piwik no script img

„Das läuft gut und erfolgreich “

Sommerinterview (I) Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Anjes Tjarks über dreckige Luft, Hamburgs Weg zur Fahrradstadt und den Zustand der Koalition mit der SPD

Zuversichtlich: Anjes Tjarks (Grüne) Foto: Christian Charisius/dpa

INTERVIEWSven-Michael Veit

taz: Herr Tjarks, haben Sie sich Ihren Sommerurlaub verdient?

Anjes Tjarks: Ja. Es waren gerade in letzter Zeit sehr arbeitsintensive Wochen.

Aber das grüne Ziel, Hamburg zu einer fahrradfreundlichen Stadt zu machen, dürfte höchstens im Schneckentempo zu erreichen sein. Machen Sie zu wenig Druck?

Das geht sehr gut voran. In diesem Jahr verdoppeln wir die Zahl der neugebauten Radwegekilometer von 24 auf 48. Gute Wege sind eine wichtige Voraussetzung dafür, dass die Menschen vermehrt Rad fahren. Zudem habe wir alle notwendigen administrativen Maßnahmen vorgenommen: Die Radverkehrskoordinatorin hat ihre Arbeit aufgenommen, es gibt eine verlässliche Planung, welche Radwege und Velorouten wann gebaut werden, und das erforderliche Geld dafür wurde bereitgestellt.

Aber die Neuerfindung der Autostadt als Fahrradmetropole – das wird dauern.

Ja. In fünf Jahren wird man bereits sehr große Erfolge sehen können. Aber der Prozess an sich wird noch viele Jahre dauern, das stimmt.

Dauern wird es auch, bis die Luft in Hamburg wieder rein ist. Dabei besteht Handlungsdruck: Am Donnerstag hat das Verwaltungsgericht ein Zwangsgeld gegen die Stadt verhängt, weil der rot-grüne Senat einen wirksamen Luftreinhalteplan seit Jahren verweigert.

Moment: Ein Zwangsgeld von 5.000 Euro droht erst, wenn in einem Jahr kein neuer Luftreinhalteplan vorliegt. Die Behörden arbeiten daran mit Hochdruck. Das Gericht hat mit seinem Urteil anerkannt, dass man für sorgfältiges Arbeiten eine gewisse Zeit braucht. Ich bin sicher: Im kommenden Jahr haben wir einen Luftreinhalteplan mit vielen Verbesserungen für die Luft in Hamburg.

Sie wollen also weiterhin versuchen, um Maßnahmen wie Fahrverbote, Umweltzone und City-Maut herumzukommen?

Wir sind zwei Parteien mit unterschiedlichen verkehrspolitischen Ansätzen. Aber schon bei unseren Plänen zur Fahrradstadt sieht man, dass wir da gut zusammenarbeiten. Was uns eint, ist dasselbe Ziel: Hamburgs Luft soll besser werden.

Schlechte Luft verursachen auch die Schiffe im Hafen.

Ja, das Problem ist beträchtlich. Wir wollen ein Bonus-Malus-System einführen, das saubere Schiffe bei den Hafengebühren begünstigt und dadurch Anreize schafft, in ökologischere Antriebe und Kraftstoffe zu investieren.

Die Staatsreederei Hapag-Lloyd verliert zusehends an Wert, Hamburgs Anteile dementsprechend auch. Sind die 1,2 Milliarden Euro, welche die Stadt in die Reederei gesteckt hat, doch verloren?

Damit wurde das Ziel verfolgt, die Reederei, die Arbeitsplätze und das Ladevolumen in Hamburg zu halten. Das ist erreicht worden. Zugleich ist Hapag-Lloyd erfolgreich dabei zu wachsen, um im globalen Wettbewerb bestehen zu können. Deshalb sind die beiden Fusionen – mit CSAV aus Chile 2015 und aktuell mit UASC aus Dubai – sinnvoll und notwendig, um das dauerhafte Überleben der Reederei zu sichern.

Die Steuer-Milliarde gibt es aber nicht zurück, obwohl der Bürgermeister das versprochen hat. Hapag-Lloyd zahlt ja nicht mal Dividende.

Das muss natürlich das Ziel sein, aber wir brauchen dafür einen sehr langen Atem. Hapag-Lloyd verfügt durch die Fusion mit UASC jetzt auch über die kostengünstigen Groß-Containerschiffe, das senkt die Kosten und ist im Sinne des Standortes Hamburg.

Sie freuen sich also über Riesenfrachter, wie sie die nächste Elbvertiefung rechtfertigen sollen – welche die Grünen ja ablehnen?

Anjes Tjarks

35, Lehrer, drei Kinder, ist seit April 2015 Fraktionsvorsitzender der Grünen in der Hamburgischen Bürgerschaft.

In der Tat gibt es da einen Zielkonflikt. Aber die Frachter fahren auch ohne Vertiefung schon auf der Elbe.

Apropos: Wir warten vergebens auf Konflikte in der rot-grünen Koalition …

Die Stimmung in der Koalition ist in der Tat gut. Das liegt vor allem an der geschlossenen Teamleistung, nicht zuletzt in der Flüchtlingspolitik, zu der alle beitragen. Das läuft gut und erfolgreich.

Wird diese Koalition bis zum Ende der Legislaturperiode bestehen?

Ja.

Und etwa auch noch darüber hinaus?

Darüber können wir nach der nächsten Wahl 2020 reden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen