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Beim Kinderarzt mit Mario Czaja (CDU)Dahin gehen, wo die Kinder wohnen

Seit 2013 dürfen Berliner Ärzte den Ort ihrer Niederlassung nicht mehr frei wählen. Bezirke wie Spandau haben davon profitiert.

Ja, wen haben wir denn da? Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU) besucht eine Spandauer Kinderarztpraxis. Foto: dpa

Eine der Prüfungen meines Elterndaseins besteht in den Besuchen bei der Kinderärztin. Nach einer Stunde ist die Dose mit den Bestechungskeksen alle, eine halbe Stunde später beginnt das müde Kleinkind mit anderen müden, verrotzten Kleinkindern Zankereien um Legosteine anzuzetteln. Und bis ich das quengelnde Menschlein verschwitzt auf den Behandlungstisch hieve, vergeht eine weitere Stunde.

Was man in den Wartezimmern nicht merkt: Berlin gilt als überversorgt mit Ärzten, auch mit Kinderärzten. 311 Ärzte für rund 512.000 Kinder und Jugendliche, das macht laut Bedarfsplanung (pdf) der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales rund 100 Praxen zu viel.

Allerdings sind die nicht immer da, wo sie gebraucht werden. Berlin war lange ein einziger, großer kassenärztlicher Planungsbezirk. Und die Ärzte, dem freien Unternehmertum verpflichtet, eröffneten dort ihre Praxen, wo das Geld, sprich: die Privatpatienten sind. Und die sind eben eher in Wilmersdorf als in Spandau.

Dorthin, in das Wartezimmer einer Kinderarztpraxis, hat an diesem Dienstagmorgen Mario Czaja (CDU) zur Pressekonferenz geladen – Czaja, der Sozialsenator, aber eben auch Gesundheitssenator ist, was zu seinem Leidwesen in der Flüchtlingskrise bloß keinen interessierte. So hat der Gesundheits­senator Czaja vor drei Jahren die Zulassung von Kassenärzten neu geregelt – und durfte nun am Dienstag in der Spandauer Kinderarztpraxis verkünden: „Es war zwar keine Revolution, aber es ändert sich etwas zum Positiven.“

Umziehen? Nicht nach Wilmersdorf!

Denn seit 2013 dürfen Berliner Haus- und Kinderärzte, für deren Klientel – oftmals gehandicapt durch Alter und quengelnde Kleinkinder – die „wohnortnahe Grundversorgung“ so wichtig ist, mit ihren Praxen nicht mehr in wirtschaftlich attraktive und damit ohnehin bestens versorgte Bezirke umziehen. Seit 2014 gilt das für alle Fachärzte. Nur noch die Gegenrichtung ist erlaubt – das Ergebnis: 160 zusätzliche Praxen in den schwer vermittelbaren Bezirken Neukölln, Reinickendorf, Lichtenberg und Spandau.

Was wieder zurück ins Wartezimmer der Spandauer Kinderarztpraxis führt. Die hätte, Stichwort vermeintliche Überversorgung, eigentlich geschlossen werden sollen, wenn die beiden Ärztinnen dort demnächst in den Ruhestand gehen. Nun darf ein Nachfolger ihre etwa 1.000 Patienten übernehmen. Weil seine Behörde, wie Sozialsenator Czaja betont, auch unterhalb der Bezirks­ebene auf die „lebensweltlich orientierten Räume“, vulgo: Kieze, schaut – und zudem, anders als es die anderen Bundesländer tun, außer demographischen Prognosen auch soziale Indikatoren in der Bedarfsplanung berücksichtigt.

Dadurch habe man etwa auch mit Blick auf die Praxis der beiden Spandauer Kinderärztinnen sehen können: Viele Kinderärzte im reichen Kladow, kein einziger im benachbarten Hakenfelde. Die Praxis darf bleiben. Ich freue mich für alle Eltern in Hakenfelde – und hoffe, mit Blick auf den anstehenden Impftermin meines Sohns, weiter auf die ganz große Revolution.

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1 Kommentar

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  • Die Kehrseite der Medaille:

     

    Ärzte sind keine Einheitsmaschinen und schon gar nicht universell immer auf dem neuesten Stand. Dazu kommt, daß auch Ärzte mental mal so und mal ganz anders ticken, ganz genau so, wie es auch bei Patienten ist. Die freie Arztwahl kann sehr schnell dadurch ausgehebelt sein, daß man einfach keinen Arzt in machbarer Nähe findet, der auch den Qualitätsansprüchen genügt.

     

    Auch wenn etwas sinnvoll erscheint und gemacht werden sollte, dann wird der Zweck erst dann wirklich erfüllt, wenn man auch mal schon vorher über den Tellerrand schaut.