: Aufruf zum politischen Mord
USA Bei einer Wahlkampfrede deutet Donald Trump an, womöglich könnten nur Waffenträger im Falle eines Clinton-Wahlsiegs noch etwas bewirken
Aus Washington Frank Herrmann
Einmal mehr dreht sich alles um Donald Trump. In Wilmington, einer Kleinstadt in North Carolina, sprach Trump am Dienstag davon, dass eine Präsidentin Hillary Clinton das Second Amendment aushebeln würde, den zweiten Zusatzartikel zur Verfassung, der Privatbürgern das Recht auf Waffenbesitz garantiert. Clinton, orakelte er, würde den obersten Gerichtshof in Washington mit Juristen besetzen, die dieses Recht empfindlich einschränken würden. „Hillary will den zweiten Verfassungszusatz abschaffen. Falls sie es schafft, ihre Richter auszuwählen, könnt ihr nichts tun, Leute. Obwohl . . . die Verfechter des Zweiten Verfassungszusatzes, vielleicht gibt es da etwas . . . ich weiß nicht.“
Das war womöglich wieder einmal als Scherz gemeint. Aber es ließ sich gar nicht anders deuten als ein indirekter Aufruf an Waffenbesitzer, „Verfechter des Zweiten Verfassungszusatzes“ eben, im Fall eines Clinton-Sieges zur Gewalt zu greifen. Chiffriert, aber für seine Anhänger ziemlich eindeutig.
Bereits im Sommer vor sieben Jahren, als sich die Tea-Party-Bewegung eine Revolte gegen das Establishment auf die Fahnen schrieb, hatten die Aggressivsten unter den rechten Rebellen von einem Autokraten namens Barack Obama gefaselt und sich auf das Second Amendment berufen, um den „Diktator“ notfalls aus dem Weißen Haus zu vertreiben. Besagter Verfassungsartikel besteht aus einem einzigen Satz: „Da eine wohlorganisierte Miliz für die Sicherheit eines freien Staates notwendig ist, darf das Recht des Volkes, Waffen zu besitzen und zu tragen, nicht beeinträchtigt werden.“
Elizabeth Warren, Senatorin
Daran habe Trump angeknüpft, darüber könne es keinen Zweifel geben, sagt Chris Murphy, Senator aus Connecticut, der zu den eifrigsten Fürsprechern strengerer Waffengesetze zählt. „Nehmt dies nicht als politischen Ausrutscher. Es handelt sich um eine Attentatsdrohung“, twitterte der Demokrat. Gabby Giffords, eine Abgeordnete, der ein geistig verwirrter Schütze 2011 eine Kugel in den Kopf jagte und die Jahre brauchte, um wieder sprechen zu lernen, spricht von potenziell verhängnisvollen Folgen. „Seine Worte könnten wie ein Magnet wirken für jene, die Ruhm im Infamen suchen.“ Die linke Senatorin Elizabeth Warren sieht einen Macho auf der Verliererstraße. Trump, polemisiert sie, stoße Morddrohungen aus, „weil er ein erbärmlicher Feigling ist, der nicht damit umgehen kann, dass er gegen ein Mädchen verliert“.
Trumps Wahlkampfteam bemühte sich zu erklären, Trump habe selbstverständlich nur die Anhänger des Zweiten Verfassungszusatzes zur Einheit aufrufen wollen. Alles andere sei bösartige Medieninterpretation.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen