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Von kalt und roh bis zu den Sternen

Vegane Küche Das Angebot wird immer bunter, von Edelrestaurants bis in die Supermärkte. Ein Sommerfest versammelt die Szene

Foto: Andreas Pein/laif

von Julia Johannsen

Der typische Veganer lebt in Berlin, ist Anfang 30, weiblich und gebildet. Er isst nicht nur vegan, sondern bewegt sich vegan durch alle Bereiche des Lebens. Der Veganismus ist zu einer Philosophie geworden, er ist ein Glaubensbekenntnis, ein politisches Statement, eine Liebeserklärung. „Ich will jetzt auch keine Lederschuhe mehr tragen“, sagt eine Berlinerin, die sich seit einem Jahr vegan ernährt.

In Deutschland ernähren sich rund 7,8 Millionen Menschen vegetarisch, davon 900.000 vegan. Täglich kommen etwa 2.000 Vegetarier und 200 Veganer hinzu, schätzt der Vegetarierbund Deutschland (Vebu). In keiner anderen deutschen Stadt leben so viele Veganer wie in Berlin, und in keiner ist das gastronomische Angebot für Veganer so groß. Im Jahr 2012 zählte der Vebu in Berlin 16 vegane Gastronomiebetriebe, heute sind es 43 – stetig kommen neue hinzu. Darüber hinaus gibt es unzählige vegane Cafés, einen veganen Biergarten, eine vegane Cocktailbar und vegane Dinnerclubs. Das vegane Sommerfest, das an diesem Wochenende zum neunten Mal am Alexanderplatz stattfindet, hat sich zum größten Veggie-Event Europas entwickelt. 55.000 Besucher kamen 2015, in diesem Jahr werden noch mehr Gäste erwartet. „Wir beobachten zunehmend die Akzeptanz der veganen Lebensweise in der Mitte der Gesellschaft“, sagt Vebu-Sprecherin Stephanie Stragies.

Vegane Empfehlungen

Edel:

Lucky Leek www.lucky-leek.de

Kopps www.kopps-berlin.de

Amaranth (im Essentis Biohotel) amaranthvegan.de

Neu:

rawtastic www.rawtastic.de/de/

Lunch Vegaz lunchvegaz.de

App:

Happy Cow www.happycow.net

Für die einen ist der Veganismus eine Liebeserklärung an das Leben, für andere auch eine geschäftliche Perspektive. Jan Bredack, einst Manager bei Mercedes Benz und in der DDR aufgewachsen, gründete 2011 die ersten Supermarktfiliale Veganz. Der 44-Jährige leitet mittlerweile sieben Filialen der veganen Supermarktkette, die in wenigen Jahren über die Grenzen Deutschlands hinaus gewachsen ist und ihren Umsatz von 1,6 Millionen auf 24 Millionen Euro steigern konnte. Die Preise im Veganz liegen höher als in anderen Biosupermärkten. Das vegane Sortiment wird generell immer breiter und zieht immer mehr Käufer an, auch wenn viele vegane Fertigprodukte ohne Bioqualität und mit vielen Zusatzstoffen daherkommen. Vegan ist nicht gleich Bio.

Genauso gefragt wie veganes Junkfood ist die vegane Sterneküche, deren Vorreiter der gebürtige Mecklenburger und vegane Koch Björn Moschinski ist. Gemeinsam mit Ilhami Terzi, der kein Veganer und auch kein Vegetarier ist, gründete er 2001 das Kopps. Das Edel-Vegan-Restaurant in Mitte, das Ilhami Terzi heute allein betreibt, legt Wert auf regionale Produkte in Bioqualität und hat sich in den letzten Jahren einen Namen in aller Welt gemacht. Rund die Hälfte der Gäste sind Touristen, zwei Drittel der Gäste keine Veganer. Ein Fünf-Gänge-Menü mit Weinempfehlung kostet im Kopps 74 Euro, ein Dessert für zwei Personen 23 Euro. Ähnlich sind die Preise im Lucky Leek in der Kollwitzstraße, das exzellente Bioweine zum Essen serviert. Ein Geheimtipp für veganes Essen ist das etwas außerhalb gelegene Amaranth Vegan Kitchen im Essentis Biohotel.

Veganes Sommerfest

Heute und morgen findet auf dem Alexanderplatz das größte vegane Sommerfest Europas statt. An rund 90 Ständen können Besucher sich dort über vegane Produkte informieren und sie kaufen. Initiativen sowie Natur- und Tierschutzorganisationen informieren über tierschutzrelevante Themen, gesunde Ernährung und veganen Lifestyle. Es gibt internationale Leckereien sowie vegane Bio- und Rohkost-Spezialitäten. Musik, Kochshows und ein Kinderprogramm ergänzen das Sommerfest. Nichtvega­ner sind ausdrücklich willkommen. Weitere Infos: www.veganes-sommerfest-berlin.de

Im Rohkost-Restaurant rawtastic, das letztes Jahr an der Danziger Straße eröffnet hat, werden nicht nur Smoothie-Schalen serviert, sondern auch außergewöhnliche Rohkostgerichte wie Rohkost-Pizza, Tex-Mex-Bowl oder Lasagne. „Rohkost ist ziemlich neu für Berlin“, sagt Gründer Simon Francis. „Die Leute denken, sie brauchen warmes Essen.“ Der Engländer, der die letzten 15 Jahre in Schweden gelebt hat, ist davon überzeugt, dass Rohkost die Zukunft ist und in Berlin auf organische Weise wachsen wird: „In anderen Städten der Welt kennt jeder Rohkost.“

Auf dem veganen Sommerfest präsentieren sich an diesem Wochenende viele interessante Aussteller: Das Start-up-Unternehmen Lunch Vegaz, das nichts mit dem Veganz zu tun hat, stellt sein Konzept vom ersten veganen Lieferservice vor. Die veganen Köche, Govinda Thaler und Robert Löchelt, beliefern Firmen mit hausgemachten bioveganen Gerichten aus aller Welt. Die Menüs kommen in einer nachhaltig gekühlten Verpackung ins Haus, oder sie können im Lunch Vegaz Automaten mit integriertem Ofen erworben werden. „Unsere Menüs sind so verpackt, dass ihr voller Nährwertgehalt erhalten bleibt“, sagt Thaler. Ihr erster Automat wird in einer Berliner Polizeidienststelle aufgestellt.

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