit verbundene CO2-Bilanzierung aktualisieren?

    Seit dem "Klimaplan" (Dezember 2015) ist das offizielle Hamburger Klimaschutzziel: 50 % Reduzierung genen 1990 bis 2030.

    Hamburg verwendet dabei wie die Statistikämter die Verursacherbilanz, nicht die Quellenbilanz, auf die Sie sich immer wieder beziehen.

    • Sven-Michael Veit , Autor des Artikels, Hamburg-Redakteur
      @Rabenstein Dietrich:

      Moin, Herr Rabenstein,

      wo ist der Dissens? Lt. Klimaplan vom (8.12.2015 (Drs.21/2521) S7. lauten Hamburgs CO2-Reduktionsziele:

      40% bis 2020

      50% bis 2030

      80% bis 2050.

      MfG smv

  • Könnte mich totlachen.

    Kaum angeschaltet will man es wieder erkaufen.

    Wer waren noch die beiden "Volksparteien", die sich dafür stark eingesetzt haben ? Genau, die, die z.Zt. auch die Energiewende bremsen. Passt doch.

    Der Weitblick hat bei CDU/SPD schon immer gefehlt.