piwik no script img

Muslimischer Bundesrichter in den USAWas zählt? Die Qualifikation!

Mit der Nominierung eines muslimischen Bundesrichters zeigt Obama, wie man der Hetze von rechts begegnet. Deutschland kann davon lernen.

Mit ausreichend Bildung kann man alles werden – Kopftuch und Turban sollten kein Hindernis sein Foto: dpa

Abdi Qureishi arbeitet bei der Kanzlei Latham & Watkins. US‑Präsident Obama hat ihn jetzt für das Amt eines Bundesrichters im District of Columbia nominiert, seine Qualifikation gab den Ausschlag. Doch der pakistanischstämmige Jurist wäre der erste muslimische Richter an einem Bundesgericht in den USA, deshalb ist Obamas Entscheidung ein Politikum. Denn Donald Trump hat im US‑Präsidentschaftswahlkampf erklärt, er glaube, ein muslimischer Bundesrichter würde ihn nicht fair behandeln, und außerdem angedroht, Muslimen insgesamt die Einreise in die USA zu verweigern.

Obama macht damit deutlich, wie man dem rassistischen Populismus von rechts am besten begegnet: nicht, indem man irgendwelche eingebildeten „Sorgen und Ängste“ ernst nimmt. Sondern, indem man selbstbewusst eine Politik der Vielfalt verteidigt und fortführt: mehr Diversität wagen.

Auch wenn die republikanische Mehrheit im US-Senat seinen Vorschlag wie so viele andere zuvor wahrscheinlich abschmettern wird: Obamas Nominierung ist ein Signal, dass er sich nicht von den Ressentiments beirren lässt, welche Teile der Republikaner bewusst schüren. Die hatten in der Vergangenheit schon eine Schmutzkampagne gegen Hillary Clintons Beraterin Huma Abedin geführt, deren Eltern aus Pakistan stammen, und ihr angebliche familiäre Verbindungen zur Muslimbruderschaft unterstellt. Teile der Partei hatten zuvor auch schon das Gerücht verbreitet, Obama selbst sei in Wirklichkeit ein verkappter Muslim.

Misstrauen gegen Muslime zu säen und ihnen mangelnde Loyalität zu unterstellen gehört zum Kernbestand rechtspopulistischer Propaganda. Dabei ist es egal, wie religiös diese letztlich sind. Auch Londons Bürgermeister Sadiq Khan, der im Mai 2016 zum neuen Stadtoberhaupt gewählt wurde, musste sich im Wahlkampf des Vorwurfs erwehren, in seinem Beruf als Menschenrechtsanwalt Terroristen „unterstützt“ zu haben.

Konsequente Gleichstellungspolitik

Und in Österreich hat der FPÖ-Kandidat Norbert Hofer erklärt, als Staatspräsident niemals eine Ministerin mit Kopftuch vereidigen zu wollen. Hofer ließ dies genau in dem Moment verlauten, als mit Muna Duzdar die erste Muslimin als Staatssekretärin in die Bundesregierung in Wien berufen wurde. Die Tochter palästinensischer Einwanderer trägt kein Kopftuch. Doch darum ging es Hofer gar nicht.

Misstrauen gegen Muslime zu säen, gehört zum Kernbestand rechtspopulistischer Propaganda

Eine andere Form, der antimuslimischen Hetze zu begegnen, ist eine konsequente Gleichstellungspolitik. Während sich Frankreich in diesem Sommer durch sein absurdes Burkini-Verbot lächerlich machte, schlugen Kanada und Schottland den entgegengesetzten Weg ein. Beide Länder haben es seit August ihren Polizistinnen erlaubt, aus religiösen Gründen ein Kopftuch zu tragen. In England steht das Beamtinnen schon länger frei – so, wie es Sikhs in England und Kanada schon lange gestattet ist, im Dienst einen Turban zu tragen. Kanadas Premier Justin Trudeau sorgte dennoch für Aufsehen, als er im November 2015 gleich vier Sikh als Minister in sein Kabinett aufnahm, einen davon sogar als Verteidigungsminister.

Im Vergleich dazu wirkt die deutsche Politik etwas verzagt. Eine Ministerin mit Kopftuch ist derzeit noch nicht so recht vorstellbar. Nicht einmal zu Lehrerinnen mit Kopftuch kann man sich in Berlin und Baden-Württemberg durchringen, einem eindeutigen Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Trotz. Aber Grünen und SPD fällt es derzeit schwer, konsequent für die Religionsfreiheit von Muslimen einzutreten, weil das Kopftuch auch bei ihrer eigenen Klientel nicht so populär ist. Dabei wäre genau das die richtige Antwort auf die AfD.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

15 Kommentare

 / 
  • 3G
    33523 (Profil gelöscht)

    Da gibt es nichts zu lernen. Man schaut wie gut jemand für einen Job geeignet ist und der beste Kandidat bekommt diesen Job. Ob das auch irgendwann in der Politik so sein wird halte ich aber für fraglich. Schließlich gibt es zu viel Einflussnahme von Außen und zu viele Menschen die der Meinung sind das bestimmte Gruppen unbedingt vertreten sein müssen,... unabhängig von der Qualifikation naturlich.

  • Ach Herr Bax - es ist schon ein Kreuz -

     

    Klar - ist das Klasse - diese Nominierung durch Obama.

    Ansonsten aber - mal ehrlich -

    Mal wieder den Zettelkasten umgeworfen?

    Echt dumm gelaufen!

    • @Lowandorder:

      & …warum ich ein meckelnbörger

      Vorschlagsrecht für Bundesgerichte &

      Karlsruhe so toll finden soll -

      Erschließt sich mir auch nicht so - öh Recht!;)

       

      FDJ-Winkelement & Ray Ban Knarzi

      In PersonalUnion - Na Mahlzeit!

      (Christlich geerdet vom Feinsten -

      Is ja auch mal schön!;()

  • Moment mal, was hat ein Kopftuch denn bitteschön mit Rassismus zu tun?

    Das ist doch völlig absurd! Das Kopftuch ist eindeutig Ausdruck einer Religion, bzw. Weltanschauung.

    Wer das Kopftuch/Religion/Weltanschauung einer Ethnie genuin zuordnet ist selbst ein Rassist, tut mir leid, Herr Bax.

     

    Dass es für ein Richteramt alleine auf die Qualifikation ankommt ist schlicht falsch!

    Engagieren sie sich zB. in der NPD oder lehnen die demokratische Grundordnung offen ab, können sie noch so qualifiziert sein, sie sind für ein Richteramt ungeeignet!

     

    Eine Richterin in Burka ist unvorstellbar. Eine Richterin mit Kopftuch sehe ich als äußerst problematisch und eigentlich untragbar an, weil einer der Grundpfeiler unserer demokratischen Gesellschaftsordnung die Gleichberechtigung und Gleichstellung der Geschlechter ist, und das Kopftuch Ausdruck der Ablehung derselben ist.

     

    Die Ethnie oder Religion einer Richterin dürfen keine Rolle spielen. Die Weltanschauung MUSS eine Rolle spielen!

    • 7G
      74450 (Profil gelöscht)
      @karlei:

      "Moment mal, was hat ein Kopftuch denn bitteschön mit Rassismus zu tun?"

       

      Sie scheinen neu in der Debatte zu sein. Daher kurz ein Link zu Wikipedia als Antwort:

       

      "Unabhängig von seiner Herkunft kann Rassismus jeden Menschen betreffen. Die Konvention der Vereinten Nationen unterscheidet nicht zwischen rassischer und ethnischer Diskriminierung. Ein erweiterter Rassismusbegriff kann auch eine Vielzahl anderer Kategorien miteinbeziehen. Menschen mit rassistischen Vorurteilen diskriminieren andere aufgrund solcher Zugehörigkeit, institutioneller Rassismus verweigert bestimmten Gruppen Vorteile und Leistungen oder privilegiert andere. Rassistische Theorien und Argumentationsmuster dienen der Rechtfertigung von Herrschaftsverhältnissen und der Mobilisierung von Menschen für politische Ziele."

      https://de.wikipedia.org/wiki/Rassismus

      • @74450 (Profil gelöscht):

        keine Sorge, ich habe mich damit schon ausführlich beschäftigt. Von Rasse zu sprechen macht auch insoweit keinen Sinn als es keine menschlichen Rassen gibt. Ist alles Homo Sapiens. Ethnie ist klar, Hautfarbe auch, sexuelle Orientierung... Bei Rassismus geht es darum Menschen aufgrund genuiner Eigenschaften abzuwerten. (u.U. geht es auch um Ablehnung, aber Abwertung ist korrekter)

        Das Kopftuch gehört definitiv nicht dazu. Es ist weder angeboren und noch nicht einmal für die Religion zwingend, sondern Ausdruck einer Sichtweise über die der Geschlechterverhältnisse.

         

        Ist das so nachvollziehbar für Sie?

        Überlegen Sie sich ansonsten doch mal, was dann alles Rassismus wäre, wenn sie den Begriff auf die Ablehnung von quasi allem ausweiten. Dann wäre auch die Ablehnung von AfD-Wählern und selbst Nazis Rassismus ;)

         

        Noch ein Beispiel: Werten sie Pädophile ab, ist das Rassismus. Denn der Pädophile kann nichts dafür. Mit "Ablehnung" ist es komplizierter, aber in dem Fall auch Rassismus. Lehnen sie jedoch ab, dass der Pädophile seiner Neigung nachgeht, ist das kein Rassismus, sondern unabdingbar.

         

        Bei Religion ist es schwierig. Religion ist im Grunde keine genuine Eigenschaft eines Menschen, sondern eine erworbene Weltanschauung. In die man faktisch jedoch meistens hineingeboren wird. Eine Weltanschauung bzw. Religion abzuwerten ist kein Rassismus, (sondern Ausdruck dessen, dass sie von einer eigenen Weltanschauung überzeugt sind, die dieser widerspricht.) Die Menschen, die diese haben abzuwerten jedoch schon. Auch wenn es zb. um Nazis geht. (Ein weit verbreiteter linker Rassismus ist in dem Sinne die Entmenschlichung von Nazis)

         

        Zum Kopftuch: Weder angeboren, genuin, noch nicht einmal zwingend für die Religion (die wie gesagt ein Streitfall ist), sondern Weltanschauung bzgl. der Geschlechterfrage. Da diese Weltanschauung dem Grundgesetz widerspricht darf sie bei Ausübung eines Richteramts nicht zur Schau gestellt werden. Gleiches gilt für andere hoheitliche Ämter.

        • @karlei:

          Nachtrag: Impliziert man, dass Muslime (der Begriff wird ja inzwischen schon fast im ethinschem Sinne verwendet) eine rückwärtsgewandte Weltanschauung haben, die auf Geschlechterungleichheit, um nicht zu sagen Geschlechterapartheit, ausgerichtet ist, hat das schon rassistische Züge.

          Das ist das Problematische an den Beiträgen von Herrn Bax, dass er nämlich den Eindruck erweckt, als wären Muslime genuin fundamentalistisch eingestellt. Jedenfalls kommt es bei mir oft so an.

          Es gibt aber auch progressive Muslime, die von den Aussagen des Grundgesetzes überzeugt sind, auch in Hinsicht auf die Gleichheit der Geschlechter. Mit solch einem hätte doch auch kaum jemand in Deutschland ein Problem als Richter/in oder Minister/in.

    • @karlei:

      Weltanschauung muss bestimmt NICHT eine Rolle spielen denn als Richter vertritt man das Gesetzt, was Du nebensachlich treibst ist Deine Sache.

      Übrigens, hier gehts um Kopftuch (Islam) und nicht Burka (Arabische Tradition die nichts mit dem Islam zu tun hat)

      • @Tino Trivino:

        So einfach ist das in Deutschland nicht, siehe hier, https://www.gesetze-im-internet.de/bbg_2009/__61.html

         

        Wenn die Weltanschauung so extrem von der staatlichen abweicht, dass es die Achtung und das Vertrauen in die Funktion des Beamten beschädigt, kann jene durchaus relevant werden.

         

        Siehe auch Art 33 Abs 4 GG zur besonderen Dienst- und Treuepflicht.

        • @nanymouso:

          Danke für den link!

          Und das gilt nur für den "einfachen" Beamten. An einen Richter werden noch einmal höhere Ansprüche gestellt.

  • Ja, tolle Idee Herr Bax. Ende der sechziger wurde der erste schwarze Bundesrichter nominiert und danach viele mehr. Seitdem hat sich der Rassismus bis auf ein paar "wenige" Ausnahme in den Staaten in Luft aufgelöst, nicht wahr. Die einzigen die etwas davon haben, ist das weiße gebildete linke Bildungsbürgertum. Das hat sein Gewissen beruhigt und man kann seinen Weg weitergehen.

    • 7G
      74450 (Profil gelöscht)
      @Turok:

      Ist das nun ein Argument gegegn schwarze Muslime als Richter*innen? :D

      • @74450 (Profil gelöscht):

        Nein.

  • Der wichtige Satz ist doch gleich am Anfang. "Seine Qualifikation gab den Ausschlag". DH alles dahinter ist sekundär, vielleicht sogar nur hineininterpretiert. Ging es wirklich um Zeichen?

    Immerhin, die Sekundäreigenschaft haben nicht verhindert, dass die Qualifikation entsprechend berücksichtigt wurde.

    • @fly:

      Ist denn nicht gerade die Tatsache, daß es "nur" um die Qualifikation ging ein gutes Zeichen? Wenn Herkunft, Religion und Geschlecht bei einer solchen Entscheidung keine Rolle spielen, kann ich das nur begrüßen.