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„Das ist abwegig“

DIFFERENZ Antijüdisches Lehrmaterial bedeutet keine antijüdische Lehre, sagt die HAWK-Präsidentin

Foto: Uni Hildesheim
Christiane Dienel

51, ist seit 2011 Präsidentin der HAWK, war Staatssekretärin im SPD-geführten Sozialministerium Sachsen-Anhalt.

taz: Frau Dienel, dem Seminar zur sozialen Lage palästinensischer Jugendlicher wird vorgeworfen, antisemitische Inhalte zu vermitteln. Was macht Sie sicher, dass die Kritik falsch ist?

Christiane Dienel: Die HAWK ist eine Hochschule, an der Antisemitismus keinen Platz hat. Noch nie sind meines Wissens AbsolventInnen der Fakultät durch antisemitische Äußerungen oder Taten aufgefallen. Vielmehr hat sie das Kennenlernen der palästinensischen Positionen in all ihren Widersprüchlichkeiten im kritisierten Seminar zum selbstständigen Denken befähigt.

Die Expertise der Amadeu Antonio Stiftung tun Sie als Gefälligkeitsgutachten ab. Sollte man das nicht ernster nehmen?

Ich habe das Gutachten als das bezeichnet, was es ist: ein Auftragsgutachten. Den methodischen Ansatzpunkt des Gutachtens halte ich für verfehlt. Es untersucht die im Seminar verwendeten Materialien und stellt – zu Recht – fest, dass diese antiisraelischen und zum Teil auch antijüdischen Charakter haben. Das beweist aber nicht, dass das Seminar diese Inhalte vermittelt. Das ist ebenso abwegig, wie einem Seminar über Antisemitismus vorzuwerfen, dass dort antisemitische Texte gelesen werden. Die didaktische Konzeption des Seminars konnte in dem Gutachten gar nicht untersucht werden, weil dem Autor nur unvollständige Seminarunterlagen vorlagen und er die Teile des Seminars, die sich auf Soziale Arbeit beziehen, gar nicht kannte. Genauso wenig kannte er die Einbettung des kritisierten Seminars in das Modul und den Studienverlauf insgesamt, die aber so konzipiert ist, dass insgesamt ein abgewogenes Bild vermittelt wird.

Können Sie ausschließen, dass antisemitische Positionen vertreten werden?

Die inhaltliche Verantwortung für die Lehre liegt – so ist es gesetzlich vorgegeben – bei den Fakultäten und den Lehrenden selbst, nicht beim Präsidium. Insofern darf und will ich nicht zu Lehrinhalten Stellung nehmen, es sei denn, dass höherrangige Rechtsgüter offenbar verletzt werden. Dazu gibt es aber beim fraglichen Seminar im Gesamtkontext keine Anhaltspunkte.

INTERVIEW:hud

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