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Brücke zwischen den Welten

Das Ibero-Amerikanische Institut feiert heute seinen 75. Geburtstag. Die neue Chefin will die internationalen Kontakte weiter ausbauen. Auch die Präsenz in der Öffentlichkeit soll stärker werden

VON FRIEDERIKE MEYER

Am Eingang in die Bibliothek des Ibero-Amerikanischen Instituts (IAI) grüßen gleich neun Herren. Rechts und links sind ihre Köpfe auf Sockeln hintereinander gereiht. In ihren Heimatländern kennt sie jeder. Der kubanische Nationaldichter José Martí und der kolumbianische Befreiungskämpfer Franciso de Paula Santander genießen den Status von Volkshelden. In Deutschland hingegen kennt jeder Christoph Kolumbus und Alexander von Humboldt.

Das Erbe dieser Persönlichkeiten zu bewahren ist nur eine Aufgabe des IAI. Hier forschen Wissenschaftler über Lateinamerika. Ebenso wichtig ist der Kulturaustausch. Die Bibliothek ist heute die drittgrößte Spezialbibliothek der Welt und in Europa ohne Konkurrenz. Heute feiert das IAI seinen 75. Geburtstag.

Am 12. Oktober 1930, einem Jahrestag der Entdeckung Amerikas durch Kolumbus, wurde das Institut eingeweiht. Der argentinische Gelehrte Ernesto Quesada hatte seine 85.000 Bände umfassende Bibliothek dem preußischen Staat geschenkt. Die Bedingung: Sie sollte als Keimzelle für ein Institut zur Pflege der Beziehungen zwischen Deutschland und Lateinamerika dienen. Das IAI zog im Schlossflügel des früheren Marstalls in Mitte ein.

Vier Jahre später übernahm der NSDAP-nahe Generalmajor Wilhelm Faupel die Leitung. Über die Zeit bis 1945 brauchte das IAI vor fünf Jahren eine Dokumentation heraus: Ein Versuch, seine NS-Geschichte aufzuarbeiten und seine Bedeutung für die Forschung neu definieren.

Die Jahre nach dem Krieg existierte die Einrichtung – seit 1941 im verschlafenen Lankwitz – ausschließlich als Ibero-Amerikanische Bibliothek. 1962 erhielt sie ihren ursprünglichen Namen zurück und wurde in die Stiftung Preußischer Kulturbesitz eingegliedert. Der damalige Direktor Hans-Joachim Bock unternahm berühmt gewordene Buchbeschaffungsreisen, bei denen er auch die Beziehungen zu den lateinamerikanischen Ländern enger knüpfte. Das IAI begann wissenschaftliche Zeitschriften zu veröffentlichen. Davon sind heute noch zwei übrig geblieben: Ibero-Americana und Indiana.

Eine weitere Zäsur in der Geschichte des IAI war 1977 der Umzug in das Gebäude der von Hans Scharoun erbaute Staatsbibliothek am Kulturforum. Nach dem Fall der Mauer rückte das Institut in eine zentrale Lage im vereinten Berlin.

1996 stand das IAI dann kurz vor dem Aus. Ein Gutachten des Bundesrechnungshofs wollte den Laden damals abwickeln und die Sammlungsbestände in die Staatsbibliothek eingliedern. Doch inzwischen gilt die Arbeit der 66 festangestellten Mitarbeiter als gesichert.

„Wir sind ein Hybrid“, sagt Peter Birle. Seit vier Jahren leitet der Politikwissenschaftler die Abteilung Forschung des Instituts. Zufrieden zieht er Bilanz. Rund 800.000 Bände umfasst die Bibliothek, zusätzlich fast 300 Gelehrtennachlässe. „Das Recherchesystem ist auf dem neuesten Stand, der Lesesaal modernisiert. Jährlich kommen etwa 17.000 Neuerwerbungen hinzu, seit 1999 verstärkt zu gegenwartsbezogenen Themen.“ Das bisher größte Kulturprojekt des Instituts sei die Koordination von über hundert Veranstaltungen anlässlich der 10-jährigen Städtepartnerschaft Buenos Aires–Berlin gewesen. Das Jubiläum wurde in beiden Städten parallel gefeiert.

Eine kleine Ausstellung zum 75. Geburtstag dokumentiert im Lesesaal der Institutsbibliothek das Selbstverständnis des IAI und seine Aktivitäten der letzten Jahre. Zum ersten Mal widmet sich das IAI damit seiner eigenen Geschichte. Die Ausstellung ist eine der ersten Aktivitäten der neuen Direktorin Barbara Göbel. Die Ethnologin will die bisherige Linie fortführen und vor allem zwei Bereiche verbessern: die Öffentlichkeitsarbeit und die internationale Vernetzung. Auch der gemeinsam mit der Staatsbibliothek in Friedrichshagen geplante Neubau des Magazins wird in ihre Amtszeit fallen. Dort sollen dann die weniger gefragten und alten Bestände in einem besser klimatisierten Zweckbau untergebracht werden. Ohne Publikumsverkehr und ohne schmückende Büsten von Christoph Kolumbus oder José Martí am Eingang.

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